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Beobachter

Beobachter

Titel: Beobachter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C Link
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misshandelt hat, aber es ist … na ja, es relativiert alles ein wenig, oder? Aber diejenigen, die zusehen und schweigen, die haben nichts, was sich zu ihren Gunsten in die Waagschale werfen ließe. In diesem Land lassen Eltern ihre Kinder verhungern oder foltern sie zu Tode, und die Nachbarn wenden sich ab. In unserem Land werden Frauen von ihren Ehemännern gequält, und niemand will etwas gemerkt haben. In unserem Land werden Schüler von ihren Klassenkameraden gemobbt, bis sie sich in ihrer Verzweiflung vor den nächsten Zug werfen, und die Lehrer greifen nicht ein. Es passiert ständig und überall. Und es kann nur deshalb passieren, weil die Mehrheit der Bevölkerung zu bequem, zu feige, zu desinteressiert, zu lethargisch ist, um irgendetwas zu unternehmen.
    Woran hatte sie vorhin gedacht? Sie hatte das Bild eines Rammbocks vor Augen gehabt, ehe ihr der Einfall mit dem Tisch kam. Vielleicht war es falsch, in kleinen Stößen gegen die Läden zu schlagen. Vielleicht sollte sie versuchen, das Tischbein ein Mal mit ganzer Kraft dagegen zu rammen.
    Sie packte es mit beiden Händen, nahm ein Stück Anlauf und krachte mit dem Holz gegen die Läden.
    Die Läden zitterten. Diesmal war sie sicher. Sie untersuchte die Scharniere. Das Holz hatte sich an den entsprechenden Stellen bereits um einige Millimeter herausgelöst.
    Es konnte klappen. Vielleicht hatte sie irgendwann an diesem furchtbaren Tag auch einmal Glück. Schwer atmend hielt sie inne. Ihre Hände schmerzten. Noch einmal kurz ausruhen, ehe sie den nächsten Angriff startete.
    Tara hatte die völlig aberwitzige Geschichte von Liza Stanford erzählt. Gillian kannte Logan Stanford nicht persönlich, aber sie hatte oft über ihn in der Zeitung gelesen. Auf Bildern hatte sie den Mann nicht übermäßig sympathisch gefunden, aber als derartig krank und gewalttätig hätte sie ihn nie im Leben eingeschätzt. Er organisierte ständig Charity Events, was ihm ja schließlich auch seinen Spitznamen eingetragen hatte, und Gillian hatte durchaus den Eindruck gehabt, dass es ihm dabei nicht immer um die gute Sache als vielmehr um die Darstellung seiner Person in der Presse ging. Es hatte sie allerdings nicht groß gekümmert. Das Geld, das er sammelte, kam Bedürftigen zugute, das war es, was am Ende zählte. Wen scherten seine Motive? Vielleicht war es besser, aus einem ausgeprägten Geltungsbedürfnis heraus Gutes zu tun, als überhaupt nichts zu unternehmen.
    Dass sich seine Frau vor ihm versteckte, dass sie von ihm auf brutalste Weise über Jahre gequält worden war, hatte sie sprachlos gemacht.
    »Charity-Stanford? Das gibt es doch nicht! Bist du sicher?«
    »Ich habe Liza gesehen. An jenem Abend im Hotel. Ihr blaues Auge. Und später hat sie mir ihren Körper gezeigt. Narben, Hämatome, Hautabschürfungen. Der vornehme Herr Rechtsanwalt ist ein Sadist. Und ein Psychopath!«
    »Und das hat sie sich jahrelang gefallen lassen?«
    »Ja, diese Geschichten sind immer wieder schwer zu glauben. Fast nicht nachvollziehbar. Aber es passiert ständig. Die Opfer halten still und hoffen, dass alles besser wird, wenn es ihnen gelingt, sich anzupassen. Den Unmut des Täters nicht länger zu erregen. Denn das ist es ja, was sie auf irgendeiner Ebene ihres Bewusstseins durchaus bereit sind zu glauben: dass es ihre eigene Schuld ist. Dass bei ihnen etwas nicht stimmt und dass ihr Peiniger deshalb geradezu gezwungen ist, sich so zu verhalten, wie er es tut. Logan Stanford war das Opfer, verstehst du? Er hat eine unmögliche Frau geheiratet. Liza war schuld daran, dass er ständig außer sich geriet und die Beherrschung verlor.«
    »Gab es denn niemanden, dem sie sich hätte anvertrauen können? Und der ihr dann geholfen hätte, ihn schleunigst zu verlassen?«
    »Sie hat zwei Frauen eingeweiht in all den Jahren. Zwei Frauen, von denen sie sich Hilfe erhoffte. Eine Freundin. Und dann die Kinderärztin ihres Sohnes.«
    »Ja?«
    »Carla Roberts. Und Dr. Anne Westley.«
    Sie hatte es in dieser Sekunde verstanden. Als Tara die beiden Namen nannte. Carla Roberts und Anne Westley. Sie hatte die ganze Geschichte verstanden. Das Warum. Den so sinnlos erscheinenden Tod zweier harmloser älterer Frauen. Und Taras Motiv.
    »Die beiden haben nicht geholfen?«
    »Nein. Roberts war so mit ihrer eigenen Wehleidigkeit beschäftigt, die hat sich gar nicht groß interessiert. Und Westley war offenbar derart unschlüssig, was sie nun am besten tun sollte, dass sie letzten Endes entschieden hat, gar nichts

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