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Benson, Ann - Alejandro Canches 02 - Die brennende Gasse

Titel: Benson, Ann - Alejandro Canches 02 - Die brennende Gasse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ann Benson
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Euch irrt.«
    Plötzlich unterbrach der Klang der Glocke ihr Spiel. Marie legte sofort ihre Karten hin und eilte die enge Treppe hinauf. Nach ein paar Augenblicken kehrte sie mit erregter Miene zurück. » Monsieur le Provoste muß eine Nachricht überbringen lassen. Mich allein will er nicht schicken – aber er sagt, wenn wir zu zweit wären, würde uns nichts geschehen. Das heißt, wenn Ihr mich begleiten wollt. Es könnte bis zum Morgen warten, aber ich möchte gern ein bißchen Luft schnappen. Der Weg ist nicht weit.«
    Guillaume Karles besorgter Gesichtsausdruck, als sie das Haus verließ, stand Kate noch angenehm vor Augen, während sie und Marie ihrem Ziel entgegenschritten. Seine offensichtliche Sorge war ihr eine seltsame Genugtuung. Sie wäre gekränkt gewesen, wenn es ihm kein Unbehagen bereitet hätte, sie aus den Augen zu verlieren, für wie kurze Zeit auch immer.
    Der Franzose mit dem bernsteinfarbenen Haar hatte seit dem Austausch von – wie sollte man das nennen? Zärtlichkeiten? – an diesem Nachmittag ihre Gedanken fast ununterbrochen beschäftigt. Nein, Zärtlichkeit war ein zu starkes Wort. Verpflichtung? Seiner Sache ist er mehr verpflichtet, als er jemals mir oder irgend jemand anderem verpflichtet sein wird, dachte sie. Bewunderung, entschied sie, beschrieb am besten ihre Gefühle füreinander.
    Sie fragte sich, was Alejandro davon halten würde, daß sie Karle bewunderte – er hatte dem Franzosen schon genug Ehre angetan, indem er sie in seine Obhut gab; doch das war fast ein Akt der Verzweiflung und so nicht vorgesehen gewesen. Wenn er ihn besser kennenlernte, würde er ihn dann für tapfer, intelligent und geistreich halten – wie sie selbst? Nicht einmal Père konnte leugnen, daß es nur natürlich war, wenn sie sich an einen starken Mann band, der sich um sie kümmerte. Das entsprach nur der Vernunft.
    Aber wie lange würde es dauern, bis Leidenschaft die Oberhand über ihre Vernunft gewann?
    Diese Gedanken beschäftigten sie so, daß sie kaum etwas von dem hörte, was Marie unterwegs daherschwätzte. Es war zu dunkel, um die Wunder der Stadt in sich aufzunehmen, die jetzt durch die Anarchie beeinträchtigt, aber immer noch prachtvoll waren. Ehe Kate sich’s versah, befanden sie sich in einem mit Kopfstein gepflasterten Innenhof vor einem massiven hölzernen Tor.
    » Bonsoir « , sagte Marie zu dem Bediensteten, der auf ihr Klopfen öffnete. »Wir bringen eine Botschaft für Euren Herrn.« Sie reichte dem Mann ein kleines, gefaltetes Pergament. »Wir sollen eine Antwort mitnehmen, wenn das möglich ist.«
    »Bitte, wartet hier«, erteilte der Diener ihnen Bescheid.
    »Wollt Ihr uns nicht einlassen?« fragte Marie kühn.
    Der Mann schien etwas bestürzt über dieses Ansinnen und sah über seine Schulter ins Haus zurück. Sein Widerstreben stachelte Kates Neugier an, und sie versuchte, unbemerkt an ihm vorbeizuspähen, während er noch mit Marie zu tun hatte. Doch sie konnte wenig sehen, denn der größte Teil des Hauses lag im Dunkeln.
    Selbst die Reichen verschwenden heutzutage keine Kerzen mehr, dachte sie. Hinter dem Diener lag eine große Empfangshalle, von der mehrere andere Räume oder Flure ausgingen. Die meisten waren finster und leer, nur einer schwach erleuchtet. Der Salon, entschied sie nach einem kurzen Blick auf die Möbel. Zwei Wachen standen reglos davor. Sie starrten vor sich hin und ignorierten die neugierigen Besucherinnen.
    Kate hörte keinen Laut aus dem helleren Raum, kein Gespräch, keine Bewegung, und sie dachte, darin lese oder studiere vielleicht jemand. Sie fühlte sich von dem weichen Licht angezogen wie eine Motte und bemühte sich, hinter dem Rücken des Dieners einen weiteren Blick zu erhaschen. Marie bot gegenüber dem Mann, der ihnen den Weg versperrte, alle Überredungskünste auf, sie über die Schwelle zu lassen – ohne viel Erfolg. Wenn er sie nicht einließ, so lag es jedenfalls nicht daran, daß sie es nicht versucht hatte.
    »Ihr solltet doch besser hier warten«, sagte der Diener schließlich. »Ich habe genug von Euch gehört.« Dabei lächelte er eigenartig, schloß das Tor und verschwand mit der Nachricht.
    Während sie die soliden Holzplanken betrachtete, die jetzt ihr Blickfeld füllten, bedachte Kate die Ironie ihrer Lage. Ich bin eine Königstochter, der ein Diener gerade die Tür vor der Nase zugeschlagen hat.
    Sie hatte nicht lange Zeit, über diese Absurdität nachzudenken, denn bald darauf tat sich das Haus wieder auf. Als sie

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