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Beiss nicht in die Sonne

Beiss nicht in die Sonne

Titel: Beiss nicht in die Sonne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanith Lee
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Sie lä­chel­te ge­ziert. „Ja, ja, das ist es. Man kann es leicht er­ken­nen. Se­hen Sie sich die­se drei­di­men­sio­na­len Re­pro­duk­ti­on an, die Ma­schi­ne Num­mer neun an­ge­fer­tigt hat.“
    „Was heißt das?“ frag­ten wir. Die In­schrift war un­deut­lich und ver­wischt und in ei­ner frem­den Spra­che, ob­wohl ein oder zwei Wor­te ein we­nig ver­traut er­schie­nen.
    „Ah“, mach­te der Glar. Er setz­te sich und er­teil­te uns ei­ne wei­te­re Lek­ti­on über die no­ma­di­sie­ren­den Völ­ker, be­vor er es uns sag­te. Die In­schrift lau­te­te:
    VER­SU­CHE NICHT IN DIE SON­NE ZU BEIS­SEN, REI­SEN­DER, DU WIRST DIR DEN MUND VER­BREN­NEN.
    Laut As­su­le war das ih­re Art aus­zu­drücken, daß man, wenn mög­lich, im Schat­ten blei­ben und einen Oos­ha tra­gen – ei­ne Art Son­nen­hut der Wüs­ten­be­woh­ner – und ge­nug Was­ser mit­neh­men soll­te. Mit an­de­ren Wor­ten, die Son­ne ist ein ge­fähr­li­cher Feind; ris­kie­re nichts, sonst hast du den Scha­den da­von.
    Aber ir­gend­wie lag in den Wor­ten noch ei­ne an­de­re Be­deu­tung für mich. Sie ver­folg­ten mich die gan­ze Nacht, so daß ich nicht schla­fen konn­te. Ich setz­te mich in den T-Turm, aber auch dort ver­folg­ten sie mich.
    Ver­su­che nicht in die Son­ne zu bei­ßen, ver­su­che nicht in die Son­ne zu bei­ßen – mein Mund brann­te.
6

    Am nächs­ten Mor­gen ging es As­su­le we­sent­lich bes­ser – oder schlech­ter, je nach­dem, wie man es be­trach­te­te. Sein Selbst­ver­trau­en war wie­der­her­ge­stellt. Er stol­zier­te über­all her­um wie ein Pfau und er­laub­te sich so­gar, ein ge­rin­ges In­ter­es­se an ei­ner der Frau­en zu zei­gen. Es war wirk­lich fes­selnd zu­zu­se­hen, wie sie ver­such­te, ihn in die ei­ne oder an­de­re Höh­le zu lo­cken, wäh­rend er le­dig­lich das Ver­lan­gen hat­te, ihr einen Vor­trag über die­sen furcht­bar al­ten Stamm zu hal­ten, des­sen Mit­glie­der sich ge­gen­sei­tig fra­ßen, wenn die Pon­ka- Her­den sich de­zi­mier­ten, mit großem Ze­re­mo­ni­ell na­tür­lich.
    „Jetzt, da der An­fang ge­macht ist“, ge­ruh­te er mir aus­ein­an­der­zu­le­gen, als wir bei der drit­ten Mahl­zeit sa­ßen, „wer­den wir al­le Ar­ten von Räu­men un­ter der Er­de fin­den, ganz zwei­fel­los. Waf­fen­räu­me, zum Bei­spiel.“
    Oh, es hät­te wirk­lich in­ter­essant sein kön­nen.
    Es hät­te.
    Ich mei­ne, ich dach­te an Rui­nen und Zi­ta­del­len, an Waf­fen und Dra­chen, an exo­ti­sche Rän­ke­schmie­de und so fort, aber bei As­su­le klang es schon bald, als wür­de er einen sei­ner Schwe­be­bö­den neu pro­gram­mie­ren.
    Die Ma­schi­nen bud­del­ten, gru­ben und lärm­ten wei­ter und fan­den nicht das ge­rings­te. Je­des­mal, wenn es einen Knall gab, rann­ten wir hin, um zu se­hen, was los war, aber es war im­mer nur ei­ne Ener­gie­la­dung ex­plo­diert oder so et­was.
    Ich be­kam all­mäh­lich Klaustro­pho­bie an die­sem Platz und wä­re gern in die Wüs­te ge­lau­fen und her­um­ge­tollt wie das Tier­chen, aber ich war auch ein biß­chen ago­ra­pho­bisch, al­so ließ ich es. Ich glaub­te wirk­lich, das Tier­chen wür­de fort­lau­fen und mich ver­las­sen, um in sei­ne ur­sprüng­li­che Um­ge­bung zu­rück­zu­keh­ren, aber es kam im­mer zu­rück. Ich ge­wöhn­te mich dar­an, es über Fels­hü­gel und -tä­ler strol­chen zu se­hen, über­sät von lo­sem Erd­reich, glück­lich kräch­zend und nie­send, um dann in mei­ne Ar­me zu stür­zen und Sand in al­le Rich­tun­gen zu wir­beln.
    Span­nung lag über al­lem. Es war nicht un­se­re dum­me, un­be­deu­ten­de Span­nung, son­dern die Span­nung von Sand und Him­mel und Ber­gen. As­su­le er­klär­te uns, daß es die Wüs­te war, die auf Re­gen war­te­te. Er fühl­te es näm­lich auch, nicht aber die Frau­en. Sie mach­ten be­stürz­te Ge­sich­ter und dach­ten: „O je, wir müs­sen nun ein­mal mit die­sen schreck­lich at­trak­ti­ven Män­nern aus­kom­men, und die wer­den halt hin und wie­der plem­plem.“
    Ein wei­te­res Flug­zeug mit Vor­rä­ten kam an, und ei­ne der Frau­en gab tat­säch­lich auf und be­schloß, da­mit nach Hau­se zu flie­gen. Kurz dar­auf nahm mich ei­ne der an­de­ren,

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