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Berg der Legenden

Berg der Legenden

Titel: Berg der Legenden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeffrey Archer
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heute Abend den Gedenkvortrag gehalten hätte, wenn da nicht die Verwundung gewesen wäre, die er im Krieg davongetragen hatte. Young erwiderte sein Lächeln, offenkundig stolz, dass sein Schüler ihn vertrat. Norton, Somervell und Odell saßen neben ihm.
    George wartete, bis das Publikum wieder zur Ruhe gekommen war, dann sprach er seinen ersten Satz. »Als ich kürzlich in New York war«, begann er, »wurde ich als der Mann vorgestellt, der den Everest im Alleingang erobert hätte.« Er wartete, bis das Gelächter sich wieder gelegt hatte, und fuhr dann fort: »Das ist in zweierlei Hinsicht falsch. Obwohl es gut sein kann, dass am Ende ein Mann allein auf dem Gipfel dieses gewaltigen Berges steht, könnte er diese Meisterleistung niemals ohne die Unterstützung einer erstklassigen Mannschaft bewerkstelligen. Und damit meine ich alles , von siebzig indischen Mulis bis zu einem General Bruce, wenn man hofft, auch nur das Basislager zu erreichen.« Dies war das Stichwort, damit die Lampen erloschen und das erste Lichtbild auf der Leinwand hinter ihm eingeblendet wurde.
    Vierzig Minuten später war George zurück im Basislager und erhielt noch einmal stürmischen Beifall. Er spürte, dass der Vortrag gut gelaufen war, aber er musste noch Fragen beantworten und fürchtete, dass eine falsche Antwort ihn tatsächlich zurück ins Basislager befördern könnte.
    Als er um Fragen bat, blieb Hinks zu seiner Überraschung sitzen, obwohl es das traditionelle Vorrecht des Sekretärs der RGS war, die erste Frage zu stellen. Stoisch und mit verschränkten Armen verharrte er auf seinem Platz in der ersten Reihe. George entschied sich für einen älteren Gentleman in der zweiten Reihe.
    »Als Sie auf 8397 Metern festsaßen, Sir, und sahen, wie Finch an Ihnen vorbeizog, haben Sie sich da nicht gewünscht, Sie hätten ein paar Sauerstoffflaschen dabei gehabt?«
    »Als wir aufbrachen, wünschte ich es nicht«, erwiderte Mallory. »Aber später, als ich nicht mehr als ein paar Schritte vorankam, ohne eine Pause machen zu müssen, kam ich zu dem Schluss, dass es nahezu unmöglich sein würde, den Gipfel aus eigener Kraft zu erreichen.«
    Er deutete auf eine andere erhobene Hand.
    »Aber finden Sie nicht, dass der Gebrauch von Sauerstoff Betrug wäre, Sir?«
    »Früher war ich gleichfalls dieser Ansicht«, sagte George. »Aber dann wies mich ein Kollege, mit dem ich auf 7620 Metern ein Zelt teilte, darauf hin, dass man genauso gut lederne Bergstiefel oder Wollfäustlinge für Betrug halten könne, oder auch nur ein Stückchen Zucker im lauwarmen Tee, da all das zweifelsohne die Erfolgschancen erhöht. Und, um ehrlich zu sein, warum sollte man fünftausend Meilen reisen, wenn man nicht darauf hoffen kann, die letzten dreihundert Meter zu bewältigen?«
    Er wählte eine andere erhobene Hand.
    »Wenn Sie nicht umgekehrt wären, um Mr Odell zu helfen, glauben Sie, dass Sie es dann bis zum Gipfel geschafft hätten?«
    »Das, was ich in dem Moment sah, war auf jeden Fall der Gipfel«, antwortete George, »denn Mr Finch war einhundert Meter über mir.« Herzliches Gelächter im Saal. »Ich gebe zu, dass der Gipfel zu diesem Zeitpunkt verlockend nah schien, aber selbst das kann täuschen. Sie dürfen nicht vergessen, dass 150 Meter auf einem Berg mehr als ein paar Schritte sind. Im Gegenteil – es ist eher über eine Meile. Aber einerlei, diese Erfahrung hat mich davon überzeugt, dass es möglich ist, den Gipfel zu erreichen – vorausgesetzt, man hat genügend Zeit und das Wetter spielt mit.«
    In den nächsten zwanzig Minuten beantwortete George noch einige weitere Fragen, ohne einen Hinweis darauf zu geben, dass er gerade als bergsteigerischer Leiter zurückgetreten war.
    »Letzte Frage«, rief er schließlich mit erleichtertem Lächeln. Er deutete auf einen jungen Mann fast in der Mitte des Saals. Er war aufgestanden und winkte mit der Hand, in der Hoffnung, wahrgenommen zu werden. Mit einer Stimme, die noch nicht einmal im Stimmbruch war, fragte der Junge: »Wenn Sie den Everest bezwungen haben, Sir, was bleibt dann noch für jemanden wie mich übrig?«
    Das gesamte Publikum lachte, und Mallory rief sich in Erinnerung, wie nervös er gewesen war, als er Captain Scott fast dieselbe Frage gestellt hatte. Er blickte zur Galerie empor, erfreut, Scotts Witwe an ihrem üblichen Platz in der ersten Reihe zu sehen. Gott sei Dank musste Ruth nach der Entscheidung, die er heute Abend getroffen hatte, nicht fürchten, dasselbe Schicksal zu

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