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Berlin blutrot

Berlin blutrot

Titel: Berlin blutrot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: u.a. Sebastian Fitzek
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Kamera irgendwann einmal entdecken würden, bitte sehr; daran war nichts, das sich zu ihm zurückverfolgen ließ. Diese Dinger waren auf dem Markt Massenware. Heute Abend, wenn nichts mehr los war, würde er sie anbringen.
    „Vorzüglich“, hatte er gesagt und das Essen mit einem großzügigen Trinkgeld honoriert, „bis morgen, da probiere ich die Makrele.“
    Und tatsächlich, er war wiedergekommen. Am Freitag, am Samstag, am Montag, am Dienstag, am Mittwoch und noch eine weitere Woche lang. Da hatte er auf dem Bug gesessen und sich mit seinem Notebook beschäftigt, fleißig Zahlen aufgeschrieben und Krakel gemalt.
    Sie hatten ein wenig miteinander geplaudert, und der Mann hatte sich als Max Hinrichs vorgestellt, der einen Fotoband über die historischen Speicher Deutschlands machen wollte. Agnes war fasziniert, und Max Hinrichs versprach ihr, auch ihren Kutter darin zu erwähnen.
    Sie ertappte sich dabei, wie sie die Portionen für ihn großzügiger gestaltete, ansehnlicher auf dem Teller arrangierte und das Wasser für ihn schon vorher aus der Kühlung nahm, damit es die richtige Temperatur bekam. Er erschien stets um 10 Uhr, klappte sein Notebook auf, las die Zeitung. So hielt er sich jeden Tag bis gegen 13 Uhr bei ihr auf.
    Am vierten Tag war es bereits Gewohnheit, dass sich Agnes für eine Viertelstunde zu ihm setzte und sie miteinander plauderten.
    Am siebenten Tag fing sie an, ihm beim Abschied ein Fischbrötchen
    zuzuschieben.
    „Nimms mit, für nachher, Junge!“, lächelte sie und freute sich über sein: „Das ist wirklich lieb, Muttchen!“
    Samstags, am neunten Tag, überraschte er Agnes mit einer kleinen Topfpflanze, die sie sich in ihre kleine Kajüte stellte. Sonntag kam er nicht, und sie vermisste ihn ein wenig, als sie alleine auf dem Vordeck saß.
    Perle fühlte sich gut. Die Kamera hatte Spitzeninfos geliefert. Donnerstag würde er zuschlagen. Vormittags 11.15 Uhr. Wenn er den Angestellten im richtigen Augenblick an der Treppe zum Keller abfing, war der Rest ein Kinderspiel. Oben am Ausgang würde er ein Fahrrad deponieren, zur Sicherheit noch ein gestohlenes Auto auf dem Parkplatz abstellen und für alle Fälle eine U-Bahn-Karte einstecken. Dann war da noch die Option, durch die Straße der UFA-Fabrik zu verschwinden. Selbst wenn irgendein Hinweis zum Kutter führen würde, war das egal, dort würde er Donnerstag nicht mehr auftauchen, und Max Hinrichs gab es nicht, jedenfalls nicht in seinem Leben. Da gab es keinerlei Querverbindungen. Ein Pseudonym, dass Perle nur für die naive Alte auf dem Kutter erfunden hatte.
    Montags klangen seine vertrauten Schritte auf dem Steg, und Agnes Herz machte vor Freude einen Hüpfer. Sie fasste ihren ganzen Mut zusammen und fragte ihn, ob er ihr helfen würde.
    „Ja, aber natürlich“, war seine Antwort.
    Gemeinsam stiegen sie hinunter unter Deck, und Max, wie sie ihn inzwischen vertrauensvoll nannte, zog ihr den großen Kübel unter der schweren Platte hervor.
    „Mensch, da kann man ja ein Pferd drin kochen!“, hatte Max erstaunt bemerkt.
    „Der ist für Soljanka. Die haben Wilhelm und ich früher immer für die Besatzungen der Fischereiflotte gekocht, mit der wir rausgefahren sind. Jetzt putze ich sie jedes Jahr, wenn das
    Gesundheitsamt sich angemeldet hat.“
    Er merkte an, dass die Arbeit doch wohl langsam für sie alleine zu beschwerlich ist.
    „Ach, was solls. Ich habe ja nichts anderes wie dieses Boot, das mir Wilhelm überlassen hat. Was ich verdiene, reicht gerade so zum Leben, für Reparaturen und die Lieferungen vom Großmarkt.“
    Max bot ihr an, noch eine halbe Stunde mit anzupacken.
    Während sie den Soljankakübel reinigte, putzte Max den Knochenhäcksler, der wie der Soljankakübel aus der Zeit an der Küste stammte. Max fragte nach Wilhelm und erfuhr, dass Agnes ihren Wilhelm 1953 in Stolpmünde kennen gelernt hatte. Da war sie Vierzehn gewesen. 1959 war er dann eines Nachts über Bord gegangen, und sie war mit dem Kutter alleine.
    „Und kein neuer Mann“, hatte Max geschäkert. „Na ja“, kicherte Agnes anzüglich, zweideutig, „jedenfalls keiner mehr, der fest an Bord bleiben durfte.“
    Dienstag erwischte er sie dabei, wie sie sich einen Cognac einschenkte, und Agnes beichtete ihm, dass sie den für den Kreislauf bräuchte, der manchmal wegklappe.
    Am Mittwoch war Max unkonzentriert, ein wenig barsch. Gegen 13.12 Uhr machte er den unbeholfenen Versuch sich zu entschuldigen: „Dein Fischbrötchen werde ich wohl

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