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Bettler 01 - Bettler in Spanien

Titel: Bettler 01 - Bettler in Spanien Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nancy Kress
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Schläfer und Schlaflose, Wir schlafen! und herkömmliche Unternehmenssysteme, Wohlhabende und Habenichtse – vertan ist?«
    »Ja.«
    »Es existiert immer noch eine Chance. Für alles, Leisha.«
    »Ach wirklich? Und wie kommt es dann, daß du demnächst stirbst?« Nach einem Augenblick des Schweigens setzte sie hinzu: »Entschuldige.«
    »Du kannst dich hier nicht ewig verkriechen, Leisha, nur weil Recht und Gesetz dich enttäuscht haben.«
    »Ich verkrieche mich nicht.«
    »Und wie nennst du es dann?«
    »Ich lebe«, sagte Leisha. »Ich lebe einfach.«
    »Daß ich nicht lache. Doch nicht so! Nicht du! Und streite es nicht ab – ich verfüge über den Einblick der Beinahe-schon-Verewigten!«
    Unwillkürlich mußte Leisha lachen. Doch das Lachen tat weh.
    »Verdammt richtig«, stellte Susan fest, »es ist komisch. Also geh und ruf Stewart und Kate und Miyuki und diesen Sekretär an.«
    »Nein.«
    Richard verschwand in der Dunkelheit, gefolgt von Joey. Jordan und Stella schickten sich an, händchenhaltend zum Haus zurückzukehren. »Also ich würde mir wünschen, Alice wäre hier«, sagte Susan; es klang aufrichtig.
    Leisha nickte.
    »Ja«, meinte Susan arglos, »es wäre schön, deine ganze Gemeinde hier um dich zu versammeln.«
    Leisha sah sie scharf an, aber Susan betrachtete versunken den Mondschein über der Wüste, während unter ihnen irgendein kleines Tier ungesehen vorbeitrippelte und oben am Himmel die Sterne hervorkamen – einer und noch einer und noch einer und noch einer.

 
     
     
    Buch III
     
    TRÄUMER
     
    2075
     
     
     
     
     
     
    »Die Dogmen der stillen Vergangenheit haben keine Gültigkeit mehr in der stürmischen Gegenwart. Die Lage ist schwer beladen mit Widrigkeiten, und wir müssen der Lage gerecht werden. So wie unsere Sache eine neue ist, müssen auch wir lernen, neu zu denken und neu zu handeln. Wir müssen uns befreien.«
    Abraham Lincoln:
    Rede vor dem Kongreß,
    1. Dezember 1862

 
    17
     
    Am Morgen ihres siebenundsechzigsten Geburtstages saß Leisha Camden auf dem Rand eines Stuhles auf ihrem Anwesen in New Mexico und betrachtete ihre Füße.
    Sie waren schmal, hatten einen hohen Rist, und die Haut war frisch und glatt bis zu den Spitzen der Zehen, die kräftig und gerade gewachsen waren. Die glatt abgeschnittenen Zehennägel glänzten leicht rosa. Susan Melling wäre zufrieden gewesen; sie hatte Füßen eine große Wertigkeit beigemessen: ihrem gesunden Aussehen, der Beschaffenheit ihrer Adern und Knochen, ihrem Allgemeinzustand als Barometer des Alterns. Oder Nichtalterns.
    Sie mußte lachen. Füße – sich an Susan, die seit dreiundzwanzig Jahren tot war, ausgerechnet in Verbindung mit Füßen zu erinnern! Und es waren nicht einmal Susans Füße, um die es dabei ging – was noch logisch gewesen wäre –, sondern Leishas eigene – was nur lächerlich war. In memoriam bipedalis.
    Wann hatte sie begonnen, etwas wie Füße lustig zu finden? Bestimmt nicht in ihrer Jugend – mit zwanzig oder dreißig oder fünfzig. Damals war alles so ernst gewesen, von so weltbewegender Wichtigkeit – und nicht nur jene Dinge, die tatsächlich die Welt hätten bewegen können, sondern einfach alles. Sie, Leisha, hatte auf ihre Umgebung wohl recht ermüdend gewirkt, damals. Aber vielleicht gab es bei jungen Leuten keine Ernsthaftigkeit, die nicht ermüdend wirkte. Es fehlte ihnen jene entscheidende physikalische Dimension – das richtige Drehmoment. Zu viel Zeit vor sich, zu wenig Zeit hinter sich: wie ein Mann beim Versuch, eine Leiter zu tragen, die er an einem Ende hält. Nicht einmal echte Leidenschaftlichkeit konnte die Einseitigkeit ausgleichen. Und wenn man alle Konzentration und Geschicklichkeit aufwenden muß, um das Gleichgewicht zu halten – wie sollte man da irgend etwas lustig finden?
    »Worüber lachst du denn?« fragte Stella, die nach einem kurzen und sehr bestimmten Klopfen Leishas Arbeitszimmer betreten hatte. »Dieser Reporter wartet auf dich im Sitzungszimmer.«
    »Jetzt schon?«
    »Er ist zu früh dran.« Stella schniefte ein wenig; sie war von vornherein dagegen gewesen, daß Leisha mit Reportern sprach. »Sollen Sie doch ihre Dreihundertjahrfeiern ohne uns abhalten«, hatte sie gesagt. »Was hat das alles mit uns zu tun? Jetzt?« Leisha war keine Antwort eingefallen, aber sie hatte sich dennoch bereit erklärt, den Reporter zu empfangen. Stella konnte so bar jeglicher Neugierde sein! Aber Stella war auch erst zweiundfünfzig und fand kaum je etwas lustig.
    »Sag

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