Belgarath der Zauberer
er das nicht besser? Vielleicht lag da das Problem. Vielleicht hatte seine Göttlichkeit ihn so selbstsicher werden lassen, daß er unvorsichtig geworden war.
»Ich habe versagt, Meister.« Zedars leise Stimme zitterte.
Torak nahm bei seinen dienstbaren Geistern Versagen nicht gnädig hin.
»Versagt?« Die Stimme des entstellten Gottes ließ nichts Gutes ahnen. »Das werde ich nicht hinnehmen, Zedar. Du darfst nicht versagen.«
»Unser Plan war nicht gut durchdacht, Meister. Belgarath ist mächtiger, als wir angenommen hatten.«
»Wie konnte das geschehen, Zedar? Er ist dein Bruder. Wie kann es sein, daß du nichts vom Ausmaß seiner Stärke weißt?«
»Er schien ein so törichter Mann zu sein, Meister. Er ist langsam von Begriff, und seine Beobachtungen sind oft ungenau. Obendrein ist er ein trunkener Lüstling von niederer Moral, der nichts ernst nimmt.«
Man hört selten etwas Gutes über sich selbst, wenn man Unterhaltungen belauscht. Ist euch das auch schon aufgefallen?
»Wie ist es ihm gelungen, deine Pläne zu vereiteln, mein Sohn?« Toraks Stimme klang kalt und anklagend.
»Er hat auf irgendeine Art die Techniken erlernt, mit der die Zauberer der Morindim die Dämonen beherrschen, die ihre Sklaven sind. Offen gesagt, Meister, übersteigen seine Fähigkeiten bei weitem die Fertigkeiten dieser Wilden.«
Natürlich konnte er nicht wissen, wie ich mir diese Magie angeeignet hatte. Er war in Mallorea, als ich nach Morindland ging, um dort Unterricht zu nehmen.
»Was hat er getan, Zedar?« wollte Torak wissen. »Ich muß das Ausmaß seiner Fähigkeiten kennen, ehe ich mich mit dem Unabänderlichen berate, das uns leitet.«
Es dauerte eine Weile, bis ich erkannte, was ich soeben gehört hatte. Das andere Unabänderliche – das Gegenstück zu dem, das sich in meinem Kopf niedergelassen hatte -stand nicht in direkter Verbindung mit Zedar. Torak stand zwischen ihnen! Er war zu eifersüchtig darauf bedacht, niemandem Zugriff zu diesem Geistwesen – oder wie immer man es nennen wollte – zu gewähren. Das war mein Vorteil! Ich würde sogleich erfahren, wenn ich einen Fehler machte; Zedar besaß diesen Vorteil nicht. Plötzlich wollte ich mit den Flügeln schlagen und wie ein Hahn krähen.
Ich hörte ganz genau zu, als Zedar meine Auseinandersetzung mit den Morindim und ihren Dämonen beschrieb. Er übertrieb ein bißchen. Zedar neigte schon immer zum Übertreiben, wenn er erzählte; diesmal aber hatte er einen sehr guten Grund dazu. Sein künftiges Wohlbefinden hing davon ab, daß er Torak davon überzeugen konnte, daß ich geradezu unbesiegbar war.
Nachdem Zedar meinen Dämonenfürsten beschrieben hatte – nicht ohne Ausschmückungen –, setzte eine lange Stille ein.
»Ich werde darüber nachdenken und das Unabänderliche zu Rate ziehen«, sagte Torak schließlich. »Verliere deinen Bruder nicht aus den Augen, während ich mir neue Möglichkeiten überlege, ihn aufzuhalten. Wir müssen ihn nicht vernichten. Der ZEITPUNKT des EREIGNISSES ist ebenso wichtig wie das EREIGNIS selbst.«
Was das bedeutete, war klar. Es gab keine weiteren Fallen auf unserem Weg. Sie hatten sich ganz auf die Morindim verlassen. Ich hätte gern hämisch gegrinst, aber mit einem gekrümmten Schnabel war das etwas schwierig. Es gab nun keinen Grund mehr, länger zu verweilen; ich hatte alles erfahren, was notwendig war, und beschloß, Zedar hier und jetzt den Garaus zu machen. Ich konnte über ihn fliegen, meine eigene Gestalt annehmen und mich wie ein einstürzendes Dach auf ihn fallen lassen.
»Noch nicht«, sagte die Stimme in mir. »Der Zeitpunkt ist noch nicht gekommen.«
»Wann denn?«
»Nur noch ein paar Minuten, in denen du deinen Plan überdenken kannst Du wirst feststellen, daß er einige Lücken aufweist.«
Ich überlegte einen Augenblick und erkannte, daß die Stimme recht hatte. Wenn ich mich auf Zedar fallen ließ, konnte ich ebenso wie er das Bewußtsein verlieren. Außerdem wollte ich zuerst noch mit ihm reden.
Ich fühlte, daß Toraks etwas nebelhafte Erscheinung nun fort war. Der entstellte Gott in Cthol Mishrak schien es eilig zu haben, dieses andere Bewußtsein zu konsultieren. Auf der Suche nach unseren Spuren machte Zedar sich auf den Weg durch die immergrünen Pflanzen.
Ich flog voraus und landete einige hundert Meter vor ihm im Schnee. Dann nahm ich meine eigene Gestalt an und wartete auf ihn, an einen Baum gelehnt.
Ich konnte das grünliche Licht sehen, das durch die Bäume schimmerte, als er
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