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Bestien

Bestien

Titel: Bestien Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Saul
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Knie in
die Niere stießest.«
»Na, und wenn?« entgegnete Jeff und stand auf. Er war ein
großer Kerl, beinahe einsneunzig, und überragte Charlottes
zierliche Gestalt. »Er hatte mich gerade angegriffen, nicht?
Was hätte ich deiner Meinung nach tun sollen? Einfach
dastehen und es hinnehmen?«
Charlotte streckte die Hand aus und griff nach dem Arm
ihres Sohnes. »Aber das gehört zum Spiel, nicht wahr? Du
versuchst durchzubrechen, und er versucht dich zu Fall zu
bringen. Aber du verletzt ihn nicht absichtlich …«
Jeffs Backenmuskeln traten knotig hervor; Jähzorn flammte
in seinen Augen. »Und du verstehst einen Dreck von
Football!« brüllte er. Er stieß die Hand der Mutter beiseite und
schleuderte sein noch halbvolles Glas in den Kamin, wo es an
den gebrannten Ziegeln zersplitterte. Dann stürmte er hinaus
und warf die Tür hinter sich zu.
»Jeff!« rief Charlotte zu spät. Schon war die Haustür ins
Schloß gekracht. Einen Augenblick später hörten sie den
Wagen anspringen und aufheulend durch die Zufahrt hinausjagen. Zornig flog sie herum, Chuck ins Gesicht zu sehen.
»Jetzt reicht’s!« fuhr sie ihn an. »Kein Football mehr! Am
Montagfrüh verläßt er die Mannschaft. Ich habe genug.«
Aber ihr Mann sah sie an, als hätte sie den Verstand
verloren. »He, langsam, Kindchen«, sagte er, stemmte sich in
die Höhe und kam zu ihr. »Vielleicht hätte er dich nicht
anschreien und das Glas zerschmeißen sollen, aber du mußt
verstehen, wie ihm zumute ist.«
»Ihm?« empörte sich Charlotte. »Was ist mit Rick
Ramirez?«
»Jeff wollte ihn nicht verletzen«, erwiderte ihr Mann. »In
der Hitze des Gefechts kommt es zu solchen Dingen. Und auf
wessen Seite stehst du eigentlich? Du hast den Jungen so gut
wie des Mordversuchs an dem anderen beschuldigt. Deinen
eigenen Sohn! Und da wunderst du dich, daß er in die Luft
geht?«
Charlotte schwieg eine Sekunde, und als sie sich gefaßt
hatte, klang ihre Stimme ruhig, wenn auch gepreßt. »Ich
erwarte von ihm, daß er sich so benimmt, wie wir ihn
aufgezogen haben. Ich erwarte von ihm, daß er sich
kameradschaftlich verhält und stets vergegenwärtigt, daß er
viel größer und schwerer als die meisten Jungen ist und jemand
verletzen könnte. Und wenn er dazu nicht imstande ist, erwarte
ich von ihm, daß er aufhört, Football zu spielen.«
Chuck LaConner blickte schweigend seine Frau an, dann
schüttelte er den Kopf. »Du meinst, du willst ihn weiter an den
Schürzenzipfel binden und verhindern, daß er erwachsen
wird«, sagte er. »Aber das kannst du nicht, Charlotte. Er ist
nicht mehr dein kleiner Junge.« Damit nahm er sein leeres
Bierglas und ging hinaus.
Charlotte, die nicht recht wußte, was schiefgegangen war,
aber das untrügliche Gefühl hatte, daß sie die Situation sehr
schlecht gehandhabt hatte, begann die Glasscherben
aufzusammeln, die aus dem Kamin über den Boden des
Wohnzimmers verstreut waren.
4
    AM MONTAGMORGEN LAG EINE TROCKENE KÄLTE in der Luft,
und als Mark Tanner aus der Hintertür in den strahlenden
Sonnenschein trat, fiel ihm als erstes der Himmel auf. Er war
kobaltblau und von einer Tiefe, wie er sie in San Marcos nie
gesehen hatte, wo selbst an den klarsten Tagen immer ein
graugelber Dunst über der Welt zu hängen schien. Hier
zeichneten sich die Berge im Osten scharf vom Himmel ab,
und es lag auch ein anderer Geruch in der Luft – nicht das
scharfe Aroma der Bucht, das manchmal frisch und salzig,
öfter aber mit dem Fäulnisgeruch der Schlammflächen und
angetriebenen Abfälle beladen war, sondern der reine, würzige
Duft von Kiefern und Fichten. Auch Chivas schien den
Unterschied zu spüren und stieß ein freudiges Bellen aus, als er
sich an Mark vorbeidrängte und zum Kaninchenstall bei der
Garage hinausrannte.
    Doch als er die Kaninchen versorgte, begann Marks
Heiterkeit sich zu verflüchtigen, denn er ahnte bereits, daß es
mit den anderen Jungen in Silverdale Anpassungsschwierigkeiten geben würde.
    Einen ersten Hinweis darauf hatte er schon am
Samstagabend erhalten, als er Robb Harris wiedergesehen
hatte. Bestrebt, an ihre Freundschaft anzuknüpfen, die vor drei
Jahren abgerissen war, hatte er rasch erkennen müssen, daß
daraus nichts werden konnte.
    Robb hatte sich verändert.
Er überragte Mark jetzt wie ein Turm, und wie es schien,
hatte er für viele ihrer früheren gemeinsamen Interessen nichts
mehr übrig.
Die Kaninchen, zum Beispiel. Robb hatte einen flüchtigen
Blick in den Stall geworfen und Mark dann in einem

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