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Beuterausch

Beuterausch

Titel: Beuterausch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lucky Jack & McKee Ketchum
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mich, wie er in diesem Augenblick nach der Flasche griff.
    »Ulmenholz ist schwer spaltbar«, sagte er. »Verzahnte Fasern. Es wurde früher oft für Räder verwendet. Und für Särge.«
    Wer kann schon das Ausmaß des menschlichen Leidens beurteilen? Was ist schlimmer, wenn ein junger Sohn in Übersee im Krieg fällt oder wenn eine junge Tochter eines Tages einfach verschwindet und nie mehr auftaucht? Ist es schlimmer, jämmerlich zu verhungern oder von Krebs zerfressen im Krankenhaus zu sterben? Platzangst oder Hypochondrie? Was ist schlimmer? Die Schlinge des Henkers oder das Beil des Scharfrichters?
    Was kann man schon tun, außer zwischen einem schnellen und einem langsamen Tod zu wählen?
    Bei diesen beiden Möglichkeiten weiß ich, was mir besser gefällt. Sie wahrscheinlich auch.
    In Anbetracht all dessen glaube ich, dass Art den schwersten Tod hatte.
    Ich habe mittlerweile bemerkt, dass die Frau einen ganz eigenen Sinn für Humor hat. Den ersten Hinweis darauf bekam ich, als Peg mir sagte, welchen Namen die Frau dem Hunde-Ding gegeben hat. Soiceid. Übersetzung gefällig? Augenhöhle.
    Ein Mädchen, Pegs Schwester. Ungefähr elf Jahre alt und unter Anophthalmie leidend. Ohne Augen geboren. Leere Höhlen, wo die Augen sein sollten. In Dunkelheit geboren, um auf ewig in Dunkelheit zu leben. Der Schandfleck von Pegs Familie, fast zehn Jahre lang mit den Jagdhunden im Zwinger eingesperrt. Sie verhält sich wie ein Hund. Denkt wie ein Hund.
    Und auch deshalb glaube ich, dass es Art am schlimmsten erwischt hat.
    Weil dieser Hund grausam war.
    Ich habe Ihnen schon erzählt, wie sie in Arts Augen gegriffen hat, und jetzt können Sie die Bedeutung dieser Geste verstehen. Ich habe Ihnen erzählt, wie sie an seinen Genitalien gerissen, in seine Extremitäten und Wangen gebissen hat. Aber laut Peg war er noch sehr lebendig, als sie über den Strand zu ihm kamen. Er schüttelte den Kopf, nein, und die Überreste seiner Lippen versuchten, das Wort nein zu formen, aber es war fast nichts mehr übrig.
    Augenhöhle hatte sie weggeküsst .
    »Ein Kuss ist ein verschleierter Biss«, erklärte Peg mir. »Das habe ich von meinem Vater gelernt.«
    Seine Wangen waren weg. Seine Nase war weg. Und Augenhöhle nagte an einer langen Darmschlinge.
    Die Frau legte Lindas Leiche neben ihn, und Lindas linker Arm rutschte in seine Bauchhöhle. Dann schob die Frau ihr Messer zwischen seine blutbefleckten Zähne. Er musste irgendwie mitbekommen haben, was das bedeutete, denn er hörte auf, den Kopf zu schütteln, und versuchte nicht länger zu sprechen. Sie richtete die Klinge nach oben und rammte sie durch den weichen Gaumen in sein Gehirn.
    Ich habe gelernt, dass das ihre Art von Gnade ist.
    »Warum ich?«, fragte ich sie.
    Das war viel später. Lange nachdem ich gesehen hatte, was sie mit den Leichen taten.
    »Warum sie und nicht ich?«
    Peg lächelte nur. »Das wirst du noch früh genug erfahren.«
    Wenn Ihnen die Tränen brennend aus den Augen quellen, wenn Ihnen Säure in der Kehle ätzt, wenn Ihr Magen sich unkontrolliert verkrampft, wenn die Hunde bellen, Ihre Kotze umkreisen und über die Felsen von einem blutigen Kadaver zum nächsten hetzen, dann entgehen Ihnen ein paar Dinge.
    Aber Folgendes bekam ich von Linda mit.
    Ich sah, wie sie ihre Fußgelenke an eine starke schlanke Pechkiefer banden, die Beine weit gespreizt, die Arme am Boden festgepflockt – ein nacktes menschliches X, auf obszöne Weise gekreuzigt. Lindas Mund hing offen, und ihre Augen schienen mich durch das Feuer, das die Frauen entzündet hatten, direkt anzustarren und mir vorzuwerfen, dass ich am Leben war.
    Ich beobachtete, wie die Frau ihr Messer an der rechten Seite des Kiefers ansetzte und Hals und Kehlkopf mit einem tiefen Schnitt von einem Ohr zum anderen durchtrennte, wie das Blut erst schnell, dann langsamer in den Eimer strömte, den die kleine nackte Darleen ihnen aus der Höhle hinter mir gebracht hatte, und wie Augenhöhle zögerlich daran schleckte und zu Peg aufsah, als wollte sie um Erlaubnis fragen, und in diesem Moment begann ich zu kotzen und lenkte damit die Aufmerksamkeit der drei großen Hunde auf mich – unfähig, mir das Kinn abzuwischen, weil sie mir die Hände hinter den Rücken gebunden hatten. Unfähig, mich von dem Gestank zu entfernen, weil auch meine Füße gefesselt waren.
    Ich sah, wie Peg und die Frau Lindas Arme und Beine in Richtung ihres Leibes massierten und ihren Magen ausdrückten, sie auswrangen, bis das Blut nur noch

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