Beraten, Trainieren, Coachen
auf sich selbst, sondern auf seinen Coach zurückführen. Ziel des Coaching-Prozesses muss es langfristig jedoch sein, die Problemlösungskompetenzen des Coachees und sein Vertrauen in diese zu stärken. Der Coach sollte sich also langfristig überflüssig machen. Auch aus der Perspektive des Coachs sollte die Verantwortung für die Lösung beim Coachee verbleiben. Übernehmen Sie als Coach die Verantwortung für die Lösung, so würden Sie in der Folgesitzung Ihre eigenen Lösungsansätze mit dem Coachee diskutieren, nicht aber die Ihres Coachees. Dies wäre sicher nicht hilfreich.
Gerade wenig erfahrene Coachs neigen dazu, zu viel Verantwortung für die Lösungsfindung zu übernehmen. Wie Sie dieser Schwierigkeit begegnen können, haben wir bereits in den letzten Kapiteln zum Thema Verantwortungsverteilung diskutiert.
Die „Von-der-Seele-reden-Erwartung“
„Ich bin in diesem Coaching, weil ich einfach mal mit jemandem sprechen möchte, bei dem ich kein Blatt vor den Mund nehmen muss. Dies hilft mir, meine eigenen Gedanken zu ordnen. Wenn ich dann noch eine externe Perspektive meines Coachs bekomme, ist dies umso besser.“
Diese Erwartung ist vor allem für junge Coachs häufig zunächst überraschend. Organisationsrealitäten erfordern häufig (und mit höherer Hierarchieebene in zunehmendem Umfang), dass nicht alle Interessen offengelegt werden. Der Wunsch, eigene Gedanken, Hoffnungen, Sorgen und Ängste einem unbeteiligten Dritten mitzuteilen, ist daher absolut nachvollziehbar.
Anforderungen an ein Coaching-Instrument
Aus den beiden zuvor dargestellten Erwartungen können wir nun einige grundlegende Anforderungen an ein Coaching-Instrument ableiten. Dieses sollte …
dem Coachee viel Raum geben, eigene Gedanken zu verbalisieren.
dazu führen, neue Lösungsmöglichkeiten aufzuzeigen.
die Verantwortung für die Lösung so weit wie möglich beim Coachee belassen.
Lösungsansätze generieren, die wirklich auf die Wahrnehmung und die Situation des Coachees passen.
die Gedanken strukturieren und dabei helfen, sich bei komplexen Sachverhalten einen Überblick zu verschaffen.
es dem Coachee langfristig ermöglichen, aus der Lösungssuche zu lernen und in Zukunft selbst zu Lösungsansätzen zu kommen (Aufbau von Selbststeuerungskompetenz des Coachees).
Wir haben die Anforderungen an unser Coaching-Instrument hier aus allgemeinen Überlegungen abgeleitet. Arbeiten Sie mit Ihrem Coachee an einem speziellen Sachverhalt, können die Anforderungen sich selbstverständlich ändern oder ergänzt werden.
Methodische Herangehensweisen für die Arbeit mit dem Coachee
Im nächsten Schritt können Sie nun über die methodische Herangehensweise nachdenken, die Sie für die Entwicklung Ihres Instruments nutzen wollen. Im Folgenden stellen wir Ihnen eine Auswahl möglicher Herangehensweisen vor:
Strukturelle Herangehensweise
Arbeiten Sie mit der Portfoliotechnik (greifen Sie sich zwei bis drei relevante Dimensionen heraus und stellen Sie Zusammenhänge in einem Koordinatensystem dar) und geben dem Problem so eine Struktur anhand derer Sie mit Ihrem Klienten arbeiten können.
Grafische Herangehensweise
Lassen Sie Ihren Klienten bestimmte Aspekte des Problems aufzeichnen. Arbeiten Sie danach mit dem entstandenen Bild weiter, indem Sie es von verschiedenen Seiten betrachten, über Beziehungen einzelner Elemente in der Zeichnung sprechen etc.
Gestaltende Herangehensweise
Arbeiten Sie statt mit Papier und Stiften mit handlichen Aufstellungsobjekten wie Figuren aus Papier, Holz, einfachen Alltagsgegenständen oder auch mit Knete und lassen Sie Ihren Klienten das Problem, einen momentanen (Gefühls-)Zustand, eine Wunschvorstellung oder Ähnliches auf dem Tisch „aufstellen“ bzw. modellieren. Hier ist eine Betrachtung aus verschiedenen Perspektiven in der Regel besonders effektiv.
Aufstellungsbasierte Herangehensweise
Nutzen Sie Aufstellungsarbeiten, um den Klienten in verschiedene Rollen schlüpfen zu lassen, die mit dem Problem oder einem Teilaspekt dessen verbunden sind. Lassen Sie den Klienten dabei aus unterschiedlichen Perspektiven agieren und stellen Sie gegebenenfalls eine Gegenperspektive dar. Wenn Sie mit dieser Methode bislang keine Erfahrung haben, sollten Sie lieber zunächst einen erfahreneren Coach zu Rate ziehen oder ein Vertiefungsseminar zur Arbeit mit Aufstellungen besuchen. Aufstellungen rufen häufig starke Emotionalität hervor, mit der weniger erfahrene Coachs oft nicht gut umgehen
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