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Berlin Gothic 4: Der Versteckte Wille

Berlin Gothic 4: Der Versteckte Wille

Titel: Berlin Gothic 4: Der Versteckte Wille Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonas Winner
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Schwesterchen, hast du nicht Lust, mitzukommen?“
    Till warf Lisa einen Blick zu. Er sah ihr an, wie sehr sie ihren Bruder liebte.
    „Andermal, Max, heute kann ich nicht.“
    „Bist du mit Felix verabredet?“
    Till stand auf, wie um deutlich zu machen, dass ihn das nicht sonderlich interessierte, obwohl auch er die ganze Zeit schon daran hatte denken müssen: Sie war mit Felix zusammen? Wirklich wahr? Mit einem Freund, einem früheren Kollegen ihres Vaters? Der mindestens doppelt so alt war, wie sie?
    Statt Max zu antworten, erhob sich Lisa ebenfalls und wandte sich an Till. „Rufst du mich nochmal an, bevor du fährst?“
    Till breitete die Arme aus, schloss sie um ihren Körper - und fühlte in dem kurzen Moment, in dem sie umschlungen beieinander standen, dass er nicht einfach so wieder abfahren konnte. Dass Lisa der eigentliche Grund dafür gewesen war, weshalb er nach Berlin gekommen war. Dass er mit ihr reden musste … nicht nur einmal zwischendurch im Café, sondern richtig!
    „Kann ich dich morgen sehen, morgen Abend vielleicht?“ Er löste die Arme und sah, wie sie ihr Gesicht ihm zugewandt hatte. Was in ihren Augen aufblitzte, war aber kein Lächeln, sondern eher so etwas wie Betroffenheit … oder Verletzlichkeit?
    „Ich meld‘ mich, ja?“ Sie drehte sich weg und reichte Max über die heruntergelassene Seitenscheibe des Cabrios hinweg die Hand. „Pass auf ihn auf, Max“ - dann hatte sich Lisa ganz abgewendet und lief auch schon die Straße hinunter.
    Warum hat sie sich so schnell weggedreht, ging es Till durch den Kopf, es schien ihm fast, als hätte sie versucht, ihr Gesicht zu verbergen …
    Die schwere Tür des Fahrzeugs sprang auf, Max hatte sich zur Seite gelehnt und den Hebel von innen betätigt. Till schwang sich auf den Beifahrersitz und zog die Tür hinter sich zu. Im gleichen Moment spürte er auch schon, wie er in die Polsterung gedrückt wurde. Max hatte beschleunigt und hieb mit der Rechten auf den CD-Player hinter dem Schaltknüppel.
    „ He left no time to regret “, sprang es aus den Boxen - und der harte Klang des Klaviers überzog die Geräusche der Stadt, die über ihnen zusammenschlugen.

3
     
    Heute
     
    „Merle? … Merle hörst du mich?“
    Die Tür des Wagens klackt - Merles Blick schwingt hoch und die Sonne gleißt direkt in ihre Augen. Sie spürt, wie ihre Pupillen sich zusammenziehen - aber sie hat das Gefühl, nicht blinzeln zu müssen. Geradewegs geht ihr Blick zwischen der Windschutzscheibe und der offenen Tür hindurch, an dem Haus vorbei, das sich am Straßenrand erhebt, zu dem glühenden Feuerball, der an der Häuserecke vorbeibrennt, hinein in die goldgelb strahlende Glut.
    Jemand zieht an ihrem Arm, sie fühlt, wie sie hochgewuchtet wird. Das Goldgelb des Sonnenballs sinkt zurück, der blaue Schatten des Neubaus, vor dem sie gehalten haben, übernimmt.
    Merle wankt über den Bürgersteig, Nele neben sich, die sie hergefahren hat und stützt.
    Ein Glastür zischt auf, das Haus verschluckt sie, Merles Blick senkt sich auf den Boden, die Fliesen …
    „Warten Sie hier - nicht, NEIN!“
    Merles Augen tasten über den Bodenbelag, sie spürt den Druck von Neles Hand auf ihrem Arm.
    „Wir KÜMMMERN uns um sie, es dauert nicht lange - bitte nehmen Sie Platz!“
    „Es geht ihr nicht gut“ - das ist Neles Stimme - „wir können nicht Platz nehmen - “
    Merle hört Schritte, die sich rennend nähern.
    „Dort!“
    „Ja … ja - ist gut.“
    Sie sieht die weißen Hosen eines Sanitäters, der lockere Griff von Nele entschwindet, zwei Männerhände packen sie, drücken -
    „NEIN!“
    Merle verliert das Gleichgewicht, stürzt, sieht sich schon mit dem Gesicht flach auf den Boden schlagen -
    da knallt etwas in ihre Kniekehlen, ihre Beine knicken ein, sie sackt in einen Sitz -
    und spürt, wie eiskalte Wut sie überzieht.
    „WAS … “
    Hakt ihr Kiefer?
    Ihre Lippen ziehen sich von den Zähnen zurück.
    „Aaaaarg“, kommt es heraus, dabei hat sie doch nur sagen wollen -
    „Rrrrraaag - “
    Die Männerhände - sind es vier, sechs, acht? - pressen Merle in den Rollstuhl, scheinen sie daran festschrauben, ja: festnageln zu wollen.
    Es reißt in ihrer Lunge. Ihre Zunge schiebt sich zwischen die Zähne nach vorn, immer weiter, als ob sie sich aus ihrem Rachen lösen wollte.
    „Näääälääää … “ Nele muss ihr doch helfen - was tun sie denn mit ihr!?
    Ein breites Lederband schließt sich um Merles Handgelenk.
    Ihre Augen drehen sich in den Höhlen, schon

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