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Bestien

Bestien

Titel: Bestien Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Saul
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nun«, verkündete Jerry Harris, annähernd eine Stunde
später, als sie die Laboratorien verlassen hatten und zum ersten
Geschoß zurückgekehrt waren, »kommen wir zu meiner
Lieblingsabteilung.« Er stieß eine Tür auf, und sie betraten
einen langen, durch Oberlichtkuppeln mit hellem Tageslicht
erfüllten Raum mit Käfigen entlang einer Wand. »Der Zoo«,
sagte Jerry, und in seine Stimme kam eine Lebhaftigkeit, wie
Blake sie an diesem Morgen noch nicht bemerkt hatte. Er
grinste wie ein kleiner Junge. »Ich muß wenigstens dreimal
täglich hierher kommen«, sagte er. Sie gingen langsam die
Reihe der Käfige entlang. Vor beinahe jedem blieb Jerry
stehen, bückte sich und murmelte zu den Mäusen, Ratten und
Meerschweinchen. Als sie zu einem Käfig mit weißen
Kaninchen kamen, öffnete Jerry die Futtertüre und hob
behutsam eines der Tiere heraus. Er hielt es beinahe zärtlich in
den Händen, und Blake fühlte sich sofort an seinen Sohn
erinnert. Jerry schien seinen Gedanken zu erraten.
»Mark brachte mich darauf. Ich habe Robbs Meerschweinchen immer gemocht, aber Kaninchen haben etwas an
sich, was mir immer das Herz erwärmt. Ich glaube, sie wirken
immer so freundlich und gutmütig.«
Blake zog verwundert die Brauen zusammen. »Aber es sind
Versuchstiere, nicht wahr?«
Jerrys Miene umwölkte sich vorübergehend, aber es war nur
wie ein Schatten, der über sein Gesicht ging. »Ich versuche
einfach, nicht darüber nachzudenken«, sagte er still. »Und ich
versuche, zu keinem der Tiere eine Bindung entstehen zu
lassen, aber manchmal, nun …« Er brach ab und setzte das
Kaninchen wieder in den Käfig. »Komm mit«, sagte er. »Sehen
wir uns die Affen an.«
Sie gingen weiter zum Ende des Raumes, wo ein kleiner
Trupp Spinnenäffchen in einem geräumigen Käfig, der mit
Baumästen, Stangen und Ringen gut ausgestattet war, miteinander schnatterten. Bei Annäherung der beiden Menschen
verstummten die Affen, und ihre dunklen Augen besahen die
Besucher lange wachsam und mißtrauisch, bis sie ihre
Aufmerksamkeit wieder einander zuwandten und sich an ihre
gegenseitige Fellpflege machten, als hätten sie sich der
Harmlosigkeit der beiden vergewissert.
»Sie kennen die Leute, weißt du«, sagte Jerry. »Sie sahen
uns an, um festzustellen, ob wir Laboranten sein könnten. Sie
wissen genau, daß es bedeuten würde, daß einer von ihnen
herausgeholt und nicht zurückgebracht wird. Ich habe schon
daran gedacht, jedesmal einen anderen hingehen zu lassen,
fürchte aber, daß die Affen in dem Fall vor allen Menschen
Angst bekommen.«
Schweigend betrachteten sie eine Weile die Affen, dann
wandte Jerry Harris sich ab. Er seufzte. »Nun, zurück in die
Tretmühle.«
Sie hatten sich nicht mehr als fünf Schritte von dem großen
Käfig entfernt, als sie ein gellendes Wutgekreisch hörten und
herumfuhren. Ein großes Männchen – beinahe um ein Drittel
größer als alle anderen – hatte eines der kleineren Männchen
gepackt und schlug ihm die Zähne in die Schulter. Seine Augen
funkelten vor Wut, und als das kleinere Tier spitze Angst- und
Schmerzensschreie ausstieß, begann der größere Affe es zu
schütteln.
Blake starrte in stummem Entsetzen, aber Jerry Harris
sprang sofort zu einem Knopf an der Wand und drückte ihn.
Eine laute Glocke bimmelte, die Tür am Ende des Raumes flog
auf, und drei Wärter kamen zu ihnen gerannt.
»Den Schlauch!« rief Harris. »Drehen Sie das Wasser auf!«
Während zwei Wärter einen Gartenschlauch, der zum
Reinigen der Käfige diente, von der Trommel zogen, öffnete
der Dritte den Wasserhahn.
Es war schon zu spät. Der kleinere der beiden verspritzte
einen dünnen Blutstrahl aus der zerissenen Halsschlagader und
war bereits dem Tode nahe. Aber der größere schüttelte den
erschlaffenden Körper weiter, scheinbar ohne das Blut zu
bemerken, mit dem er bespritzt wurde.
Endlich ließ der Angreifer den erschlafften Körper seines
Opfers auf den Käfigboden fallen. Einen Augenblick später
aber sprang er ihm nach, packte den leblosen Körper bei den
Füßen und schwang ihn im Kreis herum, daß der Kopf gegen
die Gitterstäbe des Käfigs schlug.
Blake unterdrückte aufkommende Übelkeit, indem er sich
von dem gräßlichen Schauspiel abwandte, aber Jerry Harris,
die Kiefer zusammengebissen und mit aschfahlem Gesicht,
dirigierte den Mann, der den Gartenschlauch hielt. »Zielen Sie
mit dem vollen Strahl auf ihn«, stieß er heraus. »Er wird das
Tier fallen lassen, sobald Sie ihn treffen.«
Das Wasser zischte aus

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