Bestien
alten
Häusern umstandenen Platz, der Silverdales Stadtkern war.
Auch hier herrschten freistehende Häuser vor, die meisten aus
Holz und in einem Stil mit Brettern verkleidet, der Mark an
Westernfilme erinnerte. Hölzerne Gehsteige, die ein paar
Stufen über der schmalen, mit Ziegeln gepflasterten Straße
lagen, verbanden die Gebäude, und hinter einem der größeren
Geschäfte war ein großer Sammelparkplatz angelegt. Die
Straße und der zentrale Platz waren Fußgängern und ein paar
Hunden vorbehalten, die sich auf dem Ziegelpflaster sonnten.
Mark bückte sich, einen der Hunde zu streicheln. Als er aufsah,
fiel sein Blick auf ein Fotogeschäft, über dessen Tür in
hellblauen Buchstaben der Name SPALDING prangte. Das
Geschäft war klein, eingezwängt in den schmalen Raum
zwischen Drogerie und Eisenwarenhandlung.
In diesem Augenblick kam ihm der Gedanke. Wenn er nach
der Schulzeit für einen Nebenverdienst arbeitete, konnte sein
Vater nicht darauf bestehen, daß er sich in der Freizeit für
Sport engagierte.
Er richtete sich auf, steckte das Hemd ordentlich in die
Jeans und ging in das Fotogeschäft. Hinter dem Ladentisch
lächelte ihm ein freundlich aussehender Mann mit grauem Haar
und Nickelbrille entgegen.
»Was kann ich für dich tun, mein Junge?«
»Sind Sie Mr. Spalding?«
Der Mann nickte. »Kein anderer. Und wer bist du?«
»Mark Tanner«, sagte Mark. »Ich bin gerade erst hergezogen und überlegte, ob Sie vielleicht eine Aushilfe brauchen
könnten. Nur Teilzeit, nach der Schule und vielleicht an
Wochenenden.«
Henry Spalding zog skeptisch die Brauen hoch. Zuerst war
Mark überzeugt, daß er abgewiesen würde. Aber dann legte
Spalding den Kopf nachdenklich auf die Seite. »Nun,
tatsächlich habe ich schon an eine Aushilfe gedacht. Die
Skisaison liegt vor uns, und sie bringt immer Touristen in die
Gegend. Dann ist an Weihnachten zu denken …« Sein Blick
ruhte prüfend auf Mark. »Aber ich brauche jemand für
abends.«
Mark überlegte rasch. Was machte es aus? Wenn er abends
arbeitete, würde er nachmittags seine Hausaufgaben machen
müssen. »Das geht in Ordnung«, sagte er. »Das wäre mir
recht.«
Spalding verschwand im winzigen Hinterzimmer und kam
mit einem zerknitterten und fleckigen Bewerbungsformular
zurück. »Also, mein Junge, wenn du dies ausgefüllt hast,
werden wir uns über die Sache unterhalten«, sagte er und gab
Mark das Formblatt. Während dieser einen Stift aus seiner
Schultasche grub, betrachtete Spalding ihn mit abschätzendem
Blick. »In welcher Mannschaft bist du?« fragte er. »Für
Football siehst du ein bißchen klein aus. Tennis, vielleicht?
Oder Baseball?«
Mark schüttelte den Kopf, ohne vom Formblatt aufzublicken. »Ich bin in keiner der Mannschaften«, sagte er. »Ich
bin – also, ich glaube, ich bin in Fotografie viel besser als in
Sport.«
Auf einmal erschien Mr. Spaldings Hand in Marks
Gesichtsfeld und zog ihm das Formular weg.
»In keiner Mannschaft?« hörte er den Mann fragen und sah,
aufblickend, in Spaldings spöttische Augen.
»N-nein«, stammelte Mark. »Warum?«
»Weil es genau darauf ankommt«, sagte Spalding.
»Dies ist Silverdale, Junge. Hier unterstützen wir unsere
Mannschaften. Und dazu gehört, daß sie bei den Nebenverdienstmöglichkeiten zuerst berücksichtigt werden.« Er sah
die Enttäuschung in Marks Augen und versuchte den Schlag
nachträglich zu mildern. »Weißt du was?« sagte er. »Ich werde
morgen in der Schule anrufen und sehen, was sich machen läßt.
Vielleicht will niemand von den Mannschaften die Aushilfe
hier. Und in dem Fall kannst du sie haben.«
Mark biß sich auf die Lippe und brachte es fertig, Henry
Spalding zu danken, bevor er seine Schulmappe aufhob und
den kleinen Laden verließ. Aber als er nach Haus ging, wußte
er, daß es in Spaldings Fotogeschäft keinen Job für ihn geben
würde. Erst heute vormittag hatte einer der Jungen im
Fotografiekurs davon geredet, daß er einen Nebenverdienst
suche, bis die Baseballsaison wieder anfinge.
Mark begann sich zu fragen, ob er nicht doch übertriebene
Erwartungen in Silverdale gesetzt habe. Vor einer Woche noch
hatte alles so aufregend ausgesehen.
Jetzt kam es ihm ganz und gar nicht mehr aufregend vor.
6
SHARON TANNER STAND AN DER KÜCHENSPÜLE und sah unter
zusammengezogenen Brauen zum Fenster hinaus. Hinter ihr
brieten vier Steaks auf dem Herd, aber sie hatte sie momentan
vergessen, denn sie beobachtete Mark, der mit gekreuzten
Beinen auf dem Rasen saß und den Kaninchenstall
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