Belgarath der Zauberer
sich mir näherte. Ich nutzte die Zeit, um meinen Zorn unter Kontrolle zu bekommen. Es hat wenig Sinn, sich von seinen Gefühlen hinreißen zu lassen, wenn eine Auseinandersetzung bevorsteht.
Dann trat er auf der gegenüberliegenden Seite der Lichtung, auf der ich ihn erwartete, aus dem Wald hervor.
»Was hat dich aufgehalten?« fragte ich ihn in einem lässigen Plauderton.
»Belgarath!« keuchte er.
»Du mußt ja schlafwandeln, Belzedar. Konntest du meine Gegenwart nicht fühlen? Ich habe gar nicht erst versucht, sie zu verbergen.«
»Den Göttern sei Dank, daß du hier bist«, sagte er mit gespielter Begeisterung. Er kam schnell auf die Beine; das muß man ihm lassen. »Hast du nicht gelauscht? Ich hab’ versucht, mit dir in Verbindung zu treten.«
»Ich war in Wolfsgestalt. Das mag meine Wahrnehmung beeinträchtigt haben. Was tust du hier?«
»Ich versuchte, dich einzuholen. Du und die Alorner, ihr setzt euch unnötigen Gefahren aus.«
»Ach?«
»Es gibt keinen Grund für dich, nach Mallorea zu gehen.
Ich habe den Orb bereits zurückgeholt. Diese Suche ist reine Zeitverschwendung.«
»Sehr beeindruckend. Zeig ihn mal.«
»Äh – ich hielt es für keine gute Idee, das Juwel bei mir zu tragen. Ich war mir nicht sicher, daß ich dich einholen würde, und ich wollte es nicht nach Mallorea zurückbringen. Deshalb ließ ich es an einem sicheren Ort.«
»Gute Idee. Wie ist es dir gelungen, Torak zu entkommen?« Solange er so viel Phantasie entwickelte, wollte ich ihm Gelegenheit geben, seine Geschichte weiterzuspinnen.
»Ich beschäftige mich seit zweitausend Jahren mit diesem Problem, Belgarath. Während dieser ganzen Zeit habe ich Urvon bearbeitet. Er ist noch immer ein Grolim, aber er fürchtet die Macht des Juwels. Er hat Torak abgelenkt. So konnte ich mich in den eisernen Turm stehlen und den Orb an mich nehmen.«
»Wo hat Torak ihn aufbewahrt?« Diese Information konnte mir später zugute kommen.
»In einem Raum, der an das Gemach angrenzt, in dem Torak sich ständig aufhält. Er wollte die eiserne Schatulle nicht in seinem Zimmer aufbewahren. Die Versuchung, sie zu öffnen, hätte zu groß für ihn sein können.«
»Nun«, sagte ich unverbindlich. »Damit ist die Sache wohl erledigt. Ich bin froh, dich getroffen zu haben, Bruder. Ich wollte ohnehin nicht gern nach Mallorea gehen. Ich werde Cherek und seine Söhne abfangen, während du den Orb holst. Dann können wir alle zurück ins Tal gehen.« Ich wartete einen Moment um ihm Gelegenheit zu geben, in seinem Sieg über mich zu schwelgen. »Ist es das, was du von einem trunkenen Lüstling erwartest?« fügte ich mit seinen eigenen Worten hinzu. Dann seufzte ich mit ehrlichem Bedauern. »Warum, Belzedar? Warum hast du unseren Meister verraten?«
Sein Kopf fuhr hoch, und Schuldbewußtsein stand ihm ins Gesicht geschrieben.
»Du solltest aufmerksamer sein, alter Junge«, riet ich ihm. »Ich beobachte und belausche dich schon seit mehr als zehn Stunden. War es wirklich nötig, Etchquaw zu verbrennen?« Ich gebe ja zu, daß ich ihn reizte, aber ich wollte nicht derjenige sein, der den ersten Schlag führte. Ich bohrte weiter. »Du bist Toraks dritter Jünger, nicht wahr, Zedar? Du hast die Seiten gewechselt Du hast diesem einäugigen Monster in Cthol Mishrak deine Seele verkauft. Was hat er dir dafür geboten, Zedar? Was gibt es auf dieser Welt, das dein Tun aufwiegt?«
An diesem Punkt angelangt, brach er tatsächlich zusammen. »Ich hatte keine Wahl, Belgarath«, schluchzte er. »Ich dachte, ich könnte Torak täuschen – ich wollte vorgeben, ihm zu dienen, ihn zu akzeptieren – aber er legte seine Hand auf meine Seele und riß sie mir heraus. Seine Berührung, Belgarath! Bei allen Göttern, seine Berührung!«
Ich machte mich bereit. Ich wußte, was nun kommen mußte. Zedar übertrieb immer. Das war seine große Schwäche.
Blitzartig warf er mir Feuer ins Gesicht.
Zwischen einem geheuchelten Schluchzen und dem nächsten peitschte sein Arm zurück, zuckte wieder vor und schleuderte mir einen weißglühenden Flammenball entgegen, den er in der Hand gehalten hatte.
Ich fegte ihn mit lässiger Geste zur Seite. »Das war nicht gut genug, Bruder«, sagte ich. Dann schlug ich ihm meine Faust ins Gesicht, daß er rückwärts durch den Schnee flog.
Das war taktisch gut durchdacht. Er hätte es ohnehin gespürt, wenn ich meinen Willen gesammelt hätte; außerdem brachte es mir tiefe Befriedigung, ihn auf den Mund zu schlagen.
Blut und Zähne
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