Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Bestien

Bestien

Titel: Bestien Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Saul
Vom Netzwerk:
Hintertür, dann
wischte sie sich mit dem Handrücken die Stirn. »Du hattest
recht«, sagte sie mit einem Blick zur Küchenuhr. »Erst halb
zwölf und alles fertig. Und lieber Gott«, setzte sie hinzu, als sie
Elaine Harris gegenüber auf den Stuhl gesunken war, »erspare
mir eine Wiederholung wenigstens in den nächsten fünf
Jahren!« Sie nahm einen Schluck kalten Kaffee aus ihrer Tasse,
verzog das Gesicht, spie den Kaffee in die Tasse zurück, stand
auf und entleerte die Tasse ins Spülbecken.
    »Organisation ist alles«, erwiderte Elaine.
»Und hilfreiche Hände«, sagte Sharon. »Du könntest mir die
Geschäfte zeigen, und dann lade ich dich zum Mittagessen
ein.« Sie sah an sich herab auf ihre Jeans und die
Trainingsbluse und lächelte kläglich. »Aber nichts Vornehmes.
Ich habe keine Lust, mich umzuziehen.«
Fünfzehn Minuten später fuhr Sharon auf den beinahe leeren
Parkplatz hinter dem Stadtzentrum und schüttelte erstaunt den
Kopf. »Nicht wie San Marcos. Dort konnte ich von Glück
sagen, wenn ich nach zehn Minuten Suchfahrt einen freien
Stellplatz fand.«
»Hier gehen alle zu Fuß«, erinnerte Elaine ihre Freundin.
»Wunderbar«, stöhnte Sharon. »Und wie schafft ihr alles
nach Haus?«
»Hast du je von einem Einkaufskarren gehört?« sagte
Elaine. »Du weißt schon, die kleinen Drahtdinger, mit denen
die alten Damen herumziehen. Nun, bereite dich darauf vor, in
die Welt der alten Damen einzutreten!« Sie lachte laut über den
entsetzten Ausdruck in Sharons Gesicht. »Sei unbesorgt. Als
ich das erste Mal damit loszog, kam ich mir idiotisch vor, aber
inzwischen habe ich mich daran gewöhnt und finde es
praktisch. Natürlich«, sagte sie und klopfte sich auf die Hüften,
»sollte ich noch mehr gehen; aber schon der Versuch sollte
Anerkennung finden. Komm mit.«
Sie überquerten den Parkplatz, gingen zwischen dem
Selbstbedienungsladen einer Handelskette und dem Nachbarhaus durch und kamen auf den Marktplatz des Ortskerns.
Obwohl sie in dieser Woche fast jeden Tag ›im Dorf‹ gewesen
war, wie das alte Zentrum Silverdales von den Bewohnern
genannt wurde, staunte sie jedesmal aufs neue, denn anders als
in den Einkaufsstraßen von San Marcos, wo alle es eilig zu
haben schienen, anderswohin zu kommen, dahin und dorthin
eilten, ohne ihre Umgebung wahrzunehmen, sah sie hier kleine
Gruppen schwatzend auf der Straße beisammenstehen oder auf
den Bänken aus Schmiedeeisen und Holz sitzen, die vor
beinahe jedem Ladengeschäft aufgestellt waren. Fast alle Leute
winkten Elaine zu oder sprachen sie an, als die beiden Frauen
von Laden zu Laden schlenderten und in die Schaufenster
blickten. Sharon machte ein paar Einkäufe in der Drogerie und
ging in das Eisenwarengeschäft, wo es tatsächlich aber so gut
wie alles gab, vom Werkzeug über Haushaltgegenstände und
Möbel bis zu Stoffen und Büchern – und wo sie auf Elaines
Drängen einen zusammenklappbaren Einkaufskarren kaufte –,
dann gingen sie zurück zum Supermarkt.
Zuerst schien dieser Sharon jedem anderen Supermarkt zu
ähneln, den sie kannte, doch als sie durch die Einkaufsgassen
ging und Gegenstände von der langen Liste abhakte, die sie
angelegt hatte, fiel ihr etwas auf.
In der Bäckereiabteilung suchte sie vergebens nach einem
Weißbrot. Sie vermutete, daß die Sorte ausverkauft sei und war
im Begriff, sich mit einem Weizenvollkornbrot zufriedenzugeben, als sie bemerkte, daß alle Regale voll waren, als hätte
die Abteilung gerade erst eine Lieferung erhalten. Sie fragte
Elaine, ob sie irgendwo Weißbrot gesehen habe.
Elaine verneinte. »Es gibt hier keines. Der Laden bezieht
alle Brotsorten von einer Bäckerei in Grand Junction. Wundervolle Sorten mit Natursauer, prachtvolles Mehrkornbrot. Aber
kein Weißbrot.«
»Fein«, sagte Sharon. »Mark wird es nichts ausmachen, aber
was soll ich Kelly sagen? Sie liebt Weißbrot mit Erdnußbutter
und Honig.«
»Es geht genausogut mit Vollkornweizen«, erwiderte
Elaine.
Sharon schüttelte bekümmert den Kopf. »Du hast vergessen,
wie Neunjährige sind. Ersatz für das, was sie mögen, wird
nicht akzeptiert, und Mütter, die nicht auf den Tisch stellen,
was das Kind mag, sind grausam und ohne echtes Gefühl für
das Wohlergehen des Kindes, das lieber verhungert als sich mit
ungeliebtem Ersatz zufriedenzugeben.« Sie tat einen Hefezopf
mit Rosinen in ihren Einkaufskarren und lächelte. »Nun,
wenigstens kann sie mir nicht damit kommen, daß ›alle
anderen Weißbrot essen‹.«
Sie gingen weiter durch

Weitere Kostenlose Bücher