Besessen
Naht bis hoch zur Taille. Noch einmal ziehen, und ihr Bein war nackt von der Hüfte bis zu ihren Zehen.
Gütiger Himmel, sie trug schwarze Seidenunterwäsche.
Zur Stärkung nahm er noch einen Schluck Scotch, der hoffentlich auch den Teufel in seiner sündhaften Seele ersäufte. Da lag sie, praktisch tot und noch nicht mal von seiner Spezies, und er hatte nur Augen für ihre gebräunte Haut, die sich über der weich gerundeten Hüfte spannte.
Max biss die Zähne zusammen, zog ihr den Rest der Hose von dem unverletzten Bein und warf das zerrissene Kleidungsstück zur Seite. Er legte ihren Fuß gegen seine Brust und warf einen Blick in das Buch. Die Illustrationen konnte er noch so oft anstarren, er würde sich nie für diese Operation gewappnet fühlen. Also riss er die sterile Packung auf und fädelte den Nylonfaden durch die Nadel. Er holte tief Luft und machte sich an die Arbeit.
Am Anfang waren seine Stiche noch unbeholfen und unregelmäßig, doch bald arbeitete er in einer Art Rhythmus, presste die Wunde zusammen, stieß die Nadel durch die Ränder und zog dann den Faden straff. Schon nach kurzer Zeit war die Nadel nass von dem Blut und von seinem Schweiß, und sie glitt ihm immer wieder aus den Fingern. Eine Pinzette,wie sie auf den Illustrationen abgebildet war, hätte ihm geholfen, aber soweit er es einschätzen konnte, machte er die Sache auch so ganz gut. Inzwischen war er so in seine Aufgabe versunken, dass ein Flugzeug über dem Haus hätte abstürzen können, und er hätte nichts davon bemerkt.
„Nicht schlecht.“
Beim Klang ihrer Stimme zuckte er zusammen, und sie zischte, als die Nadel in das aufgerissene Fleisch ritzte.
„Erschreck mich nicht!“ Mit dem Handrücken wischte er sich den Schweiß von der Stirn und warf ihr einen bösen Blick zu. Dann sah er, wie schlecht es ihr ging, und sein Ärger verflog sofort.
Der goldene Ton ihrer Haut war einem aschfahlen Grau gewichen, und Schweißtropfen sammelten sich auf ihrer Stirn. Die Lippen hatte sie fest zusammengebissen, ihr Körper war vollkommen steif.
„Ich dachte, ein bisschen positives Feedback könnte nicht schaden.“ Ihre Stimme klang heiser, als hätte sie eine Handvoll Sand geschluckt, aber sie verzog ihre bleichen Lippen zu einem winzigen Lächeln.
„Du siehst gar nicht gut aus.“ Er konzentrierte sich auf die Wunde und stach vorsichtig mit der stählernen Nadelspitze durch ihre Haut. Dabei versuchte er, ihre unterdrückten Schmerzensschreie zu ignorieren, doch es gelang ihm nicht.
Zwischen unregelmäßigen Atemzügen stieß sie hervor: „Dafür kannst du dich bei deinem reizenden Freund bedanken.“
„Weil du verletzt bist, habe ich das überhört. Und ich erwähne jetzt auch nicht, dass du mich heute Abend schon töten wolltest.“ Etwas heftiger als nötig zog er an dem Faden, um seine Worte mit einem gewissen Nachdruck zu unterstreichen. Aus dem Augenwinkel sah er, dass die Knöchel der Faust, mit der sie sich an der Couch festklammerte, weiß wurden. „Du hast viel Blut verloren. Wenn ich hier fertig bin, dann mache ich alles fertig für eine Transfusion.“
„Du weißt, wie das geht?“, fragte sie, und im seltsamen Singsang ihrer Stimme war Überraschung zu hören.
Max schaute hoch und verdrehte die Augen. „Ich bin ein Vampir. Leuten Blut zu verabreichen, gehört zu unseren Spezialitäten.“
„Ich dachte, eure Spezialität ist es, den Leuten Blut abzunehmen.“ Sie rieb sich den Hals und wirkte leicht erschrocken, als sie feststellte, dass die Wunde mit einem Pflaster überklebt war. „Aber er hat mich nur einmal gebissen.“
„Vielleicht steht er nicht auf den Geschmack von Hund.“ Max schob die Nadel wieder durch ihr Fleisch und zuckte zusammen, als sie einen Schmerzenslaut von sich gab.
„Du machst es absichtlich so, dass es noch mehr wehtut“, sagte sie anklagend. Hätte sie nicht so hilflos geklungen, dann hätte er ihr gezeigt, wie es sich anfühlte, wenn er ihr wirklich mit Absicht Schmerzen zufügen wollte.
Stattdessen reichte er ihr den Scotch. „Brauchst du eine Pause?“
Sie legte den Kopf zurück, leerte die Flasche und fuhr sich mit dem Handrücken über die Lippen. Ihre Züge nahmen einen entschlossenen Ausdruck an. „Bringen wir’s hinter uns.“
Max wollte sich von den vereinzelten Schmerzensschreien ablenken, die sie nicht zurückhalten konnte, und er wollte auch sie auf andere Gedanken bringen, deshalb stellte er ihr Fragen. „Also, wie ist das eigentlich passiert?“
„Ich
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