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Berger, Frederik - Die Geliebte des Papstes

Berger, Frederik - Die Geliebte des Papstes

Titel: Berger, Frederik - Die Geliebte des Papstes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frederik Berger
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häufiger weinten als sie selbst. Ja, ihre Tränen schienen versiegt zu sein. Gerade sie, die bei jeder Kleinigkeit weinen mußte … Nur einmal, als sie Giovannis Überreste sah – einen zerschmetterten, angefressenen Körper, sein Gesicht, sein so schönes Gesicht entstellt – da flossen die Tränen, als wollten sie noch jetzt sein Blut abwaschen.
    Alessandro selbst war nach der Nacht, in der er bei ihr aufgetaucht war, mit seinem Jagdhüter und zahlreichen Knechten aufgebrochen, um den Toten zu bergen. Kaum waren sie unterwegs, mußte Vater Crispo von dem Unglück erfahren haben, denn er schickte ihnen einen Trupp Bewaffneter nach, die Alessandro dann auch Giovannis Leiche abnahmen und sie im Palazzo der Crispo aufbahren ließen. Silvia mußte dem Toten die letzte Reverenz erweisen, sogar den Kindern wurde der Anblick ihres entstellten Vaters zugemutet – das Wehgeschrei im Hause Crispo klang schrill und laut, aber sie selbst wurde mit Eiseskälte behandelt. Kaum daß Giovannis Vater ein Wort mit ihr sprach. Die Mutter blieb hinter ihrem schwarzen Schleier verborgen und stumm.
    Und natürlich fiel zum Schluß die Bemerkung, auf die sie gewartet hatte.
    »Er hat ihn auf dem Gewissen«, sagte Vater Crispo mit Grabesstimme, aus der die Drohung nicht zu überhören war.
    Als Silvia sich schon zum Gehen wandte, rief er ihr noch nach: »Wir werden die Kinder zu uns nehmen. Sie brauchen eine anständige Erziehung. Sie dürfen nicht ohne männliche Anleitung aufwachsen, auf keinen Fall nur mit der Mutter und einer« – er zögerte kurz – »Hexe zusammen. Deine Bastardtochter kannst du behalten.«
    Silvia fuhr herum und durchbohrte den alten Crispo mit ihren Blicken. Aber der Haß in seinem Gesicht ließ sie erschauern. Trotzdem ging sie einen Schritt auf ihn zu und sagte sehr langsam und entschieden: »Niemand nimmt mir meine Kinder!«
    »Sandro und Tiberio sind Giovannis Erben und damit auch meine Erben. Ich kann sie nicht bei einer Frau lassen, deren Ruf ein ehrloser Kardinal beschmutzt hat. Giovanni wurde ermordet, und ich werde dafür sorgen, daß man den Schuldigen zur Rechenschaft zieht. Und wenn ich mein Vermögen drangeben muß.« Seine Stimme wurde von Wort zu Wort kälter und drohender.
    Silvia ging noch einen Schritt auf den alten Mann zu und hörte sich sagen: »Euer Giovanni wollte Kardinal Farnese umbringen. Aus Eifersucht und Rachegefühlen. Dabei ist er abgestürzt. Und was Euer Vermögen angeht, so stand es zum Teil meinem Vater zu. Ihr habt ihn betrogen und bedroht. Was meine Kinder erben, gehört ihnen rechtmäßig auch durch mich.«
    Sie drehte sich um und verließ, ohne die Reaktion des alten Crispo abzuwarten, den Raum. In der Tür hörte sie noch ein durch die Zähne gepreßtes »Verleumderische Hure, du wirst noch an uns denken!«.
    Noch lange zitterten in ihr die Drohung Crispos, aber auch die eigenen Worte nach. Sie hatte ausgesprochen, was Alessandro angedeutet hatte: daß Giovanni ihn der gereizten Bärin überlassen, daß er ihn vielleicht sogar hinabstoßen wollte.
    Aber wenn sie nur daran glauben könnte! Sie sehnte sich danach, an Alessandros Bericht nicht zu zweifeln – aber sie war dazu nicht in der Lage. Der Verdacht, Alessandro habe Giovanni die Felsen hinabgestoßen, nagte in ihr. Woher kamen denn seine blutigen Wunden? Wirklich nur durch herabgestoßene Steine und durch dorniges Buschwerk? Giovanni war eifersüchtig auf Alessandro gewesen, aber Giovanni hatte dennoch sein Kind aufgenommen – und er war ein friedfertiger Mensch. Alessandro dagegen … War er nicht gerade erst mit Cesare Borgia durch die Romagna gezogen und hatte mit dem Schwert gekämpft? Wenn Alessandro sich etwas in den Kopf setzte, dann focht er es auch mit allen Mitteln durch. Womöglich hatte Giovanni ihn gereizt, hatten sie gekämpft … Aber statt ihn nur niederzuringen, stieß er ihn hinab. Er konnte seine Tat vor Gott als Notwehr rechtfertigen – und den Menschen, auch ihr, erzählte er eine ganz andere Geschichte.
    Das Schlimme war: Wenn sie Alessandro nicht glaubte und vertraute, dann konnte sie seine Liebe nicht erwidern, seinem Werben nicht nachgeben. Du bist frei . Nein, sie saß in einem Gefängnis aus Zweifeln und Ängsten. Und sie saß in ihrem Palazzo wie unter Hausarrest. Sie verließ ihn fast nie. Sie befürchtete, ihre Kinder könnten während ihrer Abwesenheit von der Crispo-Familie entführt werden. Alessandro mußte ihr die Freiheit nicht nur versprechen, er mußte ihr auch zeigen, daß

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