Beruehre meine Seele
mit einer Hand auf und grinste mich herausfordernd an. Ich schob mich an dem Reaper vorbei, den sonst niemand sehen konnte, und Alec runzelte die Stirn, als ich ihm die Coladose reichte und mich wieder auf die Couch setzte, dieses Mal so, dass ich sowohl ihn als auch Sabine ansehen konnte. „Heißt das, wie es klingt?“, fragte er.
„Ja.“ Schulterzuckend öffnete ich die Dose. „Mit einem einzigen Satz hat sie es geschafft, dir ein anzügliches Angebot zu machen, ihren Anspruch auf meinen Freund anzumelden und mich daran zu erinnern, dass ich in vier Tagen tot sein werde.“
Sabine grinste noch immer. „Ich bin eben gewöhnungsbedürftig.“
„Nun, ich hab’s lieber ruhig und gemütlich, aber danke für das Angebot“, meinte Alec. Sabine steckte die Abfuhr mit einem lässigen Achselzucken weg, während Alec sich wieder an mich wandte. „Ich traue mich schon fast nicht zu fragen, aber … wie kommt es, dass ihr beide auf derselben Seite steht? Gibt es einen Grund dafür? Und wofür könnt ihr mich vielleicht gebrauchen?“
„Genau, was hast du noch vor, kleine Banshee?“, bemerkte Thane jetzt. Er hatte sich lässig zurückgelehnt, so als würde er eine Liveshow genießen, die nur für ihn aufgeführt wurde.
„Ich hatte nicht die Absicht, dich da mit reinzuziehen, aber da du schon mal hier bist … Was weißt du über Inkuben?“
Für einen Moment starrte Alec mich perplex an, die braunen Augen weit aufgerissen, dann kniff er sie besorgt zusammen. „Brauchst du eigentlich jemals Hilfe bei normalen Sachen?“
Ich hob eine Augenbraue. „Auf meinem Schoß sitzt ein Wachhund aus der Unterwelt, und ich weiß schon jetzt, dass ich in vier Tagen sterbe.“ Bei der Vorstellung zog sich mein Magen schmerzhaft zusammen. Und ich werde von dem Reaper belästigt, der den Auftrag hat, mich umzubringen . „Ich kann mich nicht einmal mehr daran erinnern, was normal ist, Alec.“
„Das mit deinem Sterbedatum nimmst du ziemlich gelassen hin“, sagte Alec leise. Er studierte mich und suchte nach Rissen in meiner gefasst wirkenden Fassade.
„Da hat er recht, ich sehe das auch so.“ Thane beugte sich vor und imitierte Alecs Blick. Der Drang, ihm einen Kinnhaken zu verpassen, war fast genauso stark wie die Panik, die seine Anwesenheit in mir auslöste. Schließlich war es eine krasse Erinnerung an meinen bevorstehenden Tod. „Das können wir aber nicht zulassen, oder? Hmm …“ Damit verschwand Thane, und ich atmete erleichtert aus, trotz seiner ominösen letzten Worte.
Styx legte den Kopf auf mein Knie und döste ein, während ich mich wieder ganz auf die Unterhaltung konzentrierte. Ich war entschlossen, meine Probleme wenigstens für eine kleine Weile zur Seite zu schieben, ein Luxus, der sich rasant auflöste, genau wie meine Lebenserwartung.
„Die Ruhe ist nur äußerlich, glaub mir. Also, was kannst du uns über Inkuben erzählen?“
Meine Antwort löste ein Stirnrunzeln bei Alec aus, aber er überging den Punkt. „Was weißt du denn bisher schon?“
Ich setzte die Coladose auf dem Tisch ab und begann, an den Fingern abzuzählen. „Sie sind männlich. Sie ernähren sich von Lust. Jedes Jahrhundert oder so durchlaufen sie irgendeine komische Fruchtbarkeitsphase. Und einer von ihnen gibt Mathe an unserer Schule.“
„Hoppla …“ Alec richtete sich gerade auf und ließ seinen Blick abwechselnd zwischen mir und Sabine hin- und herwandern. „Einer eurer Lehrer ist ein Inkubus? Und wie kommt ihr darauf?“
„Bestimmt nicht, weil er vorn an der Tafel steht und singt: ‚Ich bin ein Lustdämon, kommt und fallt über mich her.‘“ Sabine zog den Verschluss von ihrer Dose.
„Er ist erst seit sechs Wochen bei uns.“ Ich streichelte der schlafenden Styx übers Fell. „Er kam als Ersatz für Mr Wesner. Sabine wusste, dass er kein Mensch ist, aber wir hatten keine Ahnung, was mit ihm nicht stimmt, bis Danica Sussman Freitag mitten in der Mathestunde eine Fehlgeburt erlitt. Wie sich dann herausgestellt hat, war das Baby nicht von ihrem Freund.“ Ich bemühte mich, nicht an das Bild zu denken, wie Danica blutend auf dem Boden lag.
„Aha.“ Alec fuhr sich mit der Hand durch die dichten schwarzen Locken. „Also gut, fangen wir mit den Fakten an.“ Er öffnete seine Dose und nahm erst einen Schluck. „Es stimmt, Inkuben sind männlich und ernähren sich von Lust, entweder indirekt – so wie man Sonne an einem warmen Tag tankt – oder direkt, was bedeutet, dass … nun, so ziemlich genau das,
Weitere Kostenlose Bücher