Beiss nicht in die Sonne
lärmenden Reparaturarbeiten, die noch andauerten, als ich weggelaufen war. Nur Sand und noch mehr glitzernder Sand, schwarze Felsklippen am Horizont und nahender Sonnenuntergang. Einen Augenblick lang verspürte ich absolute, eiskalte Panik. Ich war verloren. Der zweite Moment dieser absoluten, eiskalten Panik kam. Sauerstoff! Heute morgen hatte ich wie gewöhnlich meine vier Tabletten genommen, die mich bis zum nächsten Morgen durchbringen würden, aber dann, was dann? Ich bekam regelrecht Zustände.
Dann hatte ich einen Einfall. Mich umwenden und meine eigenen Fußspuren durch den Sand zurückverfolgen, das würde ich tun. Und das tat ich auch und wurde schon fast übermütig, als die Spuren in einer frischen Verwehung endeten. Hier gibt es immer kleinere Sandstürme, und dieser hatte sein Werk so gründlich verrichtet, daß ich mich verloren fühlte. Ich kletterte auf einen Felsblock und schaute in jede Richtung, konnte aber nichts anderes als das Regenbogenglitzern auf den sanften, nicht voneinander zu unterscheidenden Dünen.
Aber dann sah ich etwas, und dieses Etwas bewegte sich. Oh nein, dachte ich, die Skifüße sind hinter mir her. Ich fragte mich, zu welch furchtbarem, pelzigen Tod sie mich verdammen würden. Aber dann sah ich, daß dieses Ding ein einzelnes Ding und sehr viel kleiner als ein Skifuß war, und es strebte direkt auf mich zu durch die gesichtslose Wüste. Das Tierchen! Wunderbar! Es mußte mir gefolgt sein und selbst eine Spur von sechs frischen Pfotenabdrücken hinterlassen haben, denen wir nun zum Schiff zurück folgen würden. Rufend und krächzend liefen wir aufeinander zu. Das Tierchen sprang in meine Arme und küßte mich leidenschaftlich auf Ohren und Nase.
„Oh, Ooma“, japste ich, „kluges, derisann Ooma !“
Ich hielt es fest an mich gedrückt, pelzig und tröstend, und begann den Rückweg auf seiner Spur.
Und dann mußte natürlich dieser Sandsturm kommen, nicht wahr?
Ich hatte solche Angst. Man konnte nichts sehen und nicht atmen. Ich zog meine transparente Tunika aus und wickelte sie mir um den Kopf. Durch die Stickerei und den Sand konnte ich so wenigstens etwas sehen und auch ein wenig atmen, zusammen mit den Sauerstofftabletten reichte es aus. Ich versuchte, das Tierchen zu schützen, aber es vergrub sich an meinem Hals und schien ganz in Ordnung zu sein. Ich vermutete, daß es früher schon Sandstürme erlebt hat. Sein Pelz plusterte sich auf, zum zusätzlichen Schutz. Es hatte keinen Sinn weiterzugehen, und außerdem taten mir meine bloßen Körperteile scheußlich weh, so daß ich uns nur bis zum nächsten Felsblock schleppte und mich dort in den Sand kauerte und wartete.
Ich werde den Klang dieses Windes nie vergessen.
Ich glaube, ich werde ihn mein ganzes Leben lang hören.
Endlich wurde die Sicht wieder klarer, und ich grub uns aus, dann sahen wir uns um. Wenn ich vorher schon verloren gewesen war, war ich es jetzt erst recht. Ich zog meine Tunika wieder an und begann eine ziellose Wanderung. Ab und zu sagte ich erstickt zu dem Tierchen: „Es hat sowieso keinen Zweck, was soll’s also?“ und ließ mich fallen. Dann wurde ich wütend auf mich und sagte: „Wenn ich hier sitzenbleibe, finde ich es nie, aber vielleicht finde ich es, wenn ich weitergehe.“ Und so weiter bis zum nächsten Ausruf und dem nächsten Hinsetzen.
Es war sehr dunkel und sehr still. Die Sterne schienen nicht. Und wieder spürte ich dieses angespannte Warten. Das Tierchen hob immer wieder den Kopf und schnüffelte.
Dann begann das Gepolter, ganz nah und irgendwie gleichzeitig auch fern. Ich fragte mich leicht hysterisch, ob es hier wohl noch Drachen gäbe oder ob die Skifüße sich nachts als andere, möglicherweise schreckliche Wesen
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