Bestrafe mich
frisieren“, bemerkte er. „Am besten trägst du
sie offen.“
Er öffnete die Spange und kämmte mit den Fingern vorsichtig durch ihre Haare, die
sich dank ihrer seidigen Struktur nicht so leicht verknoteten.
„Lass uns reingehen. Du kannst dich ganz normal benehmen. Die Regeln gelten erst
wieder, wenn ich es dir sage.“
Eileen war erleichtert, dem Gast nicht als Sklavin gegenübertreten zu müssen.
Neben dem festlich gedeckten Tisch standen zwei Männer mit dem Rücken zu ihr
und unterhielten sich mit Jenna. Der im dunkelblauen Anzug war der Lord, sie
erkannte ihn an den blonden Haaren. Der Mann neben ihm hatte glänzende schwarze
Haare. Er trug einen schwarzen Anzug und lachte gerade. Es klang vage vertraut. Vielleicht ist er ein Fotograf, für den ich mal posiert habe, und der jetzt Fotos von mir
als Sklavin machen soll. Ein durchaus erregender Gedanke.
Jenna, ein Champagnerglas in der Hand, sah an dem Gast vorbei, erblickte Eileen
und rief: „Ah, da ist sie ja.“
Die beiden Männer drehten sich um.
„Oh.“ Eileen freute sich aufrichtig. Der Besucher war Leo Croft, der Bildhauer, an
dessen Skulpturen man sie für das Bondage-Shooting gefesselt hatte. Auch wenn er für
sie im Grund ein Fremder war, so hatte er in ihrem Leben doch eine wichtige Rolle
gespielt: er war dabei gewesen, als sie die Lust daran entdeckt hatte, gefesselt und
hilflos zu sein. Er hatte ihre Erregung gesehen, während sie sich vorstellte,
ausgepeitscht zu werden. In allen erotischen Fantasien, die sie seitdem gehabt hatte,
war er die Schlüsselfigur gewesen.
Als sie ihn jetzt lächelnd auf sich zukommen sah, fühlte sie sofort eine innige
Verbundenheit mit ihm, die sie aber sogleich schüchtern werden ließ.
Er stellte das Champagnerglas ab und begrüßte sie mit einer Umarmung und einem
Kuss auf die Wange. „Eileen, wie schön dich wiederzusehen.“
Seine Herzlichkeit entkrampfte sie in Sekundenschnelle. „Hallo, Mr. Croft.“
„Nenn mich doch bitte Leo.“
„Ich freue mich auch, Sie zu sehen, Leo.“
Jemand reichte ihr ein Champagnerglas, alle stießen miteinander an. Sie war
aufgeregt wie bei ihrem ersten Shooting. Die Stimmung war festlich und ausgelassen,
als sie sich an den Tisch setzten. Eileen griff kurz nach Ravens Hand. Er antwortete
mit leichtem Druck und einem aufmunternden Lächeln. Sie verbannte sämtliche
störenden Gedanken und Gefühle in die hinterste Ecke ihres Bewusstseins und
beschloss, dieses Essen mit allen Sinnen zu genießen.
Der erste Gang wurde serviert – Basilikumschaumsuppe – und Weißwein in die
Gläser gefüllt.
Eileen aß schweigend und hörte zu. Aus der Unterhaltung, die sich zwischen den
anderen entspann, erfuhr sie, dass keiner der anderen Leo Croft jemals vorher gesehen
hatte. Der Lord hatte ihn aufgrund der Bondage-Fotos eingeladen. Er wollte, dass Leo
eine lebensgroße Holzskulptur von Eileen anfertigte. Das bedeutet, dass der Lord ein ernsthaftes Interesse an mir hat. Wunderbar. Es
wird nach diesem Wochenende nicht vorbei sein. Ich werde den Lord und Raven
wiedersehen. Das ist erst mal die Hauptsache. Sie aß den Hauptgang mit großem Appetit. Nur, wenn Karen den Wein nachschenkte
und Eileen dabei mit herausforderndem Blick fixierte, packte sie einen Moment lang
eine gewisse Traurigkeit. Wenn sie nur den Mut hätte, Raven zu sagen, was sie für ihn
empfand!
****
Raven hatte schon viele Frauen begehrt, zuweilen auch geliebt, aber keine hatte ihn
bisher so berührt wie Eileen.
Sie war nicht einfach nur schön – sie war vollkommen.
Sie war nicht einfach nur charmant – sie war hinreißend.
Sie war nicht einfach nur devot – sie war ergeben.
Am meisten aber faszinierte ihn ihre schüchterne Sinnlichkeit. Oder sinnliche
Schüchternheit? Sie strahlte im Moment eine große Ruhe aus. Fast schon
aristokratisch saß sie da, faltete ein Salatblatt auf ihre Gabel, zerteilte das Lachsfilet,
führte ihr Weißweinglas zum Mund. Jede Bewegung war eine Inszenierung ihrer
Grazie, ohne aufgesetzt zu wirken. Sie war einfach so.
Dabei war er sicher, dass es unter dieser stillen, kühlen Oberfläche mächtig brodelte.
Ohne Büstenhalter und Schlüpfer fühlte eine Frau sich immer nackt, und wenn sie
noch so ein schönes Kleid trug. Auch seelisch musste sie sich entblößt fühlen: sie
stand im Zentrum der Aufmerksamkeit, auch wenn der Lord und Leo sich mit Jenna
gerade angeregt über Pferdezucht unterhielten.
Beim Dessert bezog der Lord Eileen in das Gespräch mit ein, indem er sie fragte, ob
sie
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