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Bergfriedhof

Bergfriedhof

Titel: Bergfriedhof Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gmeiner-Verlag
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zufriedenen »Aahh« den Schaum von der Oberlippe. Hinter ihm steckten Arndt, Konstantin und Marten die Köpfe zusammen. Wenn mich nicht alles täuschte, stritten sie sich. Worüber sie sprachen, war nicht zu verstehen; Tonfall und Lautstärke jedoch ließen auf eine Grundsatzdebatte schließen.
    »Mann, hast du schöne Augen«, sagte Frank und begann zu schielen.
    Mir fiel fast mein Bierkrug aus der Hand. Nicht einmal Christine hatte jemals die Schönheit meiner Augen ... Was war denn das für eine seltsame Anmache?
    Ein schwerer Seufzer hob Franks mächtigen Brustkorb. So viel Gefühl, so viel Männlichkeit ...
    Mit einem Ruck drehte ich mich um – und atmete auf. Hinter mir stand eine dieser Rüschenblusenpuppen mit Perle im Ohr, zwinkerte so neckisch wie möglich zu Frank hinüber und erwiderte sein Dauergrinsen. Gott sei Dank, dieser Kelch war an mir vorübergegangen. Meine Augen freuten sich zwar über jedes Kompliment – besser aus Franks Mund als aus keinem –, trotzdem war es mir so lieber.
    »Ich, äh ... ich geh dann mal«, sagte ich und zog mich zurück. Ehrensache; man durfte das zarte Band, das der Koloss mit unbeholfenen Fingern zu knüpfen begann, doch nicht zerreißen. Dafür würde die Dame seines Herzens schon sorgen, und zwar spätestens morgen früh, wenn ihr bewusst wurde, was zwei Flaschen Sekt aus einem ehrbaren Mädchen gemacht hatten. Im normalen Leben war sie Einserjuristin oder Liechtensteinische Fürstentochter oder beides, und dieses Leben würde mit sinkendem Alkoholpegel wieder sein Recht einfordern. Heute Nacht ließ sie sich vielleicht gehen, morgen früh hängte sie sich ein Schild um den zugeknöpften Hals: Bitte nicht anfassen.
    Nun, Frank musste selbst sehen, was sich ergab und was nicht. Ich schlenderte eine Weile durch den Saal, bis ich ganz zufällig bei Arndt und seinen Kombattanten landete.
    »Hallo«, sagte ich grinsend.
    Stille. Drei Augenpaare fixierten den Fußboden.
    Aha, man fühlte sich gestört. Aber genau dazu ist ein Privatdetektiv da. Ohne Störung keine neuen Erkenntnisse und ohne Erkenntnisse kein Ermittlungserfolg.
    »Mensch, Arndt«, rief ich und legte den Arm um seine Schulter, »hat dir Marten erzählt, dass ich gerade ein Porträt über deinen Großvater schreibe?«
    »Was?«
    »Ja, über deinen Großvater, Hanjo Bünting, den Industriellen. Für die Neckar-Nachrichten . Ist das nicht ein lustiger Zufall?«
    »Über dieses Arschloch ...«, murmelte der Enkel, schaute finster in sein halb leeres Bierglas, als habe sich der Alte darin versteckt, und trank es in einem Zug aus. Im Hintergrund begannen die beiden Mädchen, eben noch die besten Freundinnen, sich anzukeifen und Sekt ins Gesicht zu schütten.
    »Momentan kann es dem guten Arndt niemand recht machen«, sagte Marten in seiner mitfühlenden Art und bleckte gelbe Zähne. Er erinnerte mich an eine Muräne, die ich im Frankfurter Zoo gesehen hatte.
    »Sei du doch ganz ruhig«, zischte Arndt ihn an. »Du spuckst wie immer nur große Töne. Wo warst du eigentlich gestern, hm?«
    »Fängt das schon wieder an«, stöhnte Konstantin.
    »Sag schon, wo warst du, Marten?«, wiederholte der junge Bünting und ließ seinen Rudelführer nicht aus den Augen. »Du hast dich doch als Erster verdrückt, als es losging. Immer schön im Hintergrund bleiben.«
    »Bitte, Arndt, lass gut sein. Wir haben schon so oft ...«, begann Konstantin erneut, aber weiter kam er nicht.
    »Und du hast auch gleich den Schwanz eingezogen«, herrschte ihn Arndt an. »Ihr seid alle gleich, alle! Die hätten mich fertiggemacht gestern, wenn ich auf eure Unterstützung gewartet hätte. Weißt du, Max«, wandte er sich an mich, unerwartet zum du übergehend, »weißt du, dass sie vorher einen Befehl ausgegeben haben? Keiner haut ab! Keiner, von wegen. Alle sind sie geflüchtet, und mich wollten sie testen, weil sie dachten, ich kneife. Schöne Kumpels sind das. Schweinekumpels!«
    Marten lächelte mitleidig, der kleine Konstantin schüttelte ärgerlich den Kopf. Natürlich, es war ihnen peinlich, dass ich Zeuge dieser Szene wurde. Dabei interessierte mich ihr Schlagabtausch überhaupt nicht. Wenn den jungen Herren so viel daran lag, sich bei der allgemeinen Tapferkeitsauktion zu überbieten – bitte, mir gleich. Ich hatte nur ein Ziel: Arndt im Laufe des Abends unter vier Augen zu sprechen.
    »Ist doch wahr«, rief er. »Kannst du dich erinnern, einen dieser sauberen Kumpels auf dem Marktplatz gesehen zu haben, als die Eier flogen?« Seine

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