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Betreutes Trinken

Betreutes Trinken

Titel: Betreutes Trinken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katinka Buddenkotte
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abzuschwatzen.

XXIX
    K önnen wir da jetzt einfach so draufhauen?« Ich sollte mal einen Chromosomentest machen lassen. Vielleicht bin ich ja doch ein halber Mann, eine genotypische Pussy.
    »Ja Doki, die Wand ist nachträglich gezogen worden, ist kein tragendes Element«, versichert Katja. Woher weiß sie das, frag ich mich, aber Marie hat schon ausgeholt. Kein riesiges Loch folgt ihrem Schlag, aber der Putz bröckelt sehr malerisch herab.
    »So doch nicht«, belehrt Frau Alpert, »du musst Wut im Bauch haben. So: Scheiß-Andi!«, kreischt sie und legt das Mauerwerk frei. Ich bin beeindruckt.
    »Doofer Albert«, versuche ich mich. Es staubt ein bisschen.
    »Hass, Doki, echter Hass«, empfehlen meine Freundinnen. Katja klebt schon der Schaum im Mundwinkel.
    »Benno!« Der Kampfschrei wirkt besser. Die untere Ecke, in die ich geschlagen habe, bricht ab. »Nicht so, von oben arbeiten. Sonst fällt uns das ganze Zeug auf den Kopf.«
    »Klugscheißer!«, brülle ich und ziele nach oben. Die Erde bebt.
    »Lasst mir was übrig, Mädels, ich hole Helme vom Speicher.«
    Marie flitzt über die Tanzfläche, wir blicken ihr irritiert nach. Es gibt keine Vorschlaghammer im Laden, aber Raffi bunkert Bauhelme? Katja zuckt die Achseln.
    »Oberpussy, schätze ich.«
    Minuten später kehrt Marie mit ein paar lustig gepunkteten Hütchen zurück. »Raffis Vater war früher Jockey«, erklärt sie. Nur bei einem waschechten Frauentag erfährt man noch die intimsten Geheimnisse derer, die nicht zugegen sind. Wir kloppen und hämmern, schimpfen und schreien die Namen der Verräter heraus, die uns Leid zugefügt haben. Als wir bei denen angelangt sind, die sich in der neunten Klasse auf unsere Schuhe übergeben haben, ist immerhin ein Viertel der Wand verschwunden. Marie strotzt vor guten Ideen: »Ich mache Musik an. Und hole die Schuldenliste.«
    Alphabetisch wird das nichts, also gehen wir nach Höhe der nicht bezahlten Deckel. Katja verliest, Marie und ich schwingen die Hämmer: »Hugh, Freund von Toddy, hat im März 2008 vierzig Euro versoffen, ward nie wieder gesehen! Schlagt zu.«
    Wir vermöbeln Hugh tüchtig und Toddy gleich mit. Ebenso einen unbekannten Klaus, zwei Michaels, diverse Andis, die nicht Katjas waren, und schließlich gehen wir auch auf Geschlechtsgenossinnen los. »Babsi Kichermonster, immerhin achtundzwanzig Tacken«, stachelt Katja Marie auf, die sich in einen wahren Blutrausch hineinsteigert: »Böse Babsi, böser Felix, Arschloch, Vollidiot … Scheiß-Raffi!«
    Die Mauer fällt. Wir blicken nicht auf unsere Brüder und Schwestern, die mit Billigsekt und Begrüßungsgeld wedeln, sondern nur auf die Urinale der Männertoiletten.
    »Scheiß-Raffi«, röchelt Marie noch einmal. Katja ist genauso verunsichert wie ich.
    Scheiß-Raffi kann etwas Gutes bedeuten, für Marie. Dass sie endlich über ihn hinweg ist, auf der amourösen Ebene. Aber es könnte genauso gut etwas Fürchterliches bedeuten, und es ist Frau Alpert, die sich zu fragen traut: »Hat er dir die Vollmacht doch nicht gegeben, Marie?«
    Marie nimmt ihren Jockey-Helm ab und wischt sich den Schweiß aus der Stirn. Wägt ab – bei einer ›Nein‹- oder ›Ja‹- Frage nichts Gutes.
    »Doch«, sagt sie schließlich, »ich habe nur darüber nachgedacht, dass wir das viel früher hätten tun können, Raffi und ich. Mit den Umbauten, meine ich.«
    Nachdenklich sah Marie gerade nicht aus, als sie auf die Wand eingedroschen hat. Und Umbauten kann man das auch noch nicht nennen, was wir an diesem Vormittag veranstaltet haben. Für Katja zählt Maries Wort.
    »Also, wenn du die Vollmacht hast, ist doch alles gut. Wäre ja schon blöd, wenn wir jetzt den halben Laden abgerissen hätten, ohne, dass wir es durften. Das kann man einer Versicherung nur ganz schlecht als Unfall verkaufen.«
    Mir wird ganz anders. Auf das Wort »Versicherung« reagiere ich zwar meist mit körperlichem Unwohlsein, aber nie so stark. Mit ist eingefallen, dass wir die Rechnung zwar mit dem Wirt gemacht haben, aber ohne den Hausbesitzer. Um die anderen nicht in Panik zu versetzen, versuche ich es so milde wie möglich zu formulieren: »Scheiße, was wird denn der Vermieter dazu sagen, dass wir sein Haus kaputt gemacht haben?«
    Marie gibt Entwarnung: »Ach, das geht in Ordnung, die Frau, der das Haus gehört, ist in Raffi verliebt. Er ist sogar der Einzige, den sie noch erkennt, wenn er sie ab und an im Pflegeheim besucht. Demenz im Endstadium.«
    Erleichterung: Raphael Kersting, der Mann

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