Berlin-Krimi 03 - Notlandung
Vorwand, das zu tun, was wir schon lange tun wollten, uns aber nicht zu tun getraut haben. Jetzt fahren wir das Ding eben an die Wand, und wie es aussieht, machen wir das richtig gut.«
Beryl sagte eine ganze Weile nichts, ihr war nach Heulen zumute.
»Ich würde jetzt gerne sagen: Lasst es sein, vergesst es und kümmert euch nicht weiter um mich. Aber, um ehrlich zu sein, ich wüsste nicht, was ich ohne euch machen soll! Ich brauche euch, auch wenn ich nicht weiß, wie ich das alles jemals wiedergutmachen kann.«
»Mach bloß nicht so ein Gesicht, sonst werde ich noch größenwahnsinnig.«
Eine Stunde später schlenderten Beryl und Stefanie über den Flughafen Frankfurt in Richtung des Abflug-Gates der Maschine nach Berlin.
Stefanie war auf der Toilette, als Beryl eine Maschine der Filomena Air am Fenster vorbeirollen sah.
»Was für eine Woche: Denis stellt sich als Arschloch heraus, mein ganzes Beziehungsleben steht infrage, und plötzlich habe ich Freunde, die für mich durch dick und dünn gehen. Begreifen tue ich das alles nicht!«
20
Sami und Alexandra aßen, wie jeden Abend, zusammen in Samis Büro. Fast alle wichtigen Entscheidungen der Saab Equity wurden beim Abendessen getroffen. Das Essen wurde von einem teuren und bekannten Restaurant geliefert, das auch den Tisch eindeckte und für die Getränke sorgte. Für Sami war der Moment, wenn er sich an den Tisch setzte, der Abschied vom Tagesgeschäft. Die operativen Geschäfte und all die lästigen Kleinigkeiten, um die er sich sonst kümmern musste, blieben auf seinem Schreibtisch zurück und machten Platz für die strategischen und grundsätzlichen Fragestellungen und Entscheidungen der Saab Equity.
Er praktizierte das Ritual schon seit einigen Jahren. Früher hatte er immer allein gegessen und alle wichtigen Entscheidungen allein getroffen. Aber seit einigen Monaten war Alexandra von Wieland dabei. Alexandra war in München aufgewachsen, und nach dem Studium hatte sie in einer Investmentbank in London angefangen. Hier war sie Sami aufgefallen, der sie in seinen Stab aufnahm. Sami erkannte schnell ihr Talent, und nach einigen Monaten war sie seine engste Mitarbeiterin geworden. Sie war intelligent, schnell und vor allem gründlich. Und damit war sie die ideale Ergänzung zu seinem eigenen Arbeitsstil, der eher intuitiv und oft sehr chaotisch war. Auch wenn es wenig bekannt war, Sami Saab hatte nicht nur Erfolge gehabt. Im Gegenteil, er hatte auch Fehler gemacht, viele Fehler, und dabei hatte er auch viel Geld verloren. Aber das hing er nicht an die große Glocke, ganz im Gegensatz zu seinen Erfolgen. Diese Erfolgsstorys waren es, die ihn zu einem Mythos hatten werden lassen. Und der Mythos war gut fürs Geschäft. Warum also daran kratzen? Misserfolge gehörten zu seinem Business, und er ging hohe Risiken ein. Dass er manchmal verlor, war unerheblich. Das Entscheidende war, dass er öfter gewann als verlor. Ohne Risiken war sein Geschäft schlicht und einfach nicht vorstellbar. Trotzdem war er bemüht, die Misserfolgsrate zu drücken. Manche Misserfolge waren unvermeidlich gewesen, oft war er nur um Haaresbreite am Erfolg vorbeigeschlittert, eine Kleinigkeit war anders verlaufen als erwartet. So war eben das Business. Aber es gab eine Reihe von Projekten, die hätte man nicht anfassen dürfen. Wenn man genauer hingesehen hätte, hätte man wissen können, dass die Projekte keinen Erfolg haben würden. Aber in bestimmten Situationen fehlte ihm einfach die Disziplin, alles auszuwerten, was an Informationen da war. Ganz anders Alexandra, sie war für ihn der Prototyp des Deutschen. Sie war unendlich gründlich, genau und diszipliniert, deshalb fand sie oft das Haar in der Suppe, das er übersehen hatte. Sie verdiente viel Geld bei ihm, aber sie hatte ihm noch mehr Geld eingebracht. Zudem sah sie gut aus, und sie hatte Humor. Beide waren inzwischen eng befreundet und lachten viel. Wer hatte je behauptet, dass die Deutschen keinen Humor hätten?
»Du hast die Informationen über Filomena Airways gelesen?«, fragte sie ihn. Es war eine rein rhetorische Frage, um das Gespräch gleich auf das Thema zu lenken, das sie selbst am meisten interessierte.
Sami nickte. Als er die Zusammenstellung der wichtigsten Unterlagen gelesen hatte, waren auch die Informationen dabei gewesen, die Michele von Susanne erhalten hatte. Die Abteilung Business Intelligent hatte hervorragend gearbeitet und sofort damit begonnen, die Geschichte zu verifizieren. Sie mussten
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