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Bettler 03 - Bettlers Ritt

Titel: Bettler 03 - Bettlers Ritt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nancy Kress
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so dachte? Nur sie?
    »Jedes Umfeld«, hatte Jackson in dieser langsamen, sorgfältigen Diktion, in der er stets zu ihr sprach, einmal erklärt, »jedes Umfeld schafft andere Persönlichkeitsprofile. Unseres erzeugt Vitalität, Aggressivität gepaart mit dem Anschein der Gleichgültigkeit und eine gewisse unbekümmerte Grausamkeit… Du hingegen bist nicht so, Tess. Du bist vom Charakter her völlig anders. Nicht schlechter, nur anders. Und daran ist nichts auszusetzen.«
    Ja, so sah sie das auch. Aber nur weil sie zu der Ansicht gekommen war, daß ihre Andersartigkeit Sinn und Zweck hatte. Die schwarze Wolke in ihrem Hirn, die Angst vor allem Neuen, die Angstattacken, die manchmal so heftig waren, daß sie kaum atmen konnte… ihr Sinn und Zweck war es, Theresa die träge Hülle ihres Samenkorns sprengen zu lassen und sie blind zum Licht zu drängen. Das glaubte sie. Auch wenn sie das Licht nie zuvor gesehen hatte und nicht genau wußte, was es eigentlich war, dem sie sich da entgegenreckte. Auch wenn sie manchmal daran zweifelte, daß das Licht überhaupt existierte. Aber das war auch Teil der Gabe. Es ließ sie alles in Frage stellen, was rund um sie vorging, für den Fall, daß ihr ein wesentlicher Fingerzeig auf das, was sie als nächstes tun sollte, entgehen mochte.
    Darüber hatte sie mit Jackson jedoch nicht gesprochen. Er machte sich ohnehin schon genug Sorgen um sie, und er hätte es ohnehin nicht verstanden. Eigentlich komisch – Jackson war der Kluge in der Familie und Theresa diejenige, deren IQ-Modifikation nicht ganz geklappt hatte. Jedenfalls hatte sie einige Schwierigkeiten mit der Schul-Software gehabt. Aber Jackson hätte nicht verstanden, daß er – auch wenn er darin recht gehabt hatte, daß jede Kultur andere Charaktereigenschaften hervorbringt und schätzt – nicht weit genug gegangen war mit diesem Gedanken.
    Theresa hatte es getan. Sie hatte Tausende Stunden an ihrem Terminal verbracht und Thomas langsam und mühselig in den Geschichts-DeBes auf die Suche geschickt. Und da hatte sie das Umfeld entdeckt, das eine Persönlichkeit wie die ihre geschätzt hätte: das Zeitalter des Glaubens.
    Sie hätte als Katholikin auf die Welt kommen sollen. Im späten Mittelalter, als Männer und Frauen geehrt wurden, wenn sie ihr Leben dem Schmerz als sicherem Weg zu spirituellem Wachstum weihten. Damals hätte sie dazugehört. In ein Kloster einzutreten, einen Grund zu haben für ein weltabgeschiedenes Leben, mit anderen in unablässigem Gebet vereint… Aber sie war in ein Zeitalter hineingeboren worden, in dem niemand, den sie kannte, auch nur an Gott glaubte. Sie selbst eingeschlossen.
    Theresas Augen füllten sich mit Tränen. Ärgerlich wischte sie sie weg und wandte sich ab vom Anblick ihres nackten Körpers im Spiegel. Wie dumm von ihr, zu weinen; sie war eben jetzt geboren worden und nicht damals, und auch das mußte Teil der Gabe sein. Sie war dazu bestimmt, einen anderen Weg zu finden, einen anderen Pfad zum Licht, auch wenn sie nicht wußte, ob sie es je erreichen würde. Und nach Monaten – Jahren! – der Meditation und der falschen Anfänge hatte sie endlich erkannt, welches der Weg war.
    Sie mußte hinaus.
    Hinaus aus dem Apartment, hinaus aus der Enklave. Jackson hielt sie normalerweise davon ab, die Nachrichtensendungen zu sehen, weil sie sich danach noch schlechter fühlte, und bis vor ein paar Monaten hatte Theresa willig befolgt, was Jackson vorschlug. Aber in letzter Zeit hatte sie Holovids gesehen, wann immer Jackson nicht zu Hause war, und obwohl die meisten Nachrichten klarerweise Macher betrafen, hatte es auch kurze Einblicke ins Leben der Nutzer gegeben – zwischen den Börseberichten, der Enklavepolitik und sogar einem gelegentlichen Blick auf die Washingtoner Bundespolitik, die anscheinend niemand mehr für auch nur annähernd so wichtig hielt wie die internen Angelegenheiten der Enklaven. Es waren nur kurze Einblicke, aber sie zeigten, daß die Nutzer litten. Keinen Hunger – davor waren sie für immer gefeit. Aber sie litten unter einem Mangel an vielen Dingen: an Energiekegeln, ordentlicher Kleidung und Ersatzteilen für Terminals. Während Menschen wie Theresa, Jackson und Cazie und diese widerlichen Freunde, die Cazie am vergangenen Abend hergeschleppt hatte, solche Dinge im Überfluß besaßen. Als sie das erkannte, hatte sie sich zutiefst geschämt.
    Und dann hatte Theresa etwas auf Holovid gesehen, das ihr sagte, daß es ihre Bestimmung war hinauszugehen. Dort

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