Belgarath der Zauberer
dir nichts tun.«
Meine Worte riefen das häßlichste Gelächter hervor, das mir je zu Ohren gekommen war. »Du?« meinte die Stimme verächtlich. »Du? Mir etwas tun?« Dann teilten sich die Büsche, und das gräßlichste Wesen, das ich je gesehen hatte, kam zum Vorschein. Es war grotesk verformt mit einem großen Buckel auf dem Rücken, verwachsenen Zwergenbeinen und langen, verdrehten Armen. Diese Kombination ermöglichte es ihm – vielleicht war es ihm sogar bequem –, sich wie ein Gorilla auf allen vieren fortzubewegen. Sein Gesicht war von abgrundtiefer Häßlichkeit, mit verfilztem Haar und Bart; es war unglaublich dreckig und teilweise mit einem schäbigen Fell bedeckt. »Gefällt dir, was du siehst?« wollte es wissen. »Du bist auch nicht gerade der Hübscheste.«
»Du hast mich erschreckt, das ist alles«, erwiderte ich und versuchte dabei, höflich zu bleiben.
»Hast du hier irgendwo einen alten Mann in einem klapprigen, baufälligen Karren gesehen?« wollte das Wesen wissen. »Er wollte sich hier mit mir treffen.«
Ich starrte den Häßlichen verdutzt an.
»Mach lieber deinen Mund zu«, riet das Wesen mir mit einem heiseren Knurren. »Sonst fängst du Fliegen.«
Plötzlich paßte alles zusammen. »Dieser alte Mann, den du suchst«, sagte ich, »hatte er eine humorvolle Art zu sprechen?«
»So ist es«, bestätigte der Zwerg. »Hast du ihn gesehen?«
»0 ja«, erwiderte ich mit breitem Grinsen. »Ich kenne ihn schon länger, als du dir vorstellen kannst Komm mit mir, mein häßlicher Freund. Ich bringe dich zu ihm.«
»Geh mit dem Wort ›Freund‹ nicht so leichtsinnig um«, knurrte er. »Ich habe keine Freunde, und mir gefallt das so.«
»Darüber kommst du in ein paar hundert Jahren hinweg«, erwiderte ich noch immer grinsend.
»Das hört sich an, als wärst du nicht ganz richtig im Kopf.«
»Auch daran wirst du dich gewöhnen. Komm. Ich stelle dich deinem Meister vor.«
»Ich habe keinen Meister.«
»Darauf würde ich nicht wetten.«
So lernten wir Din kennen. Meine Brüder dachten zunächst, ich brächte einen zahmen Affen nach Hause. Din belehrte sie rasch eines Besseren. Er besaß das loseste Mundwerk, das man sich nur vorstellen kann. Ich bin davon überzeugt daß er einen ganzen Tag – und noch einen halben dazu – fluchen könnte, ohne sich ein einziges Mal zu wiederholen. Sogar zu unserem Meister war er unfreundlich. Seine ersten Worte zu ihm lauteten: »Was hast du mit deinem dummen Wagen gemacht? Ich wollte den Spuren folgen, aber sie haben sich einfach aufgelöst.«
Aldur, der viel Geduld besaß, lächelte nur. Könnt ihr mir glauben, daß er dieses monströse Schandmaul wirklich gern hatte? »Hast du deshalb so lange gebraucht?« fragte er mit milder Stimme.
»Freilich habe ich deshalb so lange gebraucht!« explodierte Din. »Du hast mir keine Spuren hinterlassen, denen ich folgen konnte! Ich mußte mir zusammenreimen, wo du zu finden bist!« Din machte aus seinen Wutausbrüchen wahre Kunstwerke. Die kleinste Kleinigkeit brachte ihn in Rage. »Und?« fragte er. »Was geschieht jetzt?«
»Wir müssen uns um deine Erziehung kümmern.«
»Wozu braucht jemand wie ich eine Erziehung? Ich weiß schon, was ich wissen muß.«
Aldur blickte ihn lange an, und selbst Din hielt das nicht lange durch. Dann ließ der Meister seinen Blick über uns schweifen. Beltira und Belkira schienen sofort auszuscheiden. Ihnen fehlte das nötige Temperament, um mit unserem neuesten Rekruten umzugehen. Belzedar stand kurz vor einem Wutausbruch. Er mag auch seine Fehler gehabt haben, doch Respektlosigkeit unserem Meister gegenüber würde er nie tolerieren. Belmakor war zu anspruchsvoll. Din war schmutzig und roch wie eine offene Kloake. Belsambar kam aus offensichtlichen Gründen nicht in die nähere Auswahl. Ratet mal, wer übrigblieb.
Ich hob ergeben die Hand. »Bemüht Euch nicht, Meister«, sagte ich. »Ich kümmere mich darum.«
»Oh, Belgarath«, meinte Aldur, »wie großzügig von dir, dich freiwillig zu melden.«
Ich zog es vor, nichts zu erwidern.
»Äh, Belgarath?« meinte Belmakor zögernd.
»Was?«
»Könntest du ihn vielleicht waschen, ehe du ihn wieder hier hereinbringst?«
Trotz meines zur Schau getragenen Widerstrebens war ich mit dem Arrangement nicht ganz so unzufrieden, wie ich vorgab. Ich hatte immer noch die Absicht, meinen Turm fertigzustellen, und dieser kräftige Zwerg schien wie geschaffen dafür, Felsbrocken zu transportieren. Falls alles so laufen sollte, wie
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