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Bernie und Chet

Titel: Bernie und Chet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Spencer Quinn
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Mann sprach als Erster. »E in schönes Tier«, sagte er. Seine Art zu sprechen erinnerte mich ein bisschen an Boris, aber er klang nicht ganz so merkwürdig.
    »F inden Sie, Boss?«, sagte Harold.
    »E r mir hat viel Ärger gemacht, Mr Gulagow«, sagte Boris. »E r mich hat sogar in Arm gebissen.« Er hielt seinen Arm hoch. »S ehen Sie – Pflaster.«
    Mr Gulagow sah sich den Arm von Boris nicht an. Er sah mich an. Seine Augen waren klein und farblos, und dann lagen sie auch noch unter seinen buschigen Augenbrauen im Schatten. »V ielleicht könnten wir ihn abrichten.«
    »U m was zu machen?«, fragte Harold.
    »U m mit anderen Hunden zu kämpfen natürlich«, sagte Mr Gulagow. »I ch glaube, in Mexiko ist man ganz versessen auf Hundekämpfe. Ich habe darüber nachgedacht, zu investieren.«
    »S pringt dabei raus Geld?«, fragte Boris.
    »W o gespielt wird, da ist auch Geld«, sagte Mr Gulagow. »D as kannst du dir merken, Boris.«
    »J a, Sir.«
    »I ch werde es mir auch merken«, sagte Harold.
    Mr Gulagow achtete nicht auf Harold. Er musterte mich. »J a, ein schönes Tier. Hol ihm ein paar Knochen.«
    »K nochen?«, sagte Boris.
    »Z ur Belohnung.«
    »B elohnung?«, sagte Boris. »E r ist Feind.«
    Mr Gulagow lächelte. Für einen Menschen hatte er riesige Zähne, und sie waren sehr hell, die hellsten Zähne, die ich jemals gesehen hatte. »P ass nur auf, Boris. Ich mache einen Freund aus ihm.«
    »M it Knochen?«
    »S icher, mit Knochen, aber nicht nur mit Knochen. Es gibt Belohnungen und es gibt Strafen. Das ist Mathematik, Boris. Belohnung plus Strafe ist gleich Ergebenheit.«
    »D er Hund Ihnen ist ergeben?«
    »H undertprozentig«, sagte Mr Gulagow. »E r wird für mich leben und für mich sterben. Aber erst müssen wir ihm einen Namen geben.«
    »I ch glaube, er hat schon einen«, sagte Harold. »D a, auf seinem Hals…«
    Mr Gulagow sah den Fahrer scharf an, der Fahrer verstummte. »W ir nennen ihn Stalin.«
    »S talin? Wie der Kerl, der …«
    »M it diesem Namen verbindet sich eine Botschaft«, sagte Mr Gulagow. Er zündete sich eine dicke Zigarre an, sprach mit der Zigarre im Mund weiter. »B ringt Stalin nach hinten zur Scheune.«
    Das alles ging ziemlich schnell, war schwer zu verstehen. Aber diesem Typen ergeben? Niemals. Und mein Name war Chet, schlicht und einfach Chet.
    Sie gingen alle weg, auf irgendwelche Gebäude zu. Wir waren auch mal auf einer Ranch gewesen, Bernie, Charlie, Leda und ich – habe ich das schon erwähnt? Das hier erinnerte mich ein bisschen an diese Ranch, abgesehen davon, dass alles ziemlich runtergekommen war und es keine Pferde gab; das war mir sofort klar, weil es nicht nach Pferd roch. Hinter den Gebäuden erhob sich ein steiler, felsiger Hang, sehr hoch, mit einem Kaktus hier und da. Außer diesem Hügel gab es nichts: ringsum nur Wüste, und der Wind, der ein lautes Heulen von sich gab, als würde er ganz stark wehen, obwohl ich auf meinem Fell keinen Wind spüren konnte.
    Ein Motor sprang an, und hinter einem der Gebäude tauchte ein gelber Gabelstapler mit Harold am Lenkrad auf. Gabelstapler kannte ich von einem Fall, einem Lagerhausdiebstahl, den Bernie und ich vor einiger Zeit aufgeklärt hatten. Der Gabelstapler kam näher und blieb stehen. Dann senkte sich die Gabel mit einem leisen Quietschen. Das Ding fuhr noch näher an mich ran, schob seine Gabel unter den Käfig. Harolds Gesicht war ganz nah. Ich mochte dieses Gesicht mit der einen dicken Augenbraue nicht, kein bisschen.
    »B rav, Stalin«, sagte Harold.
    Ich überlegte keine Sekunde, sondern sprang einfach los und stürzte mich auf ihn. An den Käfig dachte ich überhaupt nicht mehr, bis ich gegen die Stäbe knallte und auf dem Boden landete. Danach war ich ein bisschen benommen, sodass ich von Harolds Gelächter kaum etwas mitbekam.
    Wir fuhren langsam auf die Gebäude zu – ein langgestrecktes niedriges Haus, eine Scheune, ein paar Schuppen – rissige Holzwände, abgeblätterte Farbe, ein, zwei zerbrochene Fenster. Harold fuhr um die Scheune herum, ließ den Käfig runter, setzte zurück und fuhr weg.
    Es war sehr still. Die Sonne stieg höher. Die Temperatur auch. Ich roch kein Wasser, nicht im Käfig, nirgendwo. Ich war ziemlich durstig. Ich lief hin und her. Speichel begann mir aus dem Maul zu laufen, er schäumte sogar ein bisschen. Ich legte mich hin. In dem Moment entdeckte ich ein großes schwarzes Loch am Fuß des felsigen Hügels auf der anderen Seite und verrostete Gleise, die hineinführten.

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