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Besessen

Besessen

Titel: Besessen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Armintrout
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Badezimmertür schlug zu, und der Klang des Riegels war, als ob ihm jemand Eis auf den Bauch geschüttet hätte.
    Cyrus hatte es nicht so genossen wie in alten Tagen. Früher, als er ein Vampir gewesen war, hätte er keinen einzigen Gedanken an seine Tat verschwendet. Jetzt regte sich sein Gewissen, ein Stachel, den er nach seiner Verwandlung ziemlich gut in den Griff bekommen hatte. Warum konnte er es jetzt nicht ignorieren? Ganz sicher kam er auch ohne ein Gewissen blendend aus.
    Er hatte ihr wehgetan. Eben noch hatte dieser Gedankeihm Befriedigung verschafft. Das sollte er auch. Unzähligen Mädchen hatte er Schlimmeres angetan, ihre Unschuld und ihr Vertrauen vernichtet, wenn nicht sogar ihr Leben.
    Genau das hatte er mit Mouse getan.
    Von seinen eigenen Gefühlen irritiert, stützte er sich mit zitternden Armen auf und starrte auf die geschlossene Badezimmertür. Ihr Schluchzen konnte er zwar nicht hören, aber er stellte es sich vor, während er lauschte, wie das Wasser in die Badewanne einlief. Ihr Geist war schon schwach gewesen. Ihre Freunde waren vor ihren Augen abgeschlachtet und gefoltert worden, doch das hatte sie noch nicht vollständig gebrochen. Nicht ganz. Nicht, bis er sie missbraucht und terrorisiert hatte.
    So bist du eben. Du bist ein Monster.
    Obwohl er wusste, dass es die Wahrheit war, wollte er es einfach nicht glauben. Ein Stück Menschlichkeit hatte sich wieder in seiner zerrissenen Seele eingenistet, zum Guten oder Schlechten. Wahrscheinlich zum Schlechten.
    Mühsam stand er auf, stützte sich auf alles Erreichbare und gelangte zur Badezimmertür. „Komm da raus.“
    Sie antwortete nicht.
    „Ich sagte, komm da raus.“ Ihm fehlte die Geduld für dieses Spiel. Eigentlich sollte er oben sein, von den Ungeheuern Antworten auf seine Fragen verlangen und darauf bestehen, dass sie ihn in seinen früheren Zustand verwandelten. Doch nachdem er seine Energie darauf verschwendet hatte, sie gefügig zu machen, würde er kaum noch die Treppe hinaufkommen.
    „Zur Hölle mit dir.“ Cyrus humpelte zu der kleinen Kommode und zog ein paar Sachen heraus, die dem toten Priester gehört hatten. Die Hose war ein bisschen kurz und die Taille etwas zu weit, aber um angemessene Garderobe konnte ersich später kümmern. Er schob die Arme in eins der grässlichen schwarzen Hemden mit verdeckter Knopfleiste und wandte sich in Richtung der schmalen Treppe. Auf halbem Weg gaben seine Beine nach, und er sackte zu Boden. Aber er kämpfte sich weiter, zog sich voran bis zum Fuß der Treppe, rang um Atem und kroch langsam die unregelmäßigen Stufen hinauf.
    Cyrus hatte erwartet, dass die Tür oben versperrt sein würde, und das war sie auch, allerdings von innen. Offenbar war jemand mehr darum besorgt, die Vampire draußen als ihn drinnen zu halten. Es brachte ihn trotzdem in die Bredouille. Er musste sich recken, um den Knauf zu erreichen, und brauchte mehrere Anläufe, bis er ihn drehen konnte. Die Tür schwang auf, und sein schwaches Gleichgewicht in der unbeholfenen Haltung beförderte ihn mit dem Gesicht voran auf den rauen Teppich des Hauptflurs.
    Die Leichen des Priesters und der Nonne waren aus der Eingangshalle entfernt worden, jedoch durch frischere Körper ersetzt. Cyrus zog sich über den Boden, der Teppich zerkratzte ihm den Bauch an der Stelle, wo das Hemd hochrutschte. Er packte das Rad von einem der Motorräder und wollte sich daran hochziehen. Die Maschine geriet ins Kippen, und für einen endlosen Moment wartete er darauf, dass sie auf ihn niederkrachte, aber sie fing sich. Mit einem frustrierten Seufzer robbte er in Richtung Wand, an der er sich in einem Gewaltakt purer Willenskraft aufrichtete. Schon früher hatte er mit solchen Kunden verhandelt. Vor nichts und niemandem empfanden sie Achtung, aber dennoch verbesserte es die Ausgangsposition, wenn man ihnen aufrecht entgegentrat, statt zu ihren Füßen herumzukriechen.
    An die Wand gelehnt, gönnte Cyrus sich eine Verschnaufpause und betrachtete durch die dunklen Fenster flüchtig dieUmgebung. Ein völlig zerklüfteter Parkplatz in einem Ozean aus Wüstensand, dahinter eine öde Straße. Genau die Art von Gegend, die Kretins sich vorstellten, wenn sie in rührseliger Verherrlichung der freien Landstraße poetisch wurden. Sein Blick fiel auf eine der Maschinen, und das Emblem auf dem Tank machte ihm eine Gänsehaut.
    Die Fangs.
    Einerseits widerstrebte ihm der Gedanke, auch nur eine Minute mit der verrohten Bande zu verbringen. Andererseits war er

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