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Bernhard Gunther 01 - Feuer in Berlin

Bernhard Gunther 01 - Feuer in Berlin

Titel: Bernhard Gunther 01 - Feuer in Berlin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip Kerr
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Bosse, die Anfang 1933 bei einem geheimen Treffen im Präsidentenpalast anwesend waren, bei dem Hitler und Göring die künftige Wirtschaftspolitik der Nationalsozialisten erläuterten. Wie auch immer, diese Bosse waren aufgrund von Hitlers Versprechen, er werde die Bolschewiken ausschalten und das Heer wieder aufbauen, bereit, mehrere Millionen Mark in die Parteikasse zu zahlen. Diese

    junge Liebe war nicht von Dauer. Wie viele andere deutsche Industrielle, tritt auch Six für Ausweitung des Handels und für industrielles Wachstum ein. Besonders im Hinblick auf die Stahlindustrie zieht er es vor, seine Rohstoffe im Ausland zu kaufen, weil sie dort billiger sind. Göring ist jedoch anderer Meinung und glaubt, Deutschland könne sich mit Eisenerz, wie mit allen anderen Rohstoffen, selbst versorgen. Er glaubt, Verbrauch und Exporte ließen sich in einem kontrollierten Gleichgewicht halten. Es ist leicht einzusehen, warum.» Sie machte eine Pause und wartete darauf, daß ich ihr erklärte, was so leicht einzusehen war.
    «Ist es das?» fragte ich.
    Sie rümpfte die Nase, seufzte und schüttelte zugleich den Kopf. «Natürlich ist das leicht einzusehen. Die Sache ist ganz einfach die, daß Deutschland sich auf einen Krieg vorbereitet und die konventionelle Wirtschaftspolitik deshalb nur geringe oder gar keine Bedeutung hat.»
    Ich nickte verständig. «Ja, ich verstehe, was Sie meinen.» Sie setzte sich wieder in den Lehnsessel und verschränkte die Arme.
    «Ich habe mit jemandem gesprochen, der noch bei der DAZ arbeitet», sagte sie, «und er sagt, es ginge das Gerücht, Göring werde in ein paar Monaten die Kontrolle über den zweiten Vierjahresplan für die Wirtschaft übernehmen. Angesichts seiner erklärten Absicht, staatseigene Fabriken für Rohmaterialien zu errichten, um die Versorgung mit strategischen Vorräten sicherzustellen, wie zum Beispiel Eisenerz, können Sie sich vorstellen, daß Six über diese Möglichkeit alles andere als glücklich ist. Sie müssen wissen, daß die Stahlindustrie während der Depression beträchtliche Überkapazitäten produziert hat. Six zögert, die Investitionen zu billigen, die nötig sind, um Deutschland zum Selbstversorger in Eisenerz zu machen, weil er weiß, daß er, sobald der Boom der Aufrüstung vorüber ist, massiv überkapitalisiert

    dastehen wird: Er produziert teures Eisen und teuren Stahl, weil seine Produktions kosten hoch sind und er inländisches Eisenerz verwenden muß. Wegen seines hohen Preises wird er nicht in der Lage sein, deutschen Stahl im Ausland zu verkaufen. Natürlich versteht es sich von selbst, daß Six Geschäfte machen will, um die Initiative in der deutschen Wirtschaft zu behalten. Und ich schätze, daß er alles dransetzen wird, die anderen führenden Industriellen dazu zu überreden, sich seinem Widerstand gegen Göring anzuschließen. Niemand kann sagen, wozu er fähig ist, wenn sie ihn nicht unterstützen sollten. Er ist sich nicht zu fein, auch schmutzige Methoden anzuwenden. Ich habe den Verdacht, wohlgemerkt, es ist bloß ein Verdacht, daß er Kontakte zur Unterwelt hat.»
    Die Ausführungen über die deutsche Wirtschaftspolitik waren mehr oder weniger unwichtig, dachte ich, aber Six und die Unterwelt, das interessierte mich wirklich.

« Wie kommen Sie zu diesem Verdacht? »
    « Nun, zuerst gab es da einen Streikbruch, der sich während des Stahlstreiks ereignete», sagte sie. « Einige der Männer, die Arbeiter zusammenschlugen, hatten Verbindungen zur Unterwelt. Viele von ihnen waren ehemalige Straftäter, Mitglieder eines Ringvereins, einer dieser Gesellschaften zur Rehabilitierung K,rimineller, Sie wissen schon.»
    « Können Sie sich an den Namen dieses Ringvereins erinnern?» Sie schüttelte den Kopf.
    « Er hieß nicht zufällig (Deutsche Kraft>?»
    « Ich erinnere mich nicht.» Sie dachte nach. « Ich könnte eventuell die Namen der verwickelten Leute rauskriegen, wenn Ihnen das hilft.»
    « Versuchen Sie's », sagte ich, « und alles, was Sie sonst noch über diesen Streik bruch rauskriegen können, wenn's Ihnen nichts ausmacht.»
    Sie erzählte noch viel mehr, aber ich hatte für meine fünfundsiebzig Mark bereits genug gehört. Jetzt, da ich mehr über meinen zurückgezogenen, verschwiegenen Klienten wußte, hatte ich das Gefühl, mich richtig ins Zeug legen zu können. Und jetzt, nachdem ich sie hatte ausreden lassen, kam mir der Gedanke, daß sie mir von Nutzen sein konnte.
    « Wie würde es Ihnen gefallen, für mich zu

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