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Belgarath der Zauberer

Belgarath der Zauberer

Titel: Belgarath der Zauberer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Eddings
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Angarakanische Namen sind für gewöhnlich so häßlich, daß mein Meister ihm einen Gefallen tat, als er ihn neu benannte. Ich empfand für den Jungen – er war nur etwa fünfzehn Jahre alt, als er zu uns kam – große Sympathie. Noch nie war ich einem Menschen begegnet, der so schicksalsergeben war. Er kam zum Turm, setzte sich auf den Boden und erwartete entweder Aufnahme oder den Tod. Beltira und Belkira gaben ihm selbstverständlich zu essen. Schließlich waren sie Hirten, und kein Hirte würde es zulassen, daß Mensch oder Tier an Hunger litt. Nach etwa einer Woche, als offensichtlich wurde, daß er den Turm unter keinen Umständen betreten würde, ging mein Meister zu ihm. Das habe ich Aldur noch nie tun sehen. Er sprach eine Weile zu dem Jungen, in einer eher abstoßend klingenden Sprache – Altangarakanisch, wie ich inzwischen herausgefunden hatte –, und übergab ihn Beltira und Belkira zur Ausbildung. Wenn jemand jemals behutsamer Behandlung bedurfte, so war es Belsambar.
    Die Zwillinge lehrten ihn nach und nach, in einer Sprache zu reden, die nicht aus Spuck- und Knurrlauten bestand, und wir erfuhren seine Geschichte. Zu dieser Zeit entwickelte ich meine Abneigung Torak gegenüber, obwohl das Schicksal des Jungen nicht gänzlich Toraks Schuld gewesen sein mochte. Ich lernte im Laufe der Zeit, daß die Ansichten einer Priesterschaft nicht unbedingt die Ansichten des Gottes wiedergeben, dem sie dient. In diesem Zweifelsfall muß ich wohl zugunsten Toraks entscheiden; die Praxis, Menschenopfer darzubringen, mochte den pervertierten Hirnen der Priesterschaft der Grolim entsprungen sein. Aber Torak tat nichts, um ihnen Einhalt zu gebieten, und das ist unverzeihlich.
    Ich will meine moralischen Betrachtungen kurz fassen. Belsambars Eltern – Vater und Mutter – waren geopfert worden, und von ihm hatte man verlangt, dem Opfer als Beweis seines Glaubens beizuwohnen. Allerdings blieb die erwünschte Wirkung aus. Grolims können manchmal sehr dumm sein. Wie dem auch sei, Belsambar wurde im zarten Alter von neun Jahren Atheist. Er lehnte nicht nur Torak und seine stinkenden Grolims ab, sondern alle Götter.
    So war es, als mein Meister ihn rief. In diesem besonderen Fall muß der Ruf etwas aufwendiger gewesen sein als das unbestimmte Verlangen, das mich ins Tal geführt hatte. Belsambar befand sich offensichtlich in einem Zustand religiöser Ekstase, als er zu uns kam. Er war natürlich Angarakaner, und die verhielten sich schon seit jeher ein wenig seltsam, wenn es um religiöse Angelegenheiten ging.
    Belmakor war der erste, der den Vorschlag machte, wir sollten uns eigene Türme bauen. Er war schließlich Melcener und somit besessen davon, Gebäude zu errichten. Ich gebe allerdings zu, daß es im Turm unseres Meisters allmählich etwas eng wurde.
    Die Konstruktion unserer Türme nahm mehrere Dekaden in Anspruch, soweit ich mich erinnere. Wir betrachteten dieses Unterfangen mehr als Zeitvertreib denn als Notwendigkeit. Selbstverständlich bedienten wir uns unserer besonderen Begabung, wenn ihr so wollt, doch Blöcke aus dem Stein zu schneiden ist eine umständliche Angelegenheit, selbst wenn man nicht zum Meißel greifen muß. Wir verarbeiteten beachtliche Mengen Fels, und das Baumaterial wurde im Laufe der Jahre immer knapper.
    Ich glaube, es war im Spätsommer eines Jahres, als ich mir sagte, daß es Zeit sei, meinen Turm fertigzustellen. Ich wollte diese Aufgabe, die mir ständig im Nacken saß, endlich vom Tisch haben. Außerdem hatte Belmakor seine Arbeiten an dem Bauwerk fast abgeschlossen, und ich war ja schließlich der erste Jünger. Meiner Meinung nach konnte ich es nicht zulassen, daß er mich hier überrundete. Manchmal folgt man schon den kindischsten Beweggründen, nicht wahr?
    Da meine Brüder und ich im Tal beinahe allen Fels abgetragen hatten, begab ich mich auf der Suche nach Baumaterial an den nördlichen Rand des Waldes. Ich streifte unter den Bäumen umher, auf der Suche nach einem Bachbett oder einer Felsnase, als ich plötzlich einen finsteren Blick spürte, der sich mir in den Rücken bohrte – ein unangenehmes Gefühl, das mich aus irgendeinem Grund stets irritiert. »Du kannst ruhig herauskommen«, sagte ich. »Ich weiß, daß du da bist.«
    »Mach keine Dummheiten«, knurrte eine finstere Stimme aus einem Dickicht ganz in meiner Nähe. »Sonst reiß’ ich dich in Stücke.«
    So etwas nenne ich einen wenig verheißungsvollen Anfang. »Sei kein Dummkopf«, erwiderte ich. »Ich werde

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