Bettler 01 - Bettler in Spanien
ihrem Tee und hörte schweigend zu. Als Leisha mit ihrem Bericht fertig war, sagte sie nichts.
»Susan?«
»Laß mich die Aufzeichnungen sehen.« Sie stellte die Tasse hart auf den Glastisch; es klapperte laut.
Susan studierte die Papiere eingehend und verschwand dann in ihrem Arbeitszimmer, um einige Berechnungen nachzuprüfen. »Bitte benutze nur einen nicht vernetzten Computer!« rief Leisha ihr nach. »Und lösch die Daten hinterher! Vollständig!« Nach einer Sekunde nickte Susan langsam.
Leisha sah sich unterdessen im Wohnzimmer um, wanderte von Steinen, in die launenhafte Winde Löcher gebohrt hatten, zu Steinen, die so glatt waren, als hätten sie Millionen Jahre auf dem Grund des Ozeans gelegen, weiter zu Steinen mit merkwürdigen, wie bösartige Geschwülste wirkenden Höckern. Sie nahm einen Tierschädel in die Hand und strich mit den Fingern über den seidigglatten Knochen.
Als Susan zurückkehrte, war sie ruhiger; all ihre geistigen Kapazitäten liefen auf Hochtouren. »Also, das, was vorhanden ist, sieht nach einem echten neuen Vorstoß aus. Das war es doch, was du wissen wolltest, oder?«
»Geht er weit genug?«
»Hängt davon ab, was in dem fehlenden Teil enthalten ist. Was er hier vorlegt, ist neu, aber eher neu in dem Sinn, als es vorher noch nie erforscht wurde, weil es einen leicht bizarren Seitenweg darstellt, und nicht in dem Sinn, daß es sich um eine zwangsläufige, wenngleich schwierige Erweiterung von bereits vorhandenem Wissen handeln würde. Wenn du weißt, was ich mit dieser Unterscheidung meine.«
»Natürlich. Aber auf dem, was wir da vor uns haben, könnte man eine schlüssige Theorie aufbauen, nach der man tatsächlich aus Schläfern Schlaflose machen kann?«
»Es ist möglich«, sagte Susan. »Er wagt ein paar unorthodoxe Abweichungen von Gaspard-Thiereux’ Arbeit, aber soweit ich es erkennen kann… ja, es ist möglich.« Susan sank auf das Sofa und vergrub das Gesicht in den Händen.
»Wie viele von den Begleiterscheinungen würden… Ich meine, ist es auch möglich, daß…?«
»Willst du mich fragen, ob Schläfer, die nicht bereits in vitro, sondern erst später zu Schlaflosen werden, die gleichen nicht alternden Organe haben könnten wie ihr? Mein Gott, ich weiß es nicht! Die Biochemie dieses ganzen Komplexes liegt großteils immer noch im dunkeln.« Susan legte die Hände in den Schoß und lächelte freudlos. »Ihr Schlaflose liefert uns zu wenige Forschungsobjekte. Ihr sterbt zu selten.«
»Tut mir leid«, entgegnete Leisha trocken, »aber wir haben dazu einfach zu volle Terminkalender.«
»Leisha«, sagte Susan mit schwankender Stimme. »Was wird jetzt geschehen?«
»Abgesehen von dem Ringkampf bei Samplice? Wir beantragen Patente auf Walcotts Namen. An sich habe ich bereits alles Notwendige in die Wege geleitet, bevor es jemand anderer tun kann. Dann, nach Walcott und Herlinger… und das ist ein weiteres Problem.«
»Was ist ein Problem?«
»Das Duo Walcott und Herlinger. Ich habe den Verdacht, daß es Herlinger ist, dem der Löwenanteil an dieser Coproduktion zugeschrieben werden müßte, daß aber Walcott nicht daran denkt, die Früchte dieser Arbeit mit ihm zu teilen, wenn er es nur irgendwie verhindern kann. Walcott ist eine Kombination aus Sanftmut und Streitsucht. Wandelt geistesabwesend durchs Leben und hat keinen Schimmer, wie die Dinge in Wahrheit laufen, bis ihm jemand in die Quere kommt; dann heult er auf und verbeißt sich in die Sache und läßt nicht wieder los.«
»Ich kenne den Typus«, stellte Susan fest, »das Gegenteil von deinem Vater.«
Leisha sah sie an; Susan sprach selten von Roger Camden.
Susan griff nach demselben Tierschädel, den Leisha in der Hand gehabt hatte. »Was weißt du über Georgia O’Keeffe?«
»Eine Malerin, nicht wahr? Neunzehntes Jahrhundert?«
»Zwanzigstes. Sie malte diese Schädel. Und diese Wüste. Mannigfach.« Susan ließ den Schädel plötzlich fallen, und er zersplitterte auf dem Steinboden. »Leisha, sieh zu, daß du dieses Kind bekommst, von dem ihr, Kevin und du, immer redet. Es gibt keine Garantie dafür, daß du nie ins Klimakterium kommen wirst, nur weil noch keine Schlaflose in den Wechseljahren ist. Auch Eierstöcke, die selbst nicht zu altern scheinen, können keine neuen Keimzellen hervorbringen. Deine Eier sind dreiundvierzig Jahre alt.«
Leisha rückte näher. »Susan, willst du damit sagen, du bedauerst, daß… du würdest dir wünschen, daß du…«
»Nein, das will ich damit nicht
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