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Beruehrt

Beruehrt

Titel: Beruehrt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Lyall
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seine Grimassen und Verrenkungen lachen. Schließlich kniete er sich auch noch vor ihr hin und flehte mit Stummfilmstar-Wimpernschlag um Gnade. »Eure Hoheit, erspart mir das Verlies, ich will’s nie wieder tun, bei meiner Ehre!«
    Rachel konnte ihm nicht mehr böse sein. »Na, dann steh auf, du Hofnarr«, erlaubte sie gnädig und reichte ihm huldvoll die Hand zum Kuss. »Ich erbiete Ihm denn also meine Freundschaft.«
    Caleb verbeugte sich tief und wiederholte ebenso theatralisch: »Freundschaft denn, auf ewig der deine, äh, Ihre, Eure, meinte ich. Deal!«
    Humphrey schob in einiger Entfernung seinen Rasenmäher vorbei und schüttelte sparsam den Kopf.

8
    D ie Tage vergingen und Rachel zermarterte sich immer noch in jeder unbeschäftigten Minute das Hirn darüber, was Caleb und Grayson für ein Problem miteinander hatten. Noch dazu fragte sie sich ständig, was sie falsch gemacht haben könnte oder warum sich Grayson einfach aus dem Staub gemacht hatte. War er wirklich ein Frauenaufreißer, wie alle im Schloss glaubten? Nicht bindungsfähig, nur auf schnelle Nummern und kurze Affären aus? Sie war immer noch stinkwütend auf ihn. Jetzt wollte sie erst recht wissen, was hinter all den Gerüchten steckte und warum zum Kuckuck niemand darüber reden wollte.
    Rachel tat ihr Möglichstes, um sich abzulenken. Ihre Freundin Becky war irgendwann mal auf die Idee gekommen, sich dreißig Tage am Stück zu Aktivitäten zu zwingen, um Tiefschläge zu überwinden. Das war eine hervorragende Therapieform und hatte schon einmal mehr oder weniger gut funktioniert. Diesmal musste sie nur ungefähr doppelt so lang durchhalten. Oder noch länger.
    Also ging sie tapfer mit der Clique schwimmen, Eis essen, Badminton spielen, bummeln, minigolfen; ließ sich zum Surfen überreden und gab es gleich wieder auf, nachdem sie geschätzte anderthalb Liter Ärmelkanal getrunken hatte. Sie ließ sich den kompletten Campus zeigen und nahm Wetten an, wie sehr sie sich an den Einführungstagen im September langweilen würde. Der Therapieerfolg war eher mittelmäßig, doch sie machte dickköpfig weiter. Das ging sogar so weit, dass sie sich in Calebs Musikkeller wagte – in den kleinen Übungsraum seiner Band.
    Caleb zeigte sich die ganze Zeit über von seiner charmantesten Seite. Er startete keinen einzigen Annäherungsversuch – wahrscheinlich hatte er Rachels unmissverständliche Drohung ernst genommen, dass es dann Essig und aus wäre mit der Freundschaft. Sie verkniffen sich beide, über Wölfe im Allgemeinen und den einen im Besonderen zu reden.
    Trotzdem gab es immer wieder Phasen, in denen Rachel allein in ihrer Wohnung hockte und das petrolfarbene Hemd aus dem kleinen Karton unterm Bett hervorholte. Mal vergoss sie mehr, mal weniger Tränen darin, lag grübelnd in der Badewanne, starrte zum Fenster hinaus oder textete den Rosenbusch zu. Während dieser ganzen Zeit hoffte sie auf irgendein Lebenszeichen von oben – sei es im Briefkasten, an der Türklinke, auf dem Anrufbeantworter oder einfach nur irgendein klitzekleines Geräusch aus dem dritten Stock. Doch es tat sich nichts, auch nicht, als sie das blöde Telefon einmal heftig durchgeschüttelt und fast auseinandergebaut hätte. Dafür stand irgendwann Caleb auf der Matte und fragte sie, ob alles in Ordnung sei. Als ob er einen sechsten Sinn für ihre technischen Schwierigkeiten hätte! Netterweise nahm er sich sofort Rachels Telefons an und befestigte mit dem kleinsten Schraubendreher der Welt irgendetwas im Hörer, das anscheinend verrutscht gewesen war.
    Inzwischen war Rachels Knie verheilt und noch immer keine Spur, kein einziges Lebenzeichen von Grayson.
    Nach wie vor spazierte Rachel jeden Tag zu dem alten Rosenbusch, um sich stumm mit ihm zu unterhalten. In Sachen Liebeskummer war er ihr einziger Vertrauter. Sie bildete sich sogar ein, dass ihm die Aufmerksamkeit und natürlich die Bananenschalen guttaten und er sich ein wenig erholte. Humphrey betrachtete ihr Tun mit Wohlwollen, so verkehrt konnte es also nicht sein. Schließlich hatte sie ihn schon ein paar Mal – erstaunlich agil für sein Alter – Studenten mit der Forke scheuchen sehen, wenn sie sich seinen Pflanzen gegenüber schlecht benommen hatten.
    Nur das Malen verkniff sie sich immer noch weitgehend. Das ließ zu viel Raum zum Nachdenken und Grübeln. Diverse angefangene Leinwände waren mit dem Gesicht zur Wand im Schlafzimmer gelandet. Und denen war es damit noch weit besser ergangen als den Zeichnungen, die

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