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Betula Pendula: Erster Zyklus: Frühling (German Edition)

Betula Pendula: Erster Zyklus: Frühling (German Edition)

Titel: Betula Pendula: Erster Zyklus: Frühling (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Kassem
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Land.
    Er stellte sich gerade hin und faltete die Hände vor der Brust, dann streckte er die Arme nach oben, beugte sich nach unten und fasste seine Zehen an, hockte sich hin und streckte das rechte Bein nach hinten, nahm das rechte Bein nach vorne und streckte das linke Bein nach hinten, machte ein umgedrehtes V mit seinem Körper, legte sich hin, machte wieder ein umgedrehtes V, fasste seine Zehen an, streckte die Arme nach oben und faltete die Hände wieder vor die Brust.
    Dann machte er die Begrüßungsstellung, legte die Hände auf die Oberschenkel, flüsterte „Ossu“ und schloss die Augen. Hinter seinen Augenlidern sah er Angh Park, die Jungs vom Verein, Oded, seine Mutter, Cristobal und die ganzen Vögel, die Eidechse in seinem Schuh. Und Schlangen, die neun Meter lang waren und den Maul groß aufrissen und alles verschluckten. Krokodile, die das Maul groß aufrissen und alles verschluckten. Viktor wurde ganz nervös, aber er versuchte, seinen Geist zu kontrollieren und konzentrierte sich stark. Er dachte an seinen Vater, und dass er morgen in die Firma gehen würde, Marco würde da sein und sie würden Hausaufgaben machen, mit Gerald würde er über Fußball reden und ihm über Karate erzählen, er würde Emilia sehen, die bestimmt wieder sehr hübsch aussehen würde, und die Putzfrau, die ihm irgendwas Unverständliches erzählen würde, und er freute sich. Ihm fiel ein, dass Linda nicht zu seinem Geburtstag gekommen war. Dieser Gedanke überraschte ihn, er hatte sie vollkommen vergessen. Das erschreckte ihn. Linda! Sie kam nicht zu seinem Geburtstag, obwohl er sie eingeladen hatte! Das machte ihn traurig. Vielleicht wusste sie nicht, wo er wohnt. Er überlegte, wann er wieder Haare schneiden musste, und nahm sich vor, ihr seine Adresse aufzuschreiben. Vielleicht konnte er mal mit Oded zu Samuel fahren, einfach nur so, um Linda zu besuchen. Ein paar Krokodile und Schlangen und Eidechsen schlichen sich in seine Gedanken ein, er versuchte, sie beiseite zu schieben, aber er wurde wieder nervös. Er machte sich eine Liste im Kopf, was er am nächsten Tag alles erledigen musste. Oded wegen Linda Bescheid sagen. Gerald van den Berg von Karate erzählen. Galina „Dobryj Den“ sagen, das neue fremdländische Wort, das er von Roccos Mutter gelernt hatte. Seinem Vater von Karate erzählen. Gem von Karate erzählen. Sonnengruß machen. Laufen. Er nahm sich vor, jeden Tag zu laufen. Er nahm sich vor, den Senkutsu Dachi zu üben, damit er nächste Woche beim Karate der Beste sein würde. Ihm fiel ein, dass Angh Park nicht wollte, dass sie die Besten waren. Nur der kleine Mann wollte immer der Beste sein. Aber wenn er zu Hause heimlich übte und in der Karatestunde ganz unauffällig der Beste war, dann würde das vielleicht Angh Park nicht auffallen. Er dachte nach, wann Cristobal wieder vorbeikommen würde, vielleicht morgen. Er überlegte, ob er den Elstern etwas Honig geben sollte, aber er traute sich nicht. Er dachte über den Zirkus nach, der nach zehn Mal Schlafen kommen würde, und freute sich so sehr, dass er dann mit geschlossenen Augen lächelte.
    Viktor stand auf, verbeugte sich, flüsterte „Ossu“ und ging ins Bett. Er schaute in sein Kinderlexikon und las die Einträge zu Karate, China und Japan. Dann nahm er sich vor, das Kinderlexikon mit in die Firma zu nehmen, um es Emilia zu zeigen.
    Dann ging er zum Fenster, schaute hinaus, zählte die Elstern, schaute sich die Bäume und den Himmel an. Es war windig draußen, die Vögel hatten ihre Federn aufgeplustert und krallten sich an d ie Äste der Bäume. Er schaute nach unten in den Hof, konnte aber keine Reptilien sehen. Er durchsuchte sein Zimmer, fand aber auch keine Reptilien.
    Er traute sich nicht , ganz im Dunkeln zu schlafen, also schaltete er seine Goldfischlampe an, lag im Bett und schaute den Schatten der Goldfische und Seesterne zu, wie sie an seiner Decke und seinen Wänden entlangglitten. Er konnte sich nicht erinnern, wer ihm die Lampe geschenkt hatte, bestimmt Helena, er nahm sich vor, sie morgen zu fragen. Er versuchte, die Seesterne zu zählen, kam aber durcheinander, weil sie sich bewegten und sich entlang der Wände und entlang der Decke drehten. Er hörte bei 56 auf, da er sicher war, dass es nicht so viele Seesterne waren. Er fragte sich, ob Fische und Seesterne auch Reptilien waren, aber soweit er sich erinnerte, stand nichts davon im Kinderlexikon. Er nahm sich vor, morgen noch mal nachzuschauen, oder Marco oder Cristobal zu

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