Bereue - Psychothriller (German Edition)
gepresst lenkte er den Wagen zu ihrem Haus. Das Auto schien wie durch Watte zu gleiten, er fühlte sich getragen auf einer betäubenden Wolke des Schmerzes.
Endlich bog er in ihre Straße ein und parkte in der Nähe des Hauses. Hinter den Fenstern war es dunkel. Hoffentlich war sie da.
Er schob die Fahrertür auf und quälte sich aus dem Wagen. Auf ihrer Türschwelle fand er den mauzenden Evil. Mit einer Hand an der Tür abgestützt drückte er die Klingel. Das Dingdong drang zu ihm heraus.
Evil rammte ihm seinen kleinen Kopf gegen das Schienbein. “Nicht!”, zischte er der Katze zu. “Du haust mich noch um, Kumpel.” Er lauschte an der Tür. Nichts regte sich. Er klingelte noch einmal. Wieder nichts.
Seufzend ließ er sich mit dem Rücken an der Tür auf den Boden gleiten. Der Kater rieb seinen Kopf schnurrend an seinen Beinen. Ben kraulte ihn. “Na, dein Frauchen lässt uns im Stich, was.”
Er fühlte in seinen Körper. Die Schmerzen flammten im Rhythmus seines Atems auf, um dazwischen kurz abzuebben. Er hustete vorsichtig. Es kam kein Blut. Offensichtlich hatte keine Rippe die Lunge durchbohrt. Sogar sein Arm schien nicht gebrochen zu sein, zumindest standen keine Knochenspitzen aus der Haut. Weiter reichten seine medizinischen Kenntnisse nicht.
Evil sprang auf seinen Schoß und rollte sich zusammen. Die Hand im Nacken der Katze lehnte Ben den Kopf an den Türstock und schloss die Augen. Sie würde kommen, irgendwann. Sie konnte Evil nicht die ganze Nacht draußen lassen. Oder doch?
27
Aus dem Schatten eines Müllcontainers hatte er mit angesehen, wie die drei Schlägertypen Ben Biller verprügelt hatten. Wie einen räudigen Straßenköter hatten sie ihn geschlagen und auf ihn ei ngetreten. Zu gerne hätte er ihm auch einen Tritt in seine einst so stolzgeschwellte Brust verpasst.
Als Biller minutenlang regungslos auf dem Boden liegen geblieben war, hatte er befürchtet, die Kerle hätten ihn umgebracht. Dabei hatte er ihnen eingeschärft, ihn nur so sehr zu verletzen, dass er mobil blieb. Mit zwei gebrochenen Armen konnte er sich nicht selbst richten.
Vier Minuten später hatte sich Biller stöhnend und blutend hinter das Steuer gesetzt. Entgegen Jakobs Annahme war er nicht zum Krankenhaus und auch nicht gegen einen Baum gefahren.
Was machte er nur vor Annelies Haus? Glaubte dieser Idiot, sie würde ihm helfen? Was für ein klassischer Fall von verzerrter Real itätswahrnehmung. Sie würde ihn davon jagen wie ein lästiges Insekt.
Gespannt starrte er auf die Haustür, hörte das Läuten, das von innen bis auf die Straße hinaus klang. Kein Licht ging an, die Tür blieb verschlossen.
Sie war nicht zu Hause. Biller schreckte das nicht ab. Er pflanzte sich vor ihre Haustür. Kaum ein Licht drang bis zu ihm, so dicht war der Vorgarten zugewachsen. Jakob konnte seine Gestalt nur erahnen, wie er sich auf dem Treppenabsatz niederließ.
Es war sieben Minuten nach zehn. Morgen hatte sie Frühschicht. Bald würde sie kommen.
Diese Begegnung wollte er sich nicht entgehen lassen. Den Corsa strategisch günstig geparkt, so dass das Licht der Straßenlaternen ihn nicht traf, lehnte er sich mit Blick auf das Haus zurück. Er hatte Zeit.
Mutter hatte er ins Krankenhaus bringen müssen, ihr Herz hatte ihr wehgetan. Wie konnte etwas wehtun, das nicht da war. Aber es gab ja auch Menschen mit Phantomschmerzen, bei denen amputierte Gliedmaßen juckten oder schmerzten.
Morgen gegen Mittag musste er nach ihr sehen, wenn die ersten Untersuchungen abgeschlossen waren. Sie brauchte ihren Matetee zum Mittagessen. Den würde sie im Krankenhaus nicht bekommen.
28
Ihre Wangen glühten, und das nicht nur von der Sonne. Im Schein der Kerze zwischen ihnen schwenkte sie ihr zweites Glas Wein und stieß mit ihm an. “Danke für den schönen Tag.”
“Ich habe zu danken für deine wunderbare Gesellschaft.” Er trank einen kleinen Schluck. “Der Tag ist noch nicht zu Ende.” Die Flamme flackerte in seinen Augen.
“Linguine mit grünem Spargel in cremiger Tomatensauce für die Dame!” Schwungvoll platzierte der Kellner einen Teller vor ihr.
Stefan bekam die Saltimbocca von der Dorade Royal in Wei ßwein-Salbeisauce.
Mit einem “Buon Appetito!” verschwand der Italiener.
Hungrig machte sie sich über ihr Essen her. Ihre Geschmacksknospen veranstalteten ein Feuerwerk. Das war schon etwas anderes als Tiefkühlpizza und Döner, mit denen sie so oft ihre Magennerven beruhigte.
“Ganz
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