Beruehrt
Talent, mich zu erschrecken, weißt du das?« Vorsichtig hob sie die Maschen ihres Jäckchens aus den kleinen Dornen. Caleb kniete sich neben sie, um ihr zu helfen.
»Tut mir leid«, murmelte er.
»Was genau tut dir denn leid? Das hier oder dein Auftritt neulich?« Ärgerlich wehrte sie seine ungeschickten Zupfversuche ab und nestelte alleine weiter. »Lass mal, das gibt sonst nur Laufmaschen.«
»Schätze, beides«, gab Caleb zerknirscht zu und ließ die Hände sinken. »Als du da auf einmal mit … ihm … aufgetaucht bist, ist es wohl mit mir durchgegangen. Ich schätze, ich hab mich nicht gerade super benommen.«
»Darauf könntet ihr euch beide sogar die Hand geben. Aber das werdet ihr wohl kaum. Ich habe inzwischen kapiert, dass ihr nicht gerade die besten Freunde seid. War ja kaum zu übersehen. Aber warum, würde mich interessieren.«
Caleb zischte abfällig. »Wer will schon mit dem befreundet sein?«
»Ich zufällig«, erklärte Rachel und richtete sich auf.
»Das hat man gesehen«, platzte Caleb heraus. Rachel strich im Geiste die absurde Schnapsidee, Caleb spontan in ihren Liebeskummer einzuweihen.
»Er weiß wenigstens, wie man sich entschuldigt«, schoss sie zurück. Sofort wurde ihr heiß, als sie daran denken musste, welche Richtung seine Entschuldigung genommen hatte. Sie pflückte eine weitere Masche ihres Jäckchens aus den Rosen. Auf jeden Fall musste sich Grayson für das abrupte Ende ihrer Verabredung ordentlich was einfallen lassen, so einfach würde sie ihm nicht verzeihen. Und schon gar nicht würde das mit Sex gutzumachen sein. Noch nicht mal mit so unglaublichem, phänomenalem … wenn er überhaupt zurückkehrte, beziehungsweise wann. Aber er wohnte ja schließlich hier, und solange nicht die Möbelpacker …
»Hallo, Rachel?« Caleb wedelte ihr mit der Hand vor dem Gesicht herum.
»Was?«
»In welchen Sphären schwebst du denn grade?«
»Nirgends«, log sie. »Haut Grayson eigentlich öfter mal einfach ab?«
»Der kommt und geht, wie es ihm gefällt.« Caleb sah sie verkniffen an. Er öffnete den Mund, um etwas zu sagen, überlegte es sich dann doch anders. »Wieso werdet ihr Mädchen eigentlich nicht schlauer? Was hat dieser Typ an sich?«, fragte er schließlich.
»Das war einfach nur 'ne Frage«, erwiderte Rachel kratzbürstig. Wie war sie nur auf die intelligente Idee gekommen, ausgerechnet Caleb auf Grayson anzusprechen?
»Hast du was mit ihm angefangen? Wart ihr miteinander im Bett?«, wollte Caleb wissen.
»Hast du 'ne Macke?«, fragte Rachel und sprang auf. »Das geht dich gar nichts an!« Sie drehte sich um und stampfte davon.
»Hey! Tut mir leid, okay? Beruhige dich!« Caleb rannte ihr nach und zupfte sie am Ärmel. Rachel schüttelte ihn bockig ab, blieb aber stehen.
»Bitte, hör auf mich. Der Typ ist einfach nicht gut für dich, Rachel.«
»Das hab ich schon mal gehört!«, schimpfte sie bitter. Ihr Kinn bebte. »Was sollen diese ganzen bescheuerten Anspielungen und schwammigen Andeutungen? Warum sagt ihr mir alle nichts? Was ist das für ein Unfall, von dem sogar Humphrey redet?«
»Ich weiß so gut wie gar nichts darüber.«
»Na klar!«, Rachel hob resignierend die Arme und ließ sie wieder sinken. »Warum auch?«, lamentierte sie.
»Lass uns einfach das Thema wechseln, okay?«, lenkte Caleb ein. »Frieden?«
Rachel schnaufte und pustete sich die Haare aus der Sicht. Cornwall! Mann, war sie genervt! Die waren hier auf dem Land alle ja so was von stur und geheimniskrämerisch – wie aus einem Jane-Austen-Roman oder einer Rosamunde-Pilcher-Verfilmung. Und das im 21. Jahrhundert. Echt! Sie schnaufte noch einmal und schluckte ihre Wut schließlich mühsam hinunter.
»Okay«, brummte sie mürrisch. Die beiden gingen eine Weile schweigend nebeneinander über den Rasen.
»Das hat schön geklungen, neulich, als du unter der Dusche gesungen hast«, sagte Caleb plötzlich.
»Wie kommst du denn jetzt darauf?« Sie sah ihn entgeistert an.
»Das haben Themenwechsel so an sich«, erklärte er verschmitzt und war schon wieder ganz der Alte. »Wenn du Bock hast, könnten wir ja mal zusammen ein bisschen Musik machen. Ich hab in so 'nem Musikladen in der Stadt jede Menge Chris-de-Burgh-Noten gefunden.«
Rachel blieb stehen und sah ihn warnend an. Caleb hob sofort die Hände. »Ganz ohne Hintergedanken. Ehrlich, ich schwöre! Es muss auch nicht The Tower sein«.
»Idiot!« Rachel rannte ihm nach, als er im Zickzack vor ihr flüchtete, und musste bald doch über
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