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Berger, Frederik - Die Geliebte des Papstes

Berger, Frederik - Die Geliebte des Papstes

Titel: Berger, Frederik - Die Geliebte des Papstes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frederik Berger
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drückte! Ein Mann, der wirklich liebte! Auf jeden Fall glaubte sie so wenig wie Giovanni, daß Alessandro etwas mit dem sfregio zu tun haben könnte. Und doch blieb der Verdacht wie ein Stachel, der mit jedem Versuch, ihn zu entfernen, tiefer in sie eindrang.
    Silvia gab Giovanni einen flüchtigen Kuß und wollte kurz nach Rosella schauen.
    »Willst du nicht doch mitkommen?«
    Er schüttelte den Kopf und stellte sich ans Fenster. Silvia lehnte sich an ihn. Draußen glühte ein Julitag über den Gassen und Plätzen von Rom. Man ging am besten in die Frühmesse oder besuchte am Spätnachmittag die Vesper, verließ tagsüber das Haus nicht. Die Menschen drückten sich in die Häuserschatten. Am Palazzo gegenüber hockte eine Bettlerin, seit Tagen schon, eine bucklige alte Frau, eingehüllt in schwarze Tücher, aus denen sie gelegentlich ihre knochige Hand streckte, als wolle sie eine Münze entgegennehmen. Aber niemand kümmerte sich um sie, noch nicht einmal die junge Straßenhure, die gleich neben ihr im Schatten eines Hauseingangs stand und die schamlos vor jedem Mann, der an ihr vorbeistrich, die Brüste entblößte. Die Handwerksgehilfen gingen zu ihr und die Wasserträger. Im Hintergrund keifte eine Kupplerin. Und dann gab es da noch einen Mann, der seit kurzem auftauchte und sie schlug.
    Silvia mußte an ihren Vater denken, der Rosella in die dunkle Ecke des Flurs gedrängt hatte, aber auch an Rosellas Hochmut – und was daraus geworden war. Wie konnte sie, Silvia, froh sein und Gott danken, daß sie ein großes Haus ihr eigen nannte, daß sie ihren Körper nicht verkaufen mußte, an vornehme oder gar an arme Männer, daß sie trotz aller Schicksalsschläge und Schulden einen Mann gefunden hatte, der sie liebte.
    Welche Frau konnte von sich sagen, wirklich geliebt zu werden?
    Unten neben der Straßenhure stand nun ein unbekannter Mann in einem schwarzen Umhang und schien mit ihr zu verhandeln. Nach seiner Kleidung zu schließen, war er kaum einer ihrer Kunden. Er blickte immer wieder zu Silvias Palazzo hoch. Die junge Hure schüttelte den Kopf. Der Mann steckte ihr etwas zu, eine Münze wahrscheinlich, und verschwand in der nächsten Gasse.
    Silvia starrte nach draußen. Nun geschah nichts mehr, ein Hund überquerte die Straße, die Hure kratzte sich zwischen ihren Beinen, und die Bettlerin streckte ihre Totenhand aus.
    Wieder zog Giovanni Silvia an sich. »Weißt du, daß ich gerade an Michelangelo Buonarroti geschrieben habe. Er soll nach Rom kommen, hörte ich. Ich weiß, daß du sein Relief liebst. Ich möchte, daß er mir eine Venus meißelt, aus Carrara-Marmor. Und du sollst ihm zum Vorbild dienen.«
    Silvia wußte nicht, was sie auf diese Mitteilung antworten sollte. Giovanni liebte sie wirklich. Vielleicht übertrieb er auch, wenn er von ihr eine Marmorstatue meißeln ließ. Von Michelangelo, dem Künstler aus Florenz, sprach er immer wieder. Er sei noch jung, eingebildet zwar, aber der kommende Bildhauer von Italien. Und unter den reichen römischen Kardinälen werde schon über einen großen kirchlichen Auftrag gesprochen. Er, Giovanni Crispo, müsse mit ihm rechtzeitig einen Vertrag abschließen, dann könne der geldgierige Künstler seinen Preis noch nicht so hoch ansetzen.
    Silvia gab Giovanni einen Kuß auf die Wange und ließ ihn allein, um nach Rosella zu schauen. Ihre alte Kammerfrau schien wach zu sein. Silvia flößte ihr ein wenig Wasser ein. Dann lauschte sie den Flüsterlauten, die Rosella ausstieß.
    »Wer war es, Rosella?« fragte Silvia.
    Sie hörte etwas, von dem sie nur »mit rollendem R« verstand.
    »Ein Mann, der mit rollendem R sprach?« fragte sie.
    Rosella bewegte leise ihren Kopf, aber Silvia wußte nicht, ob sie wirklich nickte. Auch ihren verbundenen Augen konnte sie nichts entnehmen. Dann verstand sie »Alessandro Farnese«.
    »Was ist mit Alessandro Farnese?« rief sie schrill.
    Rosella reagierte nicht.
    Beinahe hätte Silvia sie geschüttelt. Aber Rosella reagierte noch immer nicht. War sie gar tot? Hatte sie ihr Wissen um Alessandro mit ins Grab genommen? Silvia spürte keinen Atem. Aufgeregt lief sie aus dem Zimmer und ließ nach dem Chirurgus schicken, anschließend ging sie nachdenklich zu Giovanni zurück.
    »Rosella hat von einem Mann mit rollendem R gesprochen«, sagte sie leise, »und hat Alessandro erwähnt.«
    »Und was hat sie sonst noch gesagt?« Giovanni nahm sie beruhigend in den Arm.
    »Nichts! Sie wird sterben!«
    »Wir sind alle in Gottes Hand.«
    Silvia

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