Bell ist der Nächste
gesetzt wird. Erinnerst du dich?«
Ich erinnerte mich. Nick hatte es mir erzählt, ich hatte es Elizabeth erzählt, und sie hatte es in ihre Akte aufgenommen. Jetzt gab sie mir die entsprechende Seite.
»Das war Montag«, sagte sie. »Am Dienstagabend war Scudder auf freiem Fuß. Die Anklage gegen ihn wurde fallen gelassen. Schau mal, was in der Zwischenzeit passiert war.«
Montagabend, 20. Juli: Senator John Casterbridge hat einen Autounfall. Er sagte, er habe etwas zu erledigen, seine Frau brauche Hilfe.
Wir nahmen an, dass er von seiner toten Frau sprach. Er sprach von Madelyn Turner, der Mutter seines Sohns.
Der Ort, wo ich hinmuss, liegt sehr weit ab vom Schuss, hatte er zu mir gesagt. Das stimmte. Madelyn lebte in Brimly in der Nähe von Sault Sainte Marie.
Er ist an jenem Abend nicht dort gewesen. Aber am nächsten Tag, als er wieder ganz bei Sinnen war, hat er gemerkt, dass er gar nicht hinzufahren brauchte, um Scudder freizubekommen. Er musste lediglich ein paar Anrufe machen und den Staatsanwalt um einen Gefallen zu bitten.
»Es ist keineswegs schlüssig«, sagte Elizabeth. »Es beweist nicht, dass John Casterbridge eine Affäre mit Madelyn Turner hatte oder dass er Matthew Kenneallys Vater ist.«
»Er ist es«, sagte ich. »Da bin ich mir ganz sicher.«
Sie betrachtete mich aufmerksam. »Warum?«
Ich hätte sie beinahe damit wegfahren lassen, denn der Anblick des Kleinbusses traf mich völlig unvorbereitet. Aber als sie vom Parkplatz wegfuhr, lief ich an das Fahrerfenster und klopfte gegen die Scheibe. Ich dachte, sie würde erschrocken reagieren. Meine Bewegungen kamen mir unkontrolliert vor. Meine Gedanken rasten. Aber sie ließ bloß das Fenster herunter und sah mich ruhig an.
»Wer hat dieses Auto gefahren?«
Auf ihrer Stirn bildeten sich tiefe Furchen. Sie antwortete nicht.
Ich versuchte es noch einmal. »Hat Alan Beckett den Wagen vorletzte Woche geliehen?« Beckett. So arbeitete mein Verstand in dem Moment. Das war der Trott, in den ich gefallen war.
»Nein«, sagte Amelia Copeland. »Der nicht.«
»Es war der Senator«, sagte ich zu Elizabeth. »Er hat ihren Kleinbus am zweiundzwanzigsten geliehen, zwei Tage nach dem Unfall. Sein eigener Wagen stand in der Werkstatt. Und Lucy Navarro ist in jener Nacht verschwunden.« Ich stand auf und stellte mich zu Elizabeth ans Geländer. »Der Senator hat sich vor siebzehn Jahren um Kenneally gekümmert. Hat einen Deal mit Harlan Spencer gemacht, und Spencer hat, wenn man so will, vergessen, wie der Fahrer des Fluchtwagens aussah. Und der Senator passt immer noch auf Kenneally auf. Er fand, dass Lucy zu viele Fragen über den Bankraub stellte, und er hat etwas dagegen unternommen.«
Elizabeth strich mit ihren Fingerspitzen über meine Stirn. »Ich nehme nicht an, dass du mir erzählen willst, dass der Senator am zweiundzwanzigsten zum Hotelparkplatz gefahren ist und Lucy in einen Kleinbus gezerrt hat.«
»Nein«, sagte ich. »Ich glaube nicht, dass er sie zerren musste.«
Am Samstagmorgen packten wir Sachen für einen Kurztrip zusammen, einen Koffer für uns beide. Wir verließen Ann Arbor um neun Uhr in meinem Wagen, Elizabeth hinter dem Lenkrad. Die Sonne brannte bereits auf den Asphalt herunter. Wir hofften, dass es kühler werden würde, wenn wir nach Norden kamen.
Nach zwei Stunden Fahrt tauschten wir die Plätze. Der Sender, den wir angehört hatten, wurde schwächer, und ich suchte nach einem anderen. Ich fand Bruce Springsteen, »Born to Run.« Als der Song zu Ende war, kam Werbung, und Elizabeth drehte den Ton leiser.
»Du weißt schon«, sagte sie, »dass sie sich wahrscheinlich weigern wird, mit uns zu sprechen.«
Sie meinte Madelyn Turner. Und ich wusste, dass sie recht hatte. Aber wenn wir feststellen und beweisen wollten, dass der Senator Matthew Kenneallys Vater war, dann mussten wir mit Madelyn reden.
Ich hätte versucht, mit dem Senator selbst zu sprechen, aber ich wusste nicht, wo ich ihn finden konnte. Sein Apartment im Bridgewell Building war leer. Das war der erste Ort gewesen, den ich nach meinem Gespräch mit Amelia Copeland aufgesucht hatte.
Der junge Mann hinter dem Empfangstresen wurde auf mich aufmerksam, sobald ich die Eingangshalle betrat.
»Guten Abend, Sir«, sagte er. »Sie können gleich nach oben gehen.« Er trug einen teureren Anzug als beim letzten Mal.
Ich blieb an seinem Tresen stehen. »Sie sollen doch sagen, dass der Senator nicht gestört werden möchte.«
»Die Dinge ändern
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