Beuteschema: Thriller (German Edition)
Pinot Grigio zusammen getrunken, wovon Claire immer noch etwas benommen war. Sie deckte den Hörer mit der Hand ab. » Psst, sonst hört er dich«, flüsterte sie. » Ich mach das schon. Er ist mein Patient.«
» Ganz recht– er ist dein Patient«, sagte Ian. » Und wenn du die Sache dem Notdienst überlässt, anstatt dich selbst um ihn zu kümmern, wird Curtin über dich herfallen. Vor allem, wenn man bedenkt, wie euer erstes Treffen verlaufen ist.«
Claire starrte den Hörer an und wünschte, sie könnte einfach auflegen und dieses erste Gespräch mit Quimby auslöschen.
» Hat es Ihnen die Sprache verschlagen, Dr. Waters?«, höhnte Quimby.
» Fahren Sie zur Notaufnahme«, sagte Claire. » Ich komme so schnell wie möglich.«
Sie beendete das Gespräch, und Ian setzte sich auf und gab ihr einen Kuss. Er hielt sie in den Armen und lächelte. » Du bist eine fantastische Psychiaterin. Vergiss das nicht.«
Aber Claire war nicht überzeugt. Sie umarmte Ian, löste sich dann von ihm und schälte sich aus den Laken. » Ich zieh mich lieber an«, sagte sie.
Ian drehte sich um und begann augenblicklich zu schnarchen. Claire schaute auf ihn hinunter und beneidete ihn darum, wie schnell er einschlafen und die Probleme des Tages hinter sich lassen konnte. Vielleicht liebte sie ihn deshalb so sehr. Er war ein Problemlöser, immer zur Hilfe bereit. Sie konnte ihm von ihren Schwierigkeiten erzählen, und er fand immer einen Ausweg. Sie hatte ihm das Gespräch mit Quimby in allen Einzelheiten erzählt, und er hatte ihr versichert, dass sie nichts falsch gemacht hatte und sie daran erinnert, dass die ersten Treffen zwischen Arzt und Patient eine Art Reise waren, um einander kennenzulernen, ehe die eigentliche Behandlung begann.
Doch selbst Ians Unterstützung hatte ihr die anhaltende Angst hinsichtlich ihres ersten Falls in Curtins Programm nicht nehmen können. Als Claire Quimby in dem Vernehmungsraum im Gefängnis zurückließ, hatte sie gewusst, dass sie Mist gebaut hatte, und sie war nicht allzu überrascht gewesen, als Curtin sie zur Seite genommen und ihr die Leviten gelesen hatte.
Möglicherweise sind Sie für so eine Verantwortung nicht bereit.
Fairborns Worte hallten in ihrem Kopf wider, als sie den kleinen Schrank öffnete und die ewig gleichen Klamotten betrachtete: Jeans, hellblaue Baumwollblusen, ein paar Röcke und Pullover dazwischen, um die Monotonie zu durchbrechen, dazu das neue olivgrüne Kostüm und ein älteres dunkelgraues. Sie hielt inne, um zu überlegen, was sie anziehen sollte, etwas, das sie selten tat.
Sie hielt in letzter Zeit überhaupt viel inne, ihrer selbst unsicher und was die Entscheidung für das Forschungsstipendium unter Paul Curtin anging. Dann nahm sie eine der hellblauen Blusen aus dem Schrank und zog sie an, während sie Ian betrachtete, der friedlich schlief.
Doch, dachte sie. Es war die richtige Entscheidung, hierherzukommen und zusammen mit Ian an diesem Forschungsstipendium teilzunehmen.
Sie war bereit. Sie würde Quimby helfen, sich seinen Dämonen zu stellen, auch wenn es bedeutete, ihren eigenen Schutzwall der emotionalen Sicherheit zu durchbrechen.
Quimby war bereits im psychiatrischen Behandlungsraum der Notaufnahme, als Claire eintraf. Der Raum war leer bis auf zwei Stühle und einen Untersuchungstisch, damit sich psychotische oder selbstmordgefährdete Patienten nicht mit irgendwelchen Instrumenten oder Ausrüstungsgegenständen verletzen konnten. Quimby lächelte über das ganze Gesicht, als er sie sah, was sie wütend machte. Er sieht alles andere als verzweifelt oder voller Angst aus.
» Lassen Sie uns eins klarstellen«, belehrte sie ihn. » Ich bin die Psychiaterin, Sie sind der Patient. Ich stelle die Fragen. Und unser Gespräch dreht sich ausschließlich um Sie, nicht um mich. Sind wir uns einig?«
» Ich brauche wirklich Ihre Hilfe«, sagte er.
Sein Grinsen war verschwunden. Claire begriff, dass er aus Erleichterung gelächelt hatte, weil sie da war, nicht um sich über sie lustig zu machen. Sie sah in seine ängstlichen Augen, konnte aber ihre eigenen Gedanken nicht abschütteln. Bin ich hergekommen, um ihm zu helfen? Oder mir?
Ihr Ton wurde sanfter. » Ist etwas passiert?«, fragte sie.
» Ja.«
» Erzählen Sie es mir.«
» Es war schlimm.« Er zögerte, bevor er fortfuhr. » Ich habe eine Nutte aufgegabelt. In der Nähe des Times Square.«
Claire nickte teilnahmsvoll. Ja, es war eine Verletzung der Bewährungsauflagen, die ihn zurück ins
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