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Bergfriedhof

Bergfriedhof

Titel: Bergfriedhof Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gmeiner-Verlag
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Auf die Liebe, flüsterte er verschwörerisch, und dann mussten wir das Zeug kippen, wohl oder übel. An diesem Tag schwor ich mir, seinen Schuppen nie wieder zu betreten, doch schon einen Monat später hatte mich Christine wieder hingeschleppt. In kulinarischer Hinsicht kein Fehler.
    Olli ist Grieche. Behauptet er. Außerdem ist er ein furchtbarer Macho, die Brusthaare kriechen ihm aus dem Hemd, ab und zu greift er prüfend an sein Gemächte – alles noch da, alles noch dran! –, doch auf seine Küche lassen wir nichts kommen. Trüge sein Laden nicht diesen lächerlichen Namen, würden wir ihn sogar noch öfter beehren. Restaurant Romantik – unter dieser Leuchtreklame muss man sich erst einmal durchtrauen. Olli ist felsenfest davon überzeugt, dass ihm allein der Name 20 Prozent mehr Kundschaft bringt, während ich ihm entgegenhalte, wer sich von solchen Namen verleiten lasse, könne Pommes frites nicht von Spaghetti unterscheiden. Ich weiß nicht, wer von uns recht hat. Vielleicht beide.
    »Du willst mir nicht sagen, wer dich so zugerichtet hat«, fragte Christine. Nein, es war eher eine Feststellung als eine Frage. In dieser Beziehung ist sie entsetzlich rücksichtsvoll, meine Exgattin. Wenn sie spürt, dass Nachfragen unerwünscht sind, verzichtet sie darauf. Allerdings so, dass ich geradezu genötigt werde, für ihr Einfühlungsvermögen dankbar zu sein.
    Leider lasse ich mich nur ungern nötigen.
    »Keine Ahnung«, antwortete ich kurz angebunden.
    »Wie, keine Ahnung? Weißt du das nicht?«
    »Ja und nein. Wer mir das Veilchen verpasst hat, weiß ich wirklich nicht. Leider. Den Schmiss und all die anderen Beulen gab es vorhin gratis. Nichts von der großen Prügelei auf dem Marktplatz gehört?«
    Doch, hatte sie. Das Ereignis war keine drei Stunden alt, aber schon der halben Stadt bekannt. Man musste gar nicht dort gewesen sein, um zu wissen, wer sich daran beteiligt hatte.
    »Wenn ich es recht verstanden habe, hat sich dort die zerstrittene Linke zusammengerauft, um es dem Klassenfeind zu zeigen, oder?« Sie zündete sich eine Zigarette an der Tischkerze an.
    »So ungefähr.«
    »Und du bist dazwischengeraten?«
    Ich lachte. »Ja, aber nicht aus Versehen. Ich habe mich heldenhaft in den Kampf gestürzt.«
    »Warum das? Seit wann wirst du gegen die Rechten handgreiflich?«
    Ich lachte wieder, weil ich mich auf ihre Miene freute. »Ich hab nicht gegen die Rechten gekämpft. Sondern mit ihnen. Gegen die Linken.«
    »Wie bitte?«, rief sie und blies den Rauch über den Tisch. »Du willst mich verarschen!«
    Ich grinste sie frech an. Christine, muss man wissen, kommt aus einer gut sozialdemokratischen Familie, deren Maximen sie mit der Muttermilch aufgesogen hat. Sicher, auch sie rebellierte einst gegen diese Erblast. Mit einem halbjährigen Afrikaaufenthalt und ein paar Joints, glaube ich. Mit mehr nicht. Längst ist der familiäre Hausfrieden wiederhergestellt, macht sie brav ihr Kreuzchen an der richtigen Stelle und zieht gegen alles, was konservativ oder neoliberal ist, ins Feld. Geistige Sippenhaft nannte ich das mal. Jedenfalls funktionieren die alten Reflexe noch.
    »Du willst mich doch verarschen, Max!«, wiederholte sie.
    Sie sah gut aus, wenn sie sich ereiferte. Sie sah überhaupt gut aus, meine Christine. Was fand diese Frau nur an einem wie mir?
    »Ich will dich nicht verarschen. Ich spreche die volle Wahrheit.«
    Sie spielte mit der Kippe zwischen ihren Fingern. Ihre Augen verengten sich. Täuschte ich mich, oder war ihr Kinn härter, eckiger als sonst?
    »Einer der Burschen ist ein Klient von mir«, erklärte ich. »Beziehungsweise der Enkel eines Klienten. Das heißt, eines ehemaligen Klienten. Wie auch immer: Ich muss mit dem Kerl unbedingt sprechen und konnte nicht zulassen, dass er krankenhausreif geprügelt wird.«
    »Und deshalb hast du dich auf die Seite der Rechten geschlagen?«
    »Genaugenommen stand ich auf keiner Seite, sondern zwischen allen Fronten.« Der Narbenmensch, der im Brunnen baden ging, war mein Zeuge. »Außerdem: Wer sagt denn, dass die alle rechts sind?«
    »Ich«, antwortete sie kühl. »Sind sie. Reaktionäres Pack. Schau sie dir doch nur an.«
    »Hab ich ja. Clowns in Uniform, wenn du mich fragst. Witzfiguren. Aber Clowns gibt es in allen politischen Lagern.«
    »Solche nicht«, erwiderte sie heftig. »Militaristische Spätpubertierer – die gibt es nur rechts außen. Haben sie denn nicht die erste Strophe des Deutschlandlieds gesungen?«
    »Nicht einmal das

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