Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Beiss nicht in die Sonne

Beiss nicht in die Sonne

Titel: Beiss nicht in die Sonne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanith Lee
Vom Netzwerk:
die ty­pi­sche­re von bei­den, zwi­schen den Fel­sen bei­sei­te.
    „Wis­sen Sie, mei­ne Lie­be“, flö­te­te sie, „ich ver­ste­he wirk­lich nicht, was ein klei­nes Jang-Mäd­chen hier drau­ßen in der Wüs­te fest­hält.“
    „Oh, es ist we­gen As­su­le“, sag­te ich.
    „As­su­le?“ frag­te sie scho­ckiert.
    „Aber ja.“ Ich lä­chel­te. „Ich weiß, daß er oh­ne mich nicht zu­recht­kommt.“
    „Was!“ rief sie.
    „Oh, ich weiß, es klingt viel­leicht ba­nal“, sag­te ich süß und me­lan­cho­lisch, „aber wenn man ihn so lan­ge kennt wie ich …“
    „So lan­ge kennt wie …?“
    „Sei­ne Hö­hen und Tie­fen mit ihm durch­lebt hat …“
    „Hö­hen und Tie­fen …?“
    „Sei­ne Stüt­ze und sein Trost in har­ten Zei­ten ge­we­sen ist …“
    „Trost …?“
    „Dann er­kennt man, daß er einen braucht, wirk­lich braucht, für ein klei­nes Wort der Er­mun­te­rung, für ei­ne ge­le­gent­li­che Um­ar­mung“, schloß ich und be­ob­ach­te­te da­bei, wie sie ver­such­te, ih­re auf­stei­gen­de Hys­te­rie zu un­ter­drücken.
    „Er ist Ihr Er­zeu­ger“, be­schul­dig­te sie mich plötz­lich, als Er­klä­rungs­ver­such des­sen, was ich be­haup­tet hat­te.
    Ich sah sie be­lei­digt an.
    „Na­tür­lich nicht“, gif­te­te ich sie an.
    Ar­me Frau. Sie wur­de weiß um die Na­se, und ih­re Au­gen sprüh­ten Fun­ken, als ich da­v­on­schlen­der­te.
    Es war trotz­dem et­was ge­fähr­lich. Ich hat­te mit dem Ge­dan­ken ge­spielt, nach Hau­se zu fah­ren, und jetzt muß­te ich bis zum bit­te­ren En­de hier aus­har­ren. Hät­te Glar As­su­le nicht auch oh­ne sei­nen klei­nen Trös­ter und Auf­mun­te­rer hier glück­lich und voll Freu­de her­um­tol­len kön­nen?
    Die Wüs­te er­weck­te ein selt­sa­mes Ge­fühl in mir. Ich träum­te oft da­von, ei­ne Wüs­ten­frau zu sein, in Oos­ha und mit lan­gem, dunklem Schlei­er, durch die Wüs­te zu zie­hen, am bren­nend­hei­ßen Tag und in der dunklen Nacht, in der nur der Vul­kan leuch­te­te. Manch­mal hat­te ich auch ein Kind bei mir, blaß und ängst­lich.
    „Er­zeu­ger“, frag­te es stän­dig, „wo ist die nächs­te Was­ser stel­le?“ Und ich wuß­te, es wür­de durch mei­ne Schuld ster ben, wenn wir nicht recht­zei­tig ei­ne Was­ser­stel­le er­reich­ten – die ich doch we­der wuß­te, wo ich ei­ne fin­den konn­te, noch wie ich sie über­haupt er­ken­nen konn­te. Dann zer­floß der Traum, und wir la­gen bei­de flach aus­ge­streckt, die Ge­sich­ter in den Sand ge­drückt, über uns am Him­mel ein rie­si­ges oran­ge­far­be­nes Feu­er und ei­ne Stim­me, die un­abläs­sig dröhn­te: „Nicht in die Son­ne bei­ßen. Nicht in die Son­ne bei­ßen.“
    Und dann kam die In­va­si­on un­se­rer Aus­gra­bungs­stät­te.
    Oh, es wä­re wirk­lich zum La­chen ge­we­sen, wenn ei­ner von uns an die­sem Mor­gen auch nur einen Fet­zen Hu­mor üb­rig­be­hal­ten hät­te.
    Wir wa­ren bei un­se­rer ers­ten Mahl­zeit auf den Fel­sen, As­su­le, die bei­den Frau­en, die mich jetzt nach Mög­lich­keit mie­den, das Tier­chen und ich. Ich sah von mei­nem Tel­ler mit ge­bra­te­nem Wur­zel­brot auf und er­blick­te, ho­ho, die­ses gelb­brau­ne, pel­zi­ge Ge­sicht, das mich von ei­nem Fels­block her an­starr­te. Das Tier­chen bell­te. Ja, es war wie­der eins von die­sen lang­oh­ri­gen, ziel­stre­bi­gen We­sen mit den Ski­fü­ßen. Es spiel­te mit den Oh­ren, zerr­te an sei­ner An­ten­ne und mach­te so et­was wie „Fpmp“ durch die Na­se.
    „As­su­le, was ist das?“ woll­te ich ge­ra­de fra­gen, als sie über uns her­fie­len. Ich neh­me an, es war der Ge­ruch von ge­koch­tem Es­sen, der sie an­zog. Sie zo­gen viel­leicht schon seit vie­len Ein­hei­ten durch den Sand und folg­ten ih­ren Pelz­na­sen. Die Frau­en kreisch­ten, als große, über­lan­ge Fü­ße in das Wur­zel­brot tram­pel­ten und gelb­brau­ne Pfo­ten sich des Opal-Weins an­nah­men.
    „Sind sie ge­fähr­lich?“ ver­such­te ich As­su­le zu fra­gen, wäh­rend ich mich gleich­zei­tig be­müh­te, nicht in den Ho­nig ge­tram­pelt zu wer­den.
    „Kommt schon!“ rief As­su­le, und wir rann­ten los, zu­rück zum Sand­schiff, und lie­ßen un­se­re De­cken, un­se­re Mahl­zeit, die

Weitere Kostenlose Bücher