Bevor der Abend kommt
angemacht, und vertraute Stimmen glitten an dem Geländer nach unten. »Ich hab dir doch gesagt, dass niemand hier ist«, sagte Cindys Mutter, während Elvis neben ihr zu bellen begann.
»Und ich sage dir, dass ich irgendwas gehört habe«, entgegnete Leigh. »Hallo? Hallo?«
»Hallo?«, ertönte Norma Appletons Stimme wie ein Echo. »Ist da jemand?«
Der Hund rannte die Treppe hinunter und stürzte ins Zimmer.
»Oh nein, verdammt noch mal«, sagte Cindy, wehrte Elvis’ Pfoten ab und schlüpfte eilig in ihre Kleider.
»Cindy? Cindy, bist du das?« »Ich bin’s, Mom«, rief Cindy und zog sich das T-Shirt über den Kopf, während Elvis an Neils Beinen hochsprang. »Alles in Ordnung. Ihr müsst nicht runterkommen.«
»Was machst du denn da unten?« Zwei verschiedene Paar Füße stapften die Treppe hinunter.
»Bitte, kommt nicht runter«, rief Cindy, zog die Hose über die Hüfte, obwohl sie wusste, dass ihre Bitten zwecklos waren
und es nur noch eine Frage von Sekunden sein konnte, bevor ihre Mutter und ihre Schwester den Kopf durch die Tür steckten. »Ich glaub das nicht«, flüsterte sie Neil zu, der hastig sein Hemd in die Hose steckte. »Es ist wie damals mit fünfzehn, als ich mit Martin Crawley rumgemacht habe.«
»Was soll das heißen, kommt nicht runter?«, fragte Leigh, und ihre Stimme kam bedrohlich näher. »Was machst du denn da im Dunkeln?« Sie tastete nach dem Lichtschalter und machte das Deckenlicht an. Es dauerte einen Moment, bis ihre Augen sich an die plötzliche Helligkeit gewöhnt hatten, einen weiteren, bis sie erkannte, dass Cindy nicht allein war. »Oh.«
»Was geht denn hier unten vor?«, fragte Norma Appleton.
»Vielleicht sollten wir lieber wieder hochgehen«, schlug Leigh vor und versuchte, den Rückzug anzutreten.
Doch ihre Mutter blockierte bereits den Weg. »Sei doch nicht albern. Was …? Oh.« Sie starrte Neil Macfarlane an. »Tut mir Leid, Cindy. Ich wusste nicht, dass du Besuch hast.«
»Du erinnerst dich an Neil«, sagte Cindy matt.
»Selbstverständlich«, erwiderte ihre Mutter. »Wie geht es Ihnen, Neil?«
»Sehr gut, danke, Mrs. Appleton.«
»Hi«, begrüßte auch Leigh ihn lahm.
»Nett, Sie wieder zu sehen«, erklärte Neil.
Keiner rührte sich.
»Ich sollte jetzt wohl besser gehen«, meinte Neil schließlich.
»Aber bitte nicht wegen uns«, sagte Norma Appleton.
»Es ist schon spät. Ich sollte wirklich aufbrechen.«
»Ich bringe dich noch zur Tür.« Cindy folgte ihm die Treppe hinauf, ihrerseits gefolgt von ihrer Mutter, ihrer Schwester und dem Hund.
Cindy zog die Haustür hinter sich zu, als sie Neil zu seinem Wagen brachte. »Ich nehme nicht an, dass ich noch einmal von dir hören werde«, sagte sie lächelnd, als er sich vorbeugte, um ihr einen Gutenachtkuss zu geben.
»Hat Martin Crawley sich so leicht abschrecken lassen?«
Cindy lächelte und wartete, bis sie seinen Wagen nicht mehr sehen konnte, bevor sie sich wieder zum Haus wandte. Die Haustür ging auf, als sie sie gerade öffnen wollte. Im Flur warteten ihre Mutter, ihre Schwester und zwischen den beiden Elvis.
»Irgendwie wie früher«, meinte ihre Mutter lächelnd.
»Ich mach uns einen Tee«, sagte Leigh.
22
»Hast du schon die heutige Ausgabe der Sun gesehen?«, fragte Meg Cindy am Montagmorgen gleich um sieben Uhr in der Frühe.
Julia wurde inzwischen seit elf Tagen vermisst.
Cindy ließ den Hörer sinken und starrte Elvis an, der an der Haustür auf sie wartete. »Nein, ich war noch nicht draußen. Ich wollte gerade mit dem Hund gehen, als du angerufen hast.«
»Vielleicht solltest du lieber jemand anderen schicken«, schlug Meg vor.
»Warum? Worauf willst du hinaus? Was ist denn in der Sun , was ich deiner Meinung nach nicht sehen sollte?«
»Ich meine bloß, dass du vorbereitet sein solltest.«
»Worauf? Ist ein weiteres Mädchen verschwunden?« In den anderen Zeitungen hatte es keine Berichte über weitere Vermisste gegeben.
»Auf der Titelseite ist ein Foto von Julia«, sagte Meg.
»Schon wieder?«
»Es ist ein anderes Bild. Sie … nun, es ist ziemlich zweideutig. Und im Innenteil sind weitere Bilder. Ich weiß nicht, woher sie die haben …«
Cindy ließ den Hörer fallen und rannte zur Tür.
»Cindy?«, hörte sie Megs Stimme hinter sich. »Cindy, bist du noch da?«
Elvis protestierte mit einem wütenden Bellen, als Cindy die Tür hinter sich zuschlug und die Straße hinunterrannte. Wovon redete Meg? Was für ein Bild? Sie hatte der Polizei nur ein
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