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Bergwasser: Ein Schweiz-Krimi (German Edition)

Bergwasser: Ein Schweiz-Krimi (German Edition)

Titel: Bergwasser: Ein Schweiz-Krimi (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabina Altermatt
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in einem Overall mit abgeschnittenen Ärmeln trat von einem Bein aufs andere. Offensichtlich war er nervös. Vielleicht hatte er etwas mit dem Raub der Barbara zu tun? Und jetzt plagte ihn sein schlechtes Gewissen. Julia musste über sich selber lachen. Spielte sie nun schon die Detektivin? Was ging sie das eigentlich an? Das war lediglich ein Stück Holz. Vielleicht musste er auch aufs Klo.
    Sie hatte recht. Als der Pfarrer fertig war, verzog er sich und lief in Richtung der Toi-Toi-Toiletten. Erst jetzt sah sie, dass Sandro direkt hinter dem Mann gestanden haben musste. Er schaute sie lange an. Sie konnte seinen Blick nicht deuten. Hatte er sie die ganze Zeit beobachtet?
    »Woher hatten Sie eigentlich so schnell eine neue Barbara?«, flüsterte sie Stettler zu.
    »Das ist die vom Zwischenangriff«, antwortete er.
    »Sie haben die Männer hintergangen?«
    »Glauben Sie an Statuen?«
    »Nein. Aber Sie können doch nicht einfach …«
    »Doch, ich kann«, fiel ihr Stettler ins Wort.
    Julia hatte ein ungutes Gefühl. Dann gab es am Zwischenangriff also keine Barbara mehr. Wenn das jemand bemerkte? Brachte so was nicht Unglück? Erneut musste sie über sich selber lachen.
    Maria saß am Morgen in der Kantine, als habe sie auf Julia gewartet. Neben ihr stand ein Gefäß mit einem Deckel.
    »Kann ich Sie etwas fragen?« Anscheinend hatte sie allen Mut zusammengenommen, um sie anzusprechen. Sie blickte Julia nicht in die Augen.
    »Aber natürlich.« Julia setzte sich zu ihr.
    »Könnten Sie mir einen Gefallen tun?«
    »Wenn es nichts allzu Kompliziertes ist.«
    »Ist es nicht. Sie können doch sicher Auto fahren.«
    »Ja klar.«
    »Ich kann es nämlich nicht.« Entschuldigend schaute sie auf die Tischplatte. »Ich habe es Antonio versprochen.« Sie griff zum Gefäß und nahm es auf den Schoß. »Die anderen mag ich nicht fragen.«
    Erst jetzt bemerkte Julia, dass es eine Urne war.
    »Ja, er ist da drin.« Maria strich über die Urne.
    »Aber Katholiken werden doch nicht kremiert.«
    »Er hat sich das so gewünscht. Er möchte auf der Alp Novai verstreut werden.«
    »Es gibt eine Alp, die Novai heißt?«
    »Sie hat dem Tunnel den Namen gegeben. Sie liegt etwa da.« Maria zeigte auf den Berg. »Können Sie mich da hinaufbringen? Das letzte Stückchen muss man zu Fuß gehen.«
    »Ja sicher, das mache ich gerne. Jetzt gleich?«
    »Wenn es Ihnen nichts ausmacht.«
    Julia hatte heute nichts vor. Das Ersatzteil war eingebaut, die Maschine lief. Sie musste lediglich noch einen Bericht schreiben, aber der konnte warten. Sie stand auf und streckte Maria die Hand hin. »Ich bin übrigens Julia.«
    Julia ließ sich im Baubüro den Schlüssel eines der Autos geben, die auf dem Parkplatz vor der Cantina Tschiervi standen. Sie trat auf die Kupplung und drehte den Zündschlüssel. Nach ein paar Leerläufen sprang der Motor an. Julia betätigte den Schalthebel und versuchte, den Rückwärtsgang einzulegen, um aus dem Parkplatz herauszufahren. Doch der Hebel klemmte.
    Maria schaute sie unsicher an. »Meinen Sie, Sie schaffen das?«
    »Ich bin schon mit größeren Maschinen klargekommen«, sagte Julia und drückte den Schalthebel mit voller Kraft. Der Gang rastete ein.
    Maria zeigte ihr den Weg. Sie fuhren durchs Dorf und dann auf einem Feldweg den Berg hinauf. Wiederkäuende Kühe standen auf den Wiesen und schauten vor sich hin.
    »Schön, dass sie hier noch Hörner haben«, sagte Julia.
    »Ja, sie haben ihnen ihre Würde gelassen«, antwortete Maria. Sie saß reglos neben Julia. Die Urne lag auf ihrem Schoß wie ein kleines Tier. Julia musste ein paarmal aussteigen, um die Gatter zu öffnen. Sie waren schon beinahe an der Waldgrenze. Von hier oben sah das Tal noch enger aus. Ein Schlund, der die Häuser in sich zu verschlingen drohte.
    Plötzlich sprang ein großer weißer Hund vors Auto und kläffte. Julia ließ das Fenster herunter und versuchte, das Tier zu beruhigen.
    »Fahren Sie weiter! Das ist ein Herdenschutzhund. Mit dem ist nicht zu spaßen. Der beschützt die Schafe vor den Bären.« Sie deutete den Berg hoch. Der ganze Abhang war weiß gesprenkelt.
    »Gibt es hier Bären?«, fragte Julia ungläubig.
    »Dieses Jahr ist keiner da, aber im letzten hat einer zehn Schafe gerissen.«
    Julia kurbelte das Fenster wieder hoch und fuhr langsam an, der Hund wich zur Seite.
    Das Stückchen zu Fuß, wie es Maria angekündigt hatte, war etwas untertrieben. Mehr als eine halbe Stunde gingen sie steil den Berg hinauf. Marias Lungen pfiffen,

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