Bestien
übergroß aussahen, dies dann aber als
lächerlich zurückgewiesen.
Und doch …
Die Gegensprechanlage summte und riß ihn aus seinen
Gedanken. Er wandte sich vom Fenster, kehrte an den
Schreibtisch zurück und drückte eine Taste unter dem
blinkenden Licht. »Tanner.«
»Jerry hier, Blake. Kannst du zu mir herüberkommen?«
Obwohl die Worte harmlos genug klangen, war etwas in
Jerry Harris’ Stimme, das Blake ein Stirnrunzeln ins Gesicht
brachte. »Probleme?« fragte er.
Nach einem Augenblick leerer Stille knisterte der
Lautsprecher wieder. »Das könnte man sagen«, antwortete
Harris. »Komm einfach rüber, ja?«
Blake ließ die Taste los und sah das Licht ausgehen. Ohne
den Datenanschluß abzuschalten, ging er zur Korridortür,
überlegte es sich dann anders und steuerte stattdessen sein
Vorzimmer an. Meg Chandler blickte zu ihm auf. »Soll ich Ihre
Anrufe notieren oder durchstellen?«
»Notieren«, sagte er. Dann: »Gibt es heute morgen irgend
etwas?«
Die junge Frau zuckte die Achseln. »Nicht, daß ich wüßte.
Warum?«
Nun war es Blake, der die Achseln zuckte. »Wer weiß?
Harris rief mich eben an, und er klingt irgendwie …« Er
zögerte, suchte nach dem rechten Wort. »Ich weiß nicht –
irgendwie komisch.«
»Mich dürfen Sie nicht fragen«, erwiderte Meg. »Zu wissen,
was in Jerry Harris’ Kopf vorgeht, steht bestimmt nicht in
meiner Stellenbeschreibung.«
»Dann erinnern Sie mich, daß ich Ihre Stellenbeschreibung
revidiere«, bemerkte Blake mit düsterer Miene und ging
hinaus.
Jerry Harris’ Sekretärin winkte ihn gleich ins innere Büro
durch, und als er eintrat, machte Harris eine auffordernde
Handbewegung zum Sessel. Rasch beendete er das Telefongespräch, das er geführt hatte, und als er Blake ins Gesicht sah,
waren seine Augen ernst.
»Ich fürchte, wir haben wirklich ein Problem«, sagte er.
Blake sah den Ausdruck seiner Augen und war plötzlich
sicher, daß das Problem seinen Sohn betraf. »Es ist Mark,
nicht?« fragte er, bemüht, ruhig zu erscheinen.
Harris nickte. »Heute früh wurde er in der Schule krank«,
sagte er. »Er ist jetzt in der Sportmedizinischen Klinik, und
Marty Ames kümmert sich um ihn.«
»Krank?« echote Blake. »Aber
– heute morgen war er
gesund und munter.« Er blickte auf seine Armbanduhr. Es war
halb elf. »Gott, ich sah ihn noch vor drei Stunden! Was fehlt
ihm?«
Harris holte tief Atem, dann stand er auf und kam um seinen
Schreibtisch. Er lehnte sich dagegen und blickte auf Blake
herab. »Ich fürchte, mit seiner Behandlung ist etwas schiefgegangen«, begann er.
Blake fühlte, wie ihm eine plötzliche Kälte ans Herz griff.
»Ich – ich weiß nicht, ob ich richtig verstehe«, sagte er.
Harris breitete die Hände in einer Geste der Hilflosigkeit
aus. »Und ich weiß nicht, ob ich es dir genau erklären kann«,
sagte er. »Wie ich dir sagte, leistet Ames experimentelle Arbeit
und …«
Aber Blake ließ ihn nicht ausreden. Er war aufgesprungen,
und seine Augen funkelten zornig. »Augenblick, Jerry. Du
sagtest mir, es sei völlig harmlos, was er macht.«
Harris schüttelte hartnäckig den Kopf. »Nein, das stimmt
nicht. Ich sagte, es sei ein Element von Risiko damit
verbunden. Geringfügig, ja, aber vorhanden.«
»Gut«, sagte Blake durch zusammengebissene Zähne. Er
gewann die Fassung zurück. »Laß uns darüber nicht streiten.
Was ist mit Mark, und warum wurdest du noch vor mir
verständigt?«
Harris’ Zunge fuhr über die Unterlippe. »Ich nehme an, daß
Ames dachte, ich sollte derjenige sein, der es dir mitteilt.«
Blake sank in den Sessel zurück, das Gesicht aschfahl. Mit
kaum hörbarer Stimme flüsterte er: »Er – er ist tot, nicht?«
Harris seufzte. »Noch nicht«, sagte er und sah die Spannung
in Blake etwas nachlassen. »Aber ich werde dir nicht sagen,
daß es nicht passieren kann. Tatsächlich«, fuhr er fort, »wirst
du dich auf diese Möglichkeit vorbereiten müssen.«
Blake starrte zu ihm auf. »Nein …«, hauchte er. »Du sagtest
mir …«
»Ich sagte dir, daß ein Element von Risiko mit der
Behandlung verbunden sei«, erwiderte Harris in kaltem Ton.
»Und du unterzeichnetest die Vollmacht, die Ames erlaubte,
deinen Jungen zu behandeln. Niemand zwang dich dazu.«
Die Worte trafen Blake wie eine Serie von Schlägen. Also
hatte Sharon von Anfang an recht gehabt, daß mit dem
Sportzentrum etwas nicht in Ordnung sei, und daß, was sie dort
taten, nicht annähernd so harmlos sei, wie Harris behauptet
hatte. »Ich muß mit Sharon sprechen«,
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