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Beiss nicht in die Sonne

Beiss nicht in die Sonne

Titel: Beiss nicht in die Sonne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanith Lee
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lär­men­den Re­pa­ra­tu­r­ar­bei­ten, die noch an­dau­er­ten, als ich weg­ge­lau­fen war. Nur Sand und noch mehr glit­zern­der Sand, schwar­ze Fels­klip­pen am Ho­ri­zont und na­hen­der Son­nen­un­ter­gang. Einen Au­gen­blick lang ver­spür­te ich ab­so­lu­te, eis­kal­te Pa­nik. Ich war ver­lo­ren. Der zwei­te Mo­ment die­ser ab­so­lu­ten, eis­kal­ten Pa­nik kam. Sau­er­stoff! Heu­te mor­gen hat­te ich wie ge­wöhn­lich mei­ne vier Ta­blet­ten ge­nom­men, die mich bis zum nächs­ten Mor­gen durch­brin­gen wür­den, aber dann, was dann? Ich be­kam re­gel­recht Zu­stän­de.
    Dann hat­te ich einen Ein­fall. Mich um­wen­den und mei­ne ei­ge­nen Fuß­spu­ren durch den Sand zu­rück­ver­fol­gen, das wür­de ich tun. Und das tat ich auch und wur­de schon fast über­mü­tig, als die Spu­ren in ei­ner fri­schen Ver­we­hung en­de­ten. Hier gibt es im­mer klei­ne­re Sand­stür­me, und die­ser hat­te sein Werk so gründ­lich ver­rich­tet, daß ich mich ver­lo­ren fühl­te. Ich klet­ter­te auf einen Fels­block und schau­te in je­de Rich­tung, konn­te aber nichts an­de­res als das Re­gen­bo­geng­lit­zern auf den sanf­ten, nicht von­ein­an­der zu un­ter­schei­den­den Dü­nen.
    Aber dann sah ich et­was, und die­ses Et­was be­weg­te sich. Oh nein, dach­te ich, die Ski­fü­ße sind hin­ter mir her. Ich frag­te mich, zu welch furcht­ba­rem, pel­zi­gen Tod sie mich ver­dam­men wür­den. Aber dann sah ich, daß die­ses Ding ein ein­zel­nes Ding und sehr viel klei­ner als ein Ski­fuß war, und es streb­te di­rekt auf mich zu durch die ge­sichts­lo­se Wüs­te. Das Tier­chen! Wun­der­bar! Es muß­te mir ge­folgt sein und selbst ei­ne Spur von sechs fri­schen Pfo­ten­ab­drücken hin­ter­las­sen ha­ben, de­nen wir nun zum Schiff zu­rück fol­gen wür­den. Ru­fend und kräch­zend lie­fen wir auf­ein­an­der zu. Das Tier­chen sprang in mei­ne Ar­me und küß­te mich lei­den­schaft­lich auf Oh­ren und Na­se.
    „Oh, Oo­ma“, japs­te ich, „klu­ges, de­ri­sann Oo­ma !“
    Ich hielt es fest an mich ge­drückt, pel­zig und trös­tend, und be­gann den Rück­weg auf sei­ner Spur.
    Und dann muß­te na­tür­lich die­ser Sand­sturm kom­men, nicht wahr?
    Ich hat­te sol­che Angst. Man konn­te nichts se­hen und nicht at­men. Ich zog mei­ne trans­pa­ren­te Tu­ni­ka aus und wi­ckel­te sie mir um den Kopf. Durch die Sti­cke­rei und den Sand konn­te ich so we­nigs­tens et­was se­hen und auch ein we­nig at­men, zu­sam­men mit den Sau­er­stoffta­blet­ten reich­te es aus. Ich ver­such­te, das Tier­chen zu schüt­zen, aber es ver­grub sich an mei­nem Hals und schi­en ganz in Ord­nung zu sein. Ich ver­mu­te­te, daß es frü­her schon Sand­stür­me er­lebt hat. Sein Pelz plus­ter­te sich auf, zum zu­sätz­li­chen Schutz. Es hat­te kei­nen Sinn wei­ter­zu­ge­hen, und au­ßer­dem ta­ten mir mei­ne blo­ßen Kör­per­tei­le scheuß­lich weh, so daß ich uns nur bis zum nächs­ten Fels­block schlepp­te und mich dort in den Sand kau­er­te und war­te­te.
    Ich wer­de den Klang die­ses Win­des nie ver­ges­sen.
    Ich glau­be, ich wer­de ihn mein gan­zes Le­ben lang hö­ren.
    End­lich wur­de die Sicht wie­der kla­rer, und ich grub uns aus, dann sa­hen wir uns um. Wenn ich vor­her schon ver­lo­ren ge­we­sen war, war ich es jetzt erst recht. Ich zog mei­ne Tu­ni­ka wie­der an und be­gann ei­ne ziel­lo­se Wan­de­rung. Ab und zu sag­te ich er­stickt zu dem Tier­chen: „Es hat so­wie­so kei­nen Zweck, was soll’s al­so?“ und ließ mich fal­len. Dann wur­de ich wü­tend auf mich und sag­te: „Wenn ich hier sit­zen­blei­be, fin­de ich es nie, aber viel­leicht fin­de ich es, wenn ich wei­ter­ge­he.“ Und so wei­ter bis zum nächs­ten Aus­ruf und dem nächs­ten Hin­set­zen.
    Es war sehr dun­kel und sehr still. Die Ster­ne schie­nen nicht. Und wie­der spür­te ich die­ses an­ge­spann­te War­ten. Das Tier­chen hob im­mer wie­der den Kopf und schnüf­fel­te.
    Dann be­gann das Ge­pol­ter, ganz nah und ir­gend­wie gleich­zei­tig auch fern. Ich frag­te mich leicht hys­te­risch, ob es hier wohl noch Dra­chen gä­be oder ob die Ski­fü­ße sich nachts als an­de­re, mög­li­cher­wei­se schreck­li­che We­sen

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