Bettler 03 - Bettlers Ritt
für das Unternehmen darstellen, denn wenn Strukow die Bundesenklaven von Brookhaven, Cold Harbor, Bethesda, New York, der Mall in Washington und dazu die Militärbasen in Kalifornien, Colorado, Texas und Florida infizieren konnte, dann konnte er alles infizieren.
Die Tür ihres Büros ging auf und wieder zu. Entgegen ihrem ausdrücklichen Wunsch! Will sagte zu Strukows Hologramm: »Sehr gut, soweit. Aber natürlich haben wir noch keinen Beweis, daß diese Version Ihres Virus auch wirklich funktioniert.«
Es wollte ihr einfach nicht gelingen, Will beizubringen, daß es ein taktischer Vorteil war, Rivalität nicht erkennen zu lassen.
Strukow sagte: »Aber ganz gewiß es wird funktionieren.« Sein Lächeln entblößte perfekte Zähne. »Oder vielleicht Sie haben Zweifel an den Mechanismen der Freisetzung. Doch dies fällt nicht in meinen Verantwortungsbereich, sondern in den Ihrer peruanischen Ingenieure. Möglicherweise sollten Sie diskutieren Ihre Bedenken wegen dieser Technik mit Ihrer so brillanten Enkeltochter Miranda Sharifi.«
»Das ist alles, Doktor Strukow«, sagte Jennifer.
»À bientôt, madame.«
»Ich traue ihm nicht«, stellte Will fest, nachdem die Verbindung beendet war.
»Es gibt keinen Grund, es nicht zu tun«, sagte Jennifer ruhig. Sie würde erneut über Will Sandaleros als Ehemann und Partner nachdenken müssen. Wenn er seine Abneigung und Eifersucht nicht im Zaum halten konnte…
»Er will den Sharifi-Labors immer noch keine Virusprobe zur Analyse überlassen. Und unsere Genetiker schaffen es nicht, ein entsprechendes theoretisches Modell zu präsentieren. Die Biochemie ist so verdammt indirekt…«
»Wir wollten indirekte Effekte«, sagte Jennifer. Dann wandte sie sich an ihren Bildschirm: »Nachrichtenmodus. Kanal 164.« Es war die verläßlichste der Macher-Stationen und sendete von New York aus.
»Ich traue ihm einfach nicht«, wiederholte Will.
»Fünfzig Minuten«, sagte das Terminal in der Ecke.
»… Ausbruch von Kämpfen unter den Nutzern in Iowa«, sagte der Nachrichtensprecher. »Sicherheitsbeamte haben allen Sendern versichert, daß keine Gefahr für die Enklave Peoria oder für die abgeschirmten Agri-Zonen im Süden von Illinois besteht. RoboKamera-Aufnahmen der Kämpfe zeigen, daß etliche Nutzer-Stämme – die sich möglicherweise zusammengerottet haben – darin verwickelt sind. Die Ursache scheint, wie überall sonst im Land auch, das Fehlen von Umstellungs -Spritzen zu sein, die in diesen bedauernswerten Nutzer-Lagern…«
Jennifer konzentrierte sich auf den visuellen Teil, der – abgesehen vom raschen Wechsel von einer Kamera zur anderen – nicht manipulierte Originalbilder lieferte. Ein Angriff bei Tageslicht – gestern? – von dreißig oder vierzig Nutzern auf eines ihrer elenden kleinen ›Lager‹. Die Bewohner des Lagers saßen nackt unter der durchsichtigen Plane, mit der sie ihre Nährplätze abdeckten. Warum waren sie nicht den Winter über nach Süden gezogen wie so viele andere? Bedeutungslos. Die zweite Gruppe Nutzer, gekleidet in alte staatlich ausgegebene Synthetiksachen und eine bizarre Auswahl selbstgewebter konsumierbarer Stoffe, stürmte ins Bild und eröffnete das Feuer. Menschen schrien, Blut spritzte gegen die niedrig gespannte Plane. Ein Baby greinte, bevor es in Fetzen geschossen wurde.
Jennifer stoppte das Bild und studierte es. Die Angreifer waren mit AL-72ern ausgerüstet, einer militärischen Angriffswaffe. Das hieß, daß sie entweder Macher-Verbündete hatten oder sich über das Computersystem Zugang zu einem staatlichen Waffenlager verschafften – vermutlich das letztere. Die Datenfischer der Nutzer wurden immer frecher. Und je mehr Wissen und Waffen sie sich aneigneten, desto potentiell gefährlicher wurden sie – nicht nur für die Macher, sondern auch für Sanctuarys finanzielle Beteiligungen in den Vereinigten Staaten und, denkbar, für Sanctuary selbst.
»… eine weitere Gruppe ›Ärzte der Nächstenliebe‹ hat sich bereits in das Gebiet der drei Distrikte begeben…«
»Vierzig Minuten«, sagte das Terminal in der Ecke.
Jennifer wechselte die Nachrichtenkanäle mit metronomischer Regelmäßigkeit; zwei Minuten für jeden. Selbstverständlich stellten Suchprogramme stündlich Resümees für sie zusammen, aber es war wichtig, sich dazu auch direkt zu informieren, um jene Nuancen im Tonfall nicht zu versäumen, die eine gedrängte Übersicht nicht liefern konnte.
Ein Nutzer-Überfall auf die Enklave Miami; dreißig
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