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Bestien

Bestien

Titel: Bestien Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Saul
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von jemandem, dessen Gesicht er nicht mehr
erinnerte, gefoltert worden war.
    Er zog sein Übungstrikot aus und ging unter die Dusche. Es
war noch ein Dutzend anderer Jungen da, doch statt wie
gewöhnlich mit ihnen zu scherzen, seifte Jeff sich schweigend
ein und stand lange unter der heißen Dusche, ließ das Wasser
seine angestrengten Muskeln entspannen. Zuletzt, als alle
anderen gegangen waren, drehte er das Wasser ab, trocknete
sich ab und legte seine Kleider an. Statt jedoch den
Umkleideraum zu verlassen, ging er zum Büro des Trainers
und klopfte.
    »Tür ist offen«, bellte Collins. Jeff trat ein, und Collins
blickte vom Schreibtisch auf. Sein Gesichtsausdruck war
mißmutig. »Ich will keine Entschuldigungen hören«, knurrte
er. »Ich verlange nur, daß du mit deinen Gedanken beim Spiel
bist und nicht in den Wolken.«
    »Äh – tut mir leid«, murmelte Jeff. »Ich wollte bloß einen
Augenblick mit Ihnen reden.«
Collins’ Haltung verriet ungeduldige Resignation, als er sich
zurücklehnte und auf den Stuhl ihm gegenüber zeigte. »In
Ordnung, schieß los. Was hast du auf dem Herzen?«
»Das«, sagte Jeff und streckte Collins die Arme hin, daß er
die Streifen an den Handgelenken sehen konnte. »Sie sind auch
um meine Knöchel.«
Collins zuckte mit der Schulter. »Und ich soll wissen, woher
sie kommen?«
Jeff bewegte ungewiß den Kopf hin und her. »Ich habe bloß
gedacht … Den ganzen Tag hatte ich diese komischen Gefühle
– dann bekomme ich es jedesmal mit der Angst. Und letzte
Nacht hatte ich einen Alptraum«, sagte er. Er erzählte Collins,
was er erinnern konnte. »Die Sache ist die, Mr. Collins, könnte
der Traum die Male verursacht haben? Im Traum hatten sie
mich auf die Folterbank gebunden. Und ich dachte bloß …«
»Du meinst, sie seien vielleicht psychosomatisch?« fragte
Collins. Wieder zuckte er mit der Schulter, spreizte die Finger
auf dem Schreibtisch. »Da bin ich überfragt, Jeff. Von solchen
Dingen verstehe ich nichts. Wenn du willst, können wir Ames
anrufen und ihn fragen.« Er griff zum Telefon, aber Jeff wehrte
ab.
»Nein, das ist schon gut. Ich gehe morgen oder übermorgen
sowieso hin und kann ihn dann fragen.«
Collins sah ihn eine kleine Weile forschend an, dann nickte
er. »Gut, Junge. Aber ich möchte, daß du es heute abend ruhig
angehen läßt, klar? Keine Keilereien, und früh zu Bett. Beim
morgigen Spiel will ich dich in Hochform sehen.«
Jeff stand auf, um zu gehen, wandte sich wieder um »Was
ist mit meiner Mutter?« fragte er. »Wenn sie noch immer will,
daß ich aus der Mannschaft ausscheide …«
Collins schien unbesorgt. »Das ist nicht ihre Entscheidung,
nicht wahr?« sagte er. »Ich glaube, darüber zu entscheiden, ist
eher deine und deines Vaters Sache.
Jeff zögerte, ein ungewisses Lächeln breitete sich über seine
Züge aus. »Ja«, meinte er. »Das ist wohl so, nehme ich an.«
    Als Jeff gegangen war, blieb Collins ein paar Minuten still
sitzen und überlegte, dann nahm er den Hörer ab und wählte
Dr. Martin Ames’ Privatnummer in der Sportklinik.
    »Marty?« sagte er, als der Arzt sich am anderen Ende
meldete. »Ich bin’s, Phil.« Er hielt inne, weil ihm in diesem
Augenblick der Gedanke durch den Kopf schoß, ob es wirklich
einen Grund gebe, den Arzt anzurufen. Aber diese Male an
Jeffs Handgelenken waren keine Einbildung gewesen. »Ich
fragte mich bloß, ob es einen Grund dafür gibt, daß Jeff
LaConner heute Hautverfärbungen und Abschürfungen an
Handgelenken und Knöcheln hat.«
    Es blieb einen Augenblick still, dann sagte Ames in einem
etwas herablassenden Ton: »Wollen Sie genau wissen, was wir
gestern abend mit Jeff machten?«
    Collins biß die Zähne zusammen. »Ich frage bloß, ob es eine
Erklärung für die Streifen gibt.«
Wieder blieb es eine kleine Weile still, und als Ames
weitersprach, war sein Ton freundlicher. »Sehen Sie, Phil, Sie
wissen, wie Jeff gestern abend war. Sie selbst mußten ihn
festhalten, und nachdem Sie gegangen waren, hatte er einen
weiteren Anfall. Kein Grund zur Besorgnis, aber wir mußten
ihn bändigen, bis wir ihn ruhigstellen konnten. Manchmal
hinterlassen die Gurte Spuren. Was ist dabei? Ist er heute nicht
in Ordnung?«
»Scheint in Ordnung«, räumte Collins ein. »Aber er hatte
einen Alptraum, sagt er – einen schlimmen. Ich überlegte, ob
die Spuren vielleicht davon herrühren könnten.«
Ames schmunzelte. »Sie meinen, es beschäftigte Sie der
Gedanke, ob Jeff übergeschnappt sein könnte?«
Collins

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