Beutewelt 03 - Organisierte Wut
auch entkommen. Sie tauchten im allgemeinen Chaos bei einigen ihrer Anhänger in Nowopolozk unter und verließen die Stadt erst Tage später im Schutz der Dunkelheit.
„Ha! Das war genial!“, tönte Wilden und nahm noch einen Schluck Wodka zu sich.
„Na, ich weiß nicht. Arturs Machtdemonstration ist aber auf jeden Fall geglückt, das muss ich zugeben“, sagte Frank und genehmigte sich auch einen Schluck Alkohol.
„Einen solchen Auftritt hat sich seit Jahren niemand mehr getraut. Ich bin gespannt, was die Abendnachrichten gleich zeigen …“, meinte der ältere Herr stolz und schien sich wieder wie ein junger Revoluzzer zu fühlen.
„John ist jedenfalls weniger begeistert von der Sache gewesen“, warf Bäumer in die Runde. „Sein Auto hat gut was abbekommen!“
„Ach, die Windschutzscheibe! Na, und?“, posaunte Wilden. „Die kann er doch auswechseln lassen!“
„Gut, dass er vorher seine Nummernschilder ausgetauscht hat. Die Karre ist bestimmt irgendwo gefilmt worden“, sagte Frank und schaltete den Fernseher an.
„Meinst du nicht, dass sie unseren Weg nach Ivas nachverfolgen können, Thorsten?“, sorgte sich Bäumer.
„Nein, da war doch niemand mehr. Wir sind keinem aufgefallen. Da bin ich mir sicher“, schnaufte Wilden erschöpft und trank weiter.
Die heutige Demonstration in Nowopolozk war erwartungsgemäß das Hauptthema in sämtlichen Abendnachrichten. Das Fernsehen zeigte Bilder von vermummten Demonstranten und der kurzen Schießerei mit der Polizei, während die Journalisten Zeter und Mordio geiferten.
Auch Sub-Gouverneur Medschenko äußerte sich mit betroffener Miene zu den Vorgängen und wies darauf hin, dass die Behörden jetzt noch entschiedener gegen Artur Tschistokjow und seine Anhänger vorgehen würden.
Die aufgeregt quasselnde Reporterin machte dem Polizeichef von Nowopolozk schwere Vorwürfe und verlangte von ihm eine Erklärung bezüglich der schlechten Vorbereitung seiner Beamten auf die illegale Demonstration. Der Mann stotterte lediglich in die Kamera und machte den Eindruck, als wären seine Tage als oberster Beamter der Industriestadt bereits gezählt.
Zuletzt wurde erneut ein Fahndungsaufruf an die Bevölkerung durchgegeben und Artur Tschistokjows Konterfei gezeigt.
Frank und die anderen konnten sich ein hämisches Grinsen nicht verkneifen. Der heutige Tag war, abgesehen davon, dass sie selbst große Risiken eingegangen waren, eine schwere Niederlage für die Mächtigen im Sub-Verwaltungsbezirk „Weißrussland-Baltikum“.
Zwar wurde in den Medien stolz von einer „Serie von Verhaftungen“ gesprochen, doch hofften die Rebellen, dass derartiges von Tschistokjow einkalkuliert worden war und die Inhaftierten der Polizei nichts Wichtiges verrieten.
Doch sie sollten sich täuschen. Die weißrussischen Beamten nahmen die Gefangenen mit größter Brutalität in die Mangel und prügelten einige Informationen über die Freiheitsbewegung der Rus aus ihnen heraus. Unterstützt wurden sie hierbei von auswärtigen GSA-Agenten, welche mit ihren gnadenlosen Verhörmethoden meistens erfolgreich waren. Den einen oder anderen Verhafteten sah man sogar niemals mehr wieder.
Bald wussten sie, dass sich Artur Tschistokjow in Wizebsk aufhielt und durchkämmten die Stadt nach ihm bis in den letzten Winkel. Glücklichweise hatte der Politiker nur seinen engsten Vertrauen verraten, wo er zu finden war und offiziell hatte er natürlich keinerlei Anschrift.
Trotz allem verlegte er seinen Wohnsitz Mitte August aus Sicherheitsgründen nach Pinsk, wo ein unauffälliger Sympathisant seiner Organisation eine Wohnung außerhalb des Stadtzentrums für ihn angemietet hatte.
Der junge Politiker kam in dieser Zeit mehrfach nach Ivas und ließ sich mit Hilfe von HOK weitere Internetseiten einrichten. Wilden und er konspirierten vor sich hin und organisierten eine Werbeaktion nach der anderen, wobei die jungen Männer aus Ivas immer wieder zum Flugblätterverteilen nach Weißrussland geschickt wurden.
Die Untergrundzeitung der Freiheitsbewegung hatte ihre Auflage derweil fast verdreifacht. Gleiches galt für die Zahl der Anhänger der Organisation. Das intelligent konstruierte Zellensystem, wonach jede Ortsgruppe nur begrenzte Informationen erhielt, hatte die Organisation bisher vor größeren Schäden bewahrt, obwohl die Behörden fast jeden Tag Verdächtige verhafteten.
Frank und Alfred hielten sich aus der allgemeinen politischen Agitation nach wie vor heraus und überließen dies
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