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Bergfriedhof

Bergfriedhof

Titel: Bergfriedhof Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gmeiner-Verlag
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Subaru überallhin verfolgte, dass er mir Veilchen verpasste und sich mit seinem Chef darüber schlapp lachte – Schafstett hatte sich sogar bei Maria eingeschlichen. Ins Paradies der Penner und Saufbrüder, in meine heilige Kneipe ... Still hatte er im Hintergrund gesessen, als könne er keiner Fliege etwas zuleide tun, während ich auf den Ungarn wartete. Und dabei hatte er eine Limo getrunken, eine Limo! Das tat niemand im Englischen Jäger , von Tischfußball-Kurt, dem Orangensaftfan, einmal abgesehen. Es hätte mir auffallen müssen, ich war schließlich Privatflic und Stammgast bei Maria. Aber wer rechnete auch mit einer solch lückenlosen Überwachung?
    Nun, ich hätte mit ihr rechnen müssen. Sie zumindest nicht ausschließen dürfen. Es ging hier um Mord, und einer wie Bünting überließ nichts dem Zufall. Er hatte seine Methoden, seine Leute und die nötigen finanziellen Spielräume. Er konnte meiner nicht sicher sein, Schweigegeld hin, Pfefferspray her. Verhält sich der Schnüffler ruhig? Gibt er sich mit den 5000 Euro zufrieden? Das wollte Bünting wissen, um so das Heft des Handelns stets in der Hand zu behalten.
    Immerhin, er nahm mich ernst. Erst Marten Micevski, nun Hanjo Bünting. Wenn diese ehrenwerte Gesellschaft einen respektierte, war man noch nicht auf dem Kehrichthaufen der Geschichte gelandet. Im Gegenteil, sie bauten einen regelrecht auf.
    Aber was tun? Vom Warten hatte ich die Schnauze voll. In meiner Tasche steckte ein Schweizer Klappmesser, mit dem man jeden Autoreifen dieser Welt plattgestochen bekam. Vielleicht taugte es auch zum Öffnen einer Subaru-Tür. Ich verließ meinen Beobachterposten und ging mit Wut im Bauch zum Parkplatz zurück. Als ich um die Hausecke bog, sah ich Schafstett auf dem Weg zu seinem Wagen, in der Hand eine pralle Plastiktüte. Er hatte breite Schultern, eine schiefe Nase und kleine Ohren. Sein Schädel war kahl bis auf einen dunklen Schatten, der um seinen Hinterkopf lief. Er bewegte sich träge und schwerfällig wie ein Grizzly, aus der Ferne wirkte das fast putzig. Wahrscheinlich wurde Heinz Schafstett oft unterschätzt. Zu Unrecht, wie ich wusste.
    Er schloss seinen Wagen auf, stieg ein und startete den Motor. Langsam rollte der Subaru vom Parkplatz.
    Deine Chance, Max Koller. Ich drehte mich auf dem Absatz um, eilte hinters Haus und suchte wie zuvor Schutz zwischen den Ginsterbüschen. Dann wartete ich. Hinter Schafstetts Balkon blieb es ruhig, Tür und Fenster waren verschlossen, nichts regte sich. Auch sonst war kein Mensch zu sehen. Wäsche flatterte auf einem der Balkone, die Radios spielten weiterhin leise Musik. Gelangweilt stolzierte die Katze vom Parkplatz über den Rasen. Plötzlich wandte sie sich um. Sie hatte gemerkt, dass ich ihr folgte.
    »Fort mit dir«, machte ich und nahm Anlauf. Ein Kinderspiel, auf Schafstetts Balkon zu gelangen. Niemand meldete sich, niemand protestierte. Nur die Katze musterte mich aus sicherer Entfernung. Ich schaute mich um. An der Wand lehnte ein zusammengeklappter Gartenstuhl. Den nahm ich in beide Hände, stellte mich vor die Balkontür, holte aus und schlug zu.
    Glas splitterte und fiel zu Boden, die Katze rannte davon, dann herrschte wieder Stille in Wieblingen. Was man so Stille nennt, in der Nähe einer Ortsumgehung.
    Na also. Lächerlich einfach, dieser kleine Einbruch. Und die gerechte Strafe für mein Rennrad. Ich griff durch die entstandene Lücke in der Scheibe, um die Tür von innen zu öffnen.
    Vorsichtig trat ich ein. Und fing an zu lachen.
    Heinz Schafstett war ein Spießer. Das Klischee eines deutschen Spießers! Traurig, wenn Vorurteile immer wieder bestätigt werden, aber es war nun mal nichts daran zu ändern. Die altbackenen Tapeten, die gerahmten Ölbilder, der Zimmerspringbrunnen, alles passte. Vor mir, mitten im Raum, stand eine monumentale braune Couchgarnitur, daneben ein Fernseher, kaum kleiner als ein Geländewagen. (Grundig, nicht Subaru.) In Griffweite ein niedriger Couchtisch mit Fernbedienung, TV-Programm, Zigarettenschachteln und einer Bierflasche. Und zwischen Couchgarnitur und Heimkino stand ein kleiner Hocker mit ausgebleichtem Kissen, der nur einem einzigen Zweck dienen konnte: des wackeren Hausherrn müdes Beinpaar in der Waagerechten zu halten, sobald sie in der Glotze Fußball oder blanke Titten brachten. Das Kissen hatte sogar Troddeln.
    Die Wohnung war nicht allzu groß. Ein kleines Schlafzimmer, eine noch kleinere Abstellkammer, lichtlos und unaufgeräumt, eine Küche, in

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