Bel Ami
Wochen länger als geplant. Ich betrat meinen Club gebräunter und reicher, als ich ihn verlassen hatte. Allerdings weniger erholt als erhofft. Meine Mädchen, Nico, ein paar Stammgäste und Rosi umarmten mich stürmisch, reichten mir Gläser und ein Tablett mit Horsd‘ œ uvre. Rote Rosen standen auf dem Klavier und weckten die bittere Erinnerung an Michael und Alicia. Ich hatte das Gefühl, in einer Dauerendlosschleife zurück zu sein. Und da entdeckte ich ihn auch schon: Michael, den ich seit fast einem Jahr nicht mehr gesehen hatte. Er grinste über beide Ohren und umarmte mich. Irgendetwas schien ich verpasst zu haben! Rosi sah blendend aus, wenn auch fülliger, als ich sie in Erinnerung hatte. Oh Scheiße, ich hatte ihren Geburtstag vergessen. Deshalb die Rosen. 30 – wenn ich sie zählen würde. Sie musste es wohl bemerkt haben, denn ich sah einen Anflug von Enttäuschung über ihr Gesicht huschen.
»Du denkst, ich hab dich vergessen, oder?«
Ich zog eine kleine Schatulle aus meiner Tasche und schenkte ihr den hübschen kleinen Ring, den ich in Monaco gekauft hatte. Von meinen Reisen brachte ich für die Mädchen immer etwas mit. Rosi wusste das, bedankte sich aber trotzdem und schenkte mir einen dicken Kuss.
»Und du«, fragte ich, »hast dich ja auch ewig nicht mehr sehen lassen! Geht’s gut?«
Michaels Hand strich über Coras Hüfte, und nicht sehr unauffällig.
»Tja, hatte halt Lust, euch alle mal wiederzusehen. Und dann hab ich gehört, dass Rosi Geburtstag hat – und dachte: Das passt!«
»Und wie geht’s Alicia?«
»Schläft, kotzt und schläft wieder ein!«
Michael schien mein verständnisloser Gesichtsausdruck sehr zu erheitern. Er lachte laut auf, und nachdem er sich beruhigt hatte, klärte er mich auf:
»Sie ist schwanger! 13. oder 14. Woche. Zu spät auf jeden Fall, um noch abzubrechen. Weißt doch, wie Frauen sind: Erst wollen sie, dann wieder nicht. Und ständig das Gejammer um die Figur.«
Michael kroch dichter an mich heran und flüsterte mir ins Ohr: »Wenn du ’ne Frau halten willst, mach ihr ’n Kind!«
Er klopfte mit der einen Hand mir auf die Schulter und mit der anderen Cora auf den Hintern.
»Ein bisschen Spaß braucht der Mann, oder?«
Ich erinnerte mich deutlich an den verliebten jungen Kerl, der vor gar nicht langer Zeit meiner Alicia so vehement den Hof gemacht hatte. Der Typ, der hier vor mir stand, sah genauso aus, hieß auch so, schien ansonsten mit ihm aber keine Ähnlichkeit mehr zu haben.
Natalie verschwand aufs Klo und erinnerte mich daran, dass ich mir auch schon lange nichts mehr gegönnt hatte.
»Nun erzähl doch mal, wie war’s denn?«
»Wartet mal kurz. Ich komm gleich wieder!«
Von der Damentoilette hörte ich unterdrücktes Schluchzen. Natalie war Michaels Verhalten also auch nicht entgangen. Es war ja wirklich rührend, dass sie so für ihre Freundin mitfühlte, aber sie war dabei gewesen, als ich Alicia gewarnt hatte, und sie selbst hatte sie auch nicht davon abhalten können, bei Michael einzuziehen. Egal, ob sie ihre eigene Unfähigkeit oder die Treulosigkeit der Männer im Allgemeinen beweinte – ich hatte nur wenig Mitleid. Wer sich wie eine Frau verhielt, musste auch wie eine Frau leiden können. Die erste Line seit drei Wochen. Das Weinen wurde leiser und das Licht heller. Ich war wieder da!
IV. Prag
Grenzerfahrung
»Brauchen Sie das noch?«
Der Mann vom Hausmeisterservice hielt mir einen staubigen Karton entgegen.
»Weil da Papiere drin sind und so!«
Er klang verunsichert, schließlich hatte ich seine Firma ausdrücklich beauftragt, meinen Keller zu entrümpeln, ohne mich damit zu belästigen. Ich bin nicht sonderlich sentimental, aber als ich ein paar Fotos aus meiner Seefahrerzeit in dem Karton entdeckte, wurde ich es doch.
»Danke, stellen Sie ihn einfach dahin!«
Der Mann freute sich darüber, dass er anscheinend das Richtige getan hatte, und verschwand wieder im Keller. Im Nachhinein ist mir klar geworden, dass mein Leben völlig anders verlaufen wäre, wenn er einfach seinen Anweisungen gefolgt wäre und den Karton ungefragt entsorgt hätte.
»Was hast du denn da?« Katja war unbemerkt hinter mich getreten. Sie war noch im Bademantel und sah müde aus. »Hey, bist du das?«
Und schon hockte sie vor meinem Karton und zog eine alte Schwarz-Weiß-Aufnahme heraus. Was ich an Frauen wirklich nicht mag, ist ihre Neugier. Ich nahm ihr das Foto weg und legte es zurück.
»Willst du dir nicht erst einmal was anziehen? Wir sind
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