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Bettler 01 - Bettler in Spanien

Titel: Bettler 01 - Bettler in Spanien Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nancy Kress
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standen die Worte: ›Was, zum Henker, habt ihr beiden Kerle in den letzten zwei Monaten gearbeitet?‹«
    »Wie wollen Sie wissen, daß das von außerhalb der Firma kam und nicht ein hämischer Hinweis Ihres Direktors war, daß er Ihr Nichtstun entdeckt hatte?«
    »Weil unser Direktor nicht mal ein Furunkel auf seinem Arsch entdecken würde«, antwortete Doktor Walcott und verblüffte Leisha von neuem. »Nein, im Ernst, das ist nicht der einzige Grund. Die Botschaft trug eine Unterschrift, und zwar ›Aktionär‹. Doch was uns wirklich schreckte, Timmy und mich, war der Umstand, daß sie auf einem nicht vernetzten Computer geschrieben stand. Auf einem Computer ohne jedwedes TeleLink. Sogar ohne elektrischen Anschluß, denn es handelt sich um einen IBM-Y, der direkt an Y-Energiekegel angeschlossen wird. Und das Labor war versperrt.«
    In Leishas Magengegend begann es zu zucken. »Reserveschlüssel?«
    »Nur Direktor Lee. Und der war bei einer Konferenz auf Barbados.«
    »Er hat vielleicht seinen Schlüssel jemand anderem gegeben, oder ein Duplikat davon. Oder ihn verloren. Oder Herlinger hat es getan.«
    Walcott hob die Schultern. »Doch nicht Timmy. Aber lassen Sie mich fortfahren. Wir ignorierten die Botschaft. Aber wir beschlossen, die bisherigen Ergebnisse – und zu diesem Zeitpunkt waren wir fast am Ziel – an einen sicheren Ort zu bringen. Also verbrannten wir alles außer einer einzigen Kopie, mieteten einen Safe in der Innenstadtfiliale der First National Bank und ließen uns dazu nur einen Schlüssel geben. In der Nacht darauf vergruben wir den Schlüssel in meinem Garten unter einem Rosenbusch. Es ist eine Endicott Perfection, dreifach gefüllt, deren Blütezeit vom Frühjahr bis in den Spätherbst reicht.«
    Leisha sah Walcott an, als hätte er den Verstand verloren. Er lächelte schwach. »Haben Sie als Kind nie Piratenbücher gelesen, Miss Camden?«
    »Ich habe kaum je Romane gelesen.«
    »Na so was… Nun ja. Ich nehme an, es klingt ein wenig melodramatisch, aber es fiel uns einfach nichts anderes ein.« Er ließ die Finger der linken Hand wieder durch sein dünnes Haar gleiten, das langsam aussah wie verhedderte Vorhangfransen. Mit einemmal verlor seine Stimme jegliche Selbstsicherheit und klang brüchig und müde, als er fortfuhr: »Der Schlüssel liegt immer noch unter dem Rosenbusch, ich habe heute morgen nachgegraben. Aber die Papiere sind aus dem Banksafe verschwunden. Er ist leer.«
    Leisha stand auf und ging zum Fenster. Geistesabwesend drückte sie die Taste, und das Glas wurde durchsichtig. Purpurnes Licht warf blutrote Flecken auf den Michigansee. Im Osten stand der Halbmond hoch am Himmel.
    »Wann haben Sie den Diebstahl bemerkt?«
    »Heute morgen. Ich grub den Schlüssel aus, und dann fuhren Timmy und ich zur Bank, um die Papiere zu holen, weil wir etwas zu ergänzen hatten. Ich sagte den Bankbeamten sofort, daß der Safe leer war. Sie behaupteten, laut Register sollte auch nichts darin verwahrt sein. Ich sagte, ich hätte persönlich neun Blatt Papier in den Behälter getan.«
    »Sie haben das per Computereingabe festgehalten, als Sie den Safe mieteten?«
    »Selbstverständlich.«
    »Haben Sie eine Empfangsbestätigung in geschriebener Form erhalten?«
    »Ja.« Er reichte sie ihr, und Leisha sah sie sich genau an. »Aber dann«, fuhr er fort, »als der Bankmanager das elektronische Register aufrief, schien darin eine weitere Eintragung auf, die besagte, daß Doktor Adam Walcott am nächsten Tag wiedergekommen war und alle Papiere aus dem Safe entfernt hatte, selbstredend unter Hinterlassung einer entsprechenden Quittung. Und, Miss Camden, die Bank hatte diese Quittung!«
    »Mit Ihrer Unterschrift?«
    »Mit meiner Unterschrift. Aber ich habe nie unterschrieben! Es ist eine Fälschung!«
    »Nein, es wird sich um Ihre Handschrift handeln«, sagte Leisha. »Wie viele Dokumente unterschreiben Sie jeden Monat, Herr Doktor?«
    »Dutzende, nehme ich an.«
    »Anforderungsscheine für Laborbedarf, Spesenabrechnungen, Versandlisten. Lesen Sie sie alle?«
    »Nein, aber…«
    »Haben in letzter Zeit irgendwelche Sekretärinnen gekündigt?«
    »Nun… vermutlich. Direktor Lee hat immer große Schwierigkeiten, das Büropersonal zu halten.« Die farblosen Brauen schossen aufeinander zu. »Aber der Direktor hatte keine Ahnung, woran wir arbeiteten!«
    »Das glaube ich Ihnen aufs Wort.« Leisha legte sich beide Hände auf den Magen. Schon lange gab es keine Klienten mehr, die ihr ein flaues Gefühl in

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