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Besessen

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Titel: Besessen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Armintrout
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er als Kind zu schlucken bekommen hatte, war die Macht eines Priesters der eines praktizierenden Magiers ebenbürtig – wenn nicht sogar größer.
    „Nicht er. Nur seine Hand“, flüsterte sie tonlos. „Was sie sonst noch gemacht haben, war für sie wohl nur Spaß.“
    „Warum haben sie dich verschont?“ Cyrus setzte sich neben sie aufs Bett und ignorierte den Stich der Scham, als sie von ihm abrückte. „Warum haben sie dich nicht missbraucht und leer gesoffen wie die Nonne?“
    „Weil sie mit mir keinen Spaß haben konnten.“ Sie zitterte, als sie sprach. Eine Träne glitt ihre Wange hinunter. „Ich hab nicht geschrien oder gebetet. Das wollten sie. Sie wollten, dass sie betete, während sie es taten.“
    Der Gedanke hätte Cyrus früher amüsiert, jetzt tat er es nicht. Nicht angesichts dieses Mädchens, das sichtlich traumatisiert war von dem, was sie gesehen hatte. „Warum hast du es nicht getan?“
    Zum ersten Mal sah ihm Mouse in die Augen. Er sah weder Leben noch Hoffnung in diesen dumpfen braunen Tiefen. Dennoch straffte sie ihren Körper und sagte mit Kraft in der Stimme: „Weil keiner zugehört hat.“
    Sie klang so wie er vor Hunderten von Jahren. Er versuchte das Gefühl nicht durchklingen zu lassen, als er sprach. „Das ist die wichtigste Sache, die du je begreifen wirst. Weil niemand zuhört und niemand auf dich aufpasst.“
    Da verlor sie die Fassung und schluchzte haltlos, schluckte Luft und wimmerte.
    Ergriffen von ihrem Schmerz stand Cyrus auf und ging zu der kleinen Kochnische, bemüht, das Zittern in seinen Beinen zu ignorieren. Er würde es nicht aushalten, noch einmal so schnell so schwach zu werden. „Wir haben keine Milch.“
    „Was geschieht hier?“ Ihr Gesicht war geschwollen und rot vom Weinen, ein starker Kontrast zu dem weißen Verband um ihren Hals. „Was wollen die?“
    „Ich habe keine Ahnung.“ Er humpelte zum Kühlschrank und öffnete ihn, schnüffelte an einem potenziell verdächtigen Tetrapack Orangensaft. Er schien in Ordnung zu sein, aber sein Gleichgewicht war es nicht. Er warf den Karton auf die Arbeitsplatte und versuchte an ihrer Kante Halt zu finden, aber er glitt ab und fiel zu Boden. Mouse war im selben Augenblick an seiner Seite, half ihm auf die Füße und führte ihn zu einem Stuhl.
    „Ich brauche deine Hilfe nicht“, fauchte er, nahm sie dann aber doch an. Mouse holte ein Glas aus dem Schrank, dann, als ob sie sich besann, nahm sie noch ein zweites heraus. Ihre Hände zitterten, als sie den Saft eingoss. Für einen Moment überlegte er wirklich, ob er sie trösten sollte, doch dann verwarf er den Gedanken. Er war schon nett zu ihr und wollte es nicht zur Gewohnheit werden lassen. „In den Nachrichten haben sie gesagt, dass sie die Suche nach euch abgebrochen haben. Und dass die Kirche niedergebrannt sei.“
    „Unmöglich.“ Sie rieb sich mit dem Handrücken die Augen. „Das muss eine Meldung von einem anderen Ort gewesen sein.“
    „Stacey Pickles?“ Er beobachtete, wie das Begreifen in ihren Augen aufflackerte, ehe er weitersprach. „Sie glauben, du bist in der Wüste verdurstet.“
    „Sie suchen nach mir?“ Hoffnung, dann nackter Schrecken zogen über ihr Gesicht. „Wie kommen sie auf niedergebrannt?“
    „Ich weiß es nicht. Es gibt Zaubersprüche, Schimmer genannt, die lassen jemanden sehen, was derjenige will, der den Zauber ausspricht. Aber ein ganzes Gebäude verschwinden zu lassen, so überzeugend, dass eine ganze Menge getäuscht wird … das erfordert eine Macht, von der ich nicht glaube, dass sie existiert.“ Cyrus schüttelte den Kopf. „Hast du vor, mir auch ein Glas Saft zu geben?“
    Sie näherte sich ihm wie ein wildes Tier, das nicht an Menschen gewöhnt ist, und setzte vorsichtig das Glas vor ihm ab. „Sie haben dich aus dem Totenreich zurückgeholt. Sie müssen etwas wissen, was du nicht weißt.“
    Dass sie so unerschrocken mit ihm sprach, kam ihm lächerlich vor. Cyrus lachte und nahm einen großen Schluck aus seinem Glas. Der Saft war dick wie Blut, aber mit einer unangenehmen Note. „Daran kann ich mich nicht gewöhnen.“
    „Woran?“ Sie klang nicht, als ob sie seine Antwort wirklich interessierte.
    Warum sprach er überhaupt mit ihr? Die Einsamkeit, vermutete er. Nicht nur der letzten Tage, sondern seines ganzen langen Todes. Grund genug. „Zu leben wie ein Mensch. Es ist lange her, dass ich meinen Körper mit Essen und Trinken ernähren musste. Das ist unangenehm.“
    „Nein. Wirklich unangenehm ist, zu

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