Belgarath der Zauberer
sagte Algar. »Torak mag sie hierhergestellt haben, um uns zu täuschen. Sie könnte leer sein. Vielleicht wird der Orb an einem anderen Ort aufbewahrt.«
Ich wußte, wer die Schatulle öffnen und den Orb herausnehmen sollte. Der Zweck hatte uns an diesen Ort geführt und diese Information in meinen Kopf gepflanzt ehe wir hierherkamen; aber ich wußte auch, es würde freiwillig geschehen müssen. Allerdings müßte der Anstoß dazu unauffällig von mir kommen.
»Der Orb kennt Euch, Belgarath«, sagte Cherek. »Ihr solltet es tun.«
Ich schüttelte den Kopf. »Es ist nicht meine Aufgabe. Es gibt andere Dinge, die ich zu tun habe, und wer immer den Orb nimmt wird den Rest seines Lebens damit zubringen, ihn zu bewachen. Einer von euch wird es tun müssen.«
»Ihr sollt entscheiden, wer es sein soll«, sagte Cherek.
»Das ist mir nicht erlaubt.«
»Es ist doch ganz einfach, Belgarath«, meinte Dras. »Wir werden nacheinander versuchen, die Schatulle zu öffnen. Wer von uns nicht stirbt ist der richtige Mann dafür.«
»Nein«, sagte ich. »Uns allen sind bestimmte Dinge vorbestimmt. Hier in Cthol Mishrak zu sterben gehört nicht dazu.« Ich blickte mit zusammengekniffenen Augen auf die Schatulle. »Meine Herren, ich möchte, daß ihr die Sache ganz ehrlich betrachtet Der Orb ist das Mächtigste, was es auf der Welt gibt. Wer auch immer von euch ihn nimmt wird in der Lage sein, alles zu tun. Aber der Orb will nicht daß ihr euch dieser Macht bedient. Er hat seinen eigenen Plan. Und wenn irgend jemand ihn dazu verwenden will, etwas anderes zu tun, wird der Orb nicht glücklich darüber sein. Erforscht eure Herzen, meine Herren. Ich brauche jemanden, der keinen Ehrgeiz hat. Ich brauche jemanden, der willens ist den Orb sein Leben lang zu bewachen, ohne ihn jemals zu benutzen. Wenn euch der Gedanke gefällt unbegrenzte Macht in der Hand zu halten, kommt ihr für diese Aufgabe nicht in Frage.«
»Ich könnte meinen Ehrgeiz wohl unter Kontrolle halten«, sagte Dras, »aber ich finde, es sollte jemand sein, dessen Verstand schneller arbeitet als der meine. Ich kann zwar gut kämpfen, aber vom Denken tut mir der Kopfweh.« Das war ein geradezu brutal ehrliches Geständnis, und meine Achtung vor Dras stieg beachtlich.
Riva und Algar schauten sich an. Dann zuckte Riva mit den Schultern und lächelte sein jungenhaftes Lächeln. »Also gut«, sagte er. »Ich habe ohnehin nichts anderes zu tun.« Er griff nach der Schatulle, öffnete sie und nahm den Orb heraus.
»Ja!« jubelte die Stimme in meinem Kopf.
»Nun denn«, sagte Algar beiläufig, »nachdem wir das geregelt haben, sollten wir gehen.«
So hat es sich in Toraks Turm wirklich abgespielt All die großen Worte über ›böse Absicht‹ im Buch der Alomer waren von jemandem erdacht worden, der sich von seiner Phantasie hinreißen ließ. Ich sollte ihm deshalb allerdings nicht böse sein, denn so was passiert mir ständig selbst. Die schlichten Fakten, die einer Geschichte zugrunde liegen, reißen mich stets zu prosaischen Formulierungen hin.
»Steck ihn irgendwo in deine Kleidung«, sagte ich zu Riva »Es ist jetzt ein bißchen aufgeregt, und dieses Glühen ist recht auffällig.«
»Werde ich nicht auch glühen?« fragte Riva unsicher. »So wie die Schatulle glüht meine ich.«
»Finde es heraus«, schlug ich vor.
»Tut es weh, wenn man glüht?« fragte er.
»Ich glaube nicht Mach dir keine Sorgen, Riva. Der Orb hat dich gern. Er wird dir nicht weh tun.«
»Belgarath, er ist ein Stein! Wie kann er irgend etwas gern haben?«
»Er ist kein gewöhnlicher Stein. Steck ihn einfach weg, Riva, und dann sollten wir von hier verschwinden.«
Er schluckte schwer und steckte den Orb in sein Fellhemd. Dann hielt er eine der riesigen Hände ausgestreckt und besah sie sich. »Noch glüht nichts«, stellte er fest.
»Siehst du? Du mußt lernen, mir zu vertrauen, Junge. Du und ich haben einen langen Weg vor uns, und es wird schwierig, wenn du mir an jeder Biegung dumme Fragen stellst.«
»Dumm?« entgegnete er. »Wenn man überlegt was er Torak angetan hat halte ich meine Fragen nicht für dumm.«
»Vielleicht habe ich mich ungeschickt ausgedrückt Laßt uns gehen.«
Ich erschrak entsetzlich, als wir uns auf den Rückweg machten und Torak plötzlich im Schlaf aufschrie. Es war ein Geheul, das schwarze Verzweiflung erkennen ließ; irgendwo in seinem Schlaf wußte der Drachengott daß wir den Orb mitnahmen. Er konnte uns nicht aufhalten, doch sein Schrei ließ mich beinahe
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